"Tragödie hätte vermieden werden können" Ein schwerer Schlag für die Ukraine
Die Ukraine musste am Freitag einen schweren Schlag hinnehmen. Doch das hätte verhindert werden können, meint Selenskyj.
Nach dem Tod von mindestens 19 ukrainischen Soldaten, die bei einer Auszeichnungszeremonie in der Region Saporischschja durch einen russischen Raketenangriff starben, hat Kiew eine strafrechtliche Untersuchung eingeleitet. Dies teilte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj am Sonntag in seiner abendlichen Ansprache mit. "Dies ist eine Tragödie, die hätte vermieden werden können", sagte Selenskyj.
Auch der ukrainische Verteidigungsminister, Rustem Umerov, bestätigte in einem Statement auf Facebook, dass es zu einer Untersuchung in diesem Fall kommen wird. Die Tatsache, dass die Zeremonie unter freiem Himmel stattgefunden hat, stellt wohl einen Verstoß gegen militärische Vorschriften dar, wie die "New York Times" berichtete. Die Untersuchung soll sich aber vor allem darauf konzentrieren, wie die russische Armee von der Feierlichkeit erfahren haben könnte, heißt es in dem Bericht weiter.
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Schwerster Verlust der Einheit seit Kriegsbeginn
Die ukrainische Armee hatte am Samstag bestätigt, dass einige Soldaten ihrer 128. Gebirgsjägerbrigade am Vortag bei einem Raketenangriff getötet worden waren. Am Montag meldete das Militär eine konkrete Zahl von 19 Toten. "(Russland) feuerte eine Iskander-M-Rakete auf das Personal der 128. Gebirgsjägerbrigade ab, wobei die Soldaten getötet und die Anwohner unterschiedlich schwer verletzt wurden", erklärte die Armee. Nach dem Angriff am vergangenen Freitag hatten ukrainische Medien zunächst von wohl mehr als 20 Toten geschrieben.
Das russische Verteidigungsministerium hatte am Samstag mitgeteilt, dass es einer ukrainischen Einheit in Saporischschja eine "Feuerniederlage" zugefügt habe und dabei bis zu 30 Soldaten getötet worden seien.
Ein ukrainischer Soldat kritisierte in Onlinemedien die Kommandeure dafür, dass sie die Zeremonie abgehalten hatten. Damit wäre es der größte Verlust, den die Einheit an einem einzigen Tag seit Beginn des Krieges verkraften müsste, berichtete die "Neue Zürcher Zeitung".
Selenskyj kritisiert Militärführung
"Alle schreiben, dass 'Helden gestorben sind'. Dabei wäre es richtiger zu schreiben: 'Helden wurden Opfer'", so ein Soldat im Gespräch mit dem arabischen Sender Al Jazeera. "Sie wurden Opfer eines rudimentären militärischen Traditionalismus in seiner schlimmsten Form", fügte er hinzu. Auch Präsident Selenskyj beklagte in seinem Statement die festgefahrenen Strukturen der Armee. So würden die Bürokratie und das sowjetische Erbe viele in der Ukraine und vor allem in den Verteidigungsstreitkräften daran hindern, ihr volles Potenzial zu entfalten.
In sozialen Medien wurde auch kritisiert, dass die Behörden und der Minister den verheerenden Angriff erst am Wochenende bestätigt hätten, nachdem die Informationen schon recht lange in sozialen Netzwerken und schließlich auch in den Medien kursiert waren. In der Heimatregion der Soldaten im Gebiet Transkarpatien wurde eine dreitägige Trauer angesetzt.
Es ist schon das zweite Mal innerhalb kurzer Zeit, dass sich zwischen der politischen und militärischen Führung Risse zeigen. So hatte erst vergangene Woche der Oberkommandant der ukrainischen Streitkräfte in einem Interview mit "The Economist" erklärt, dass man sich derzeit in einem militärischen Patt mit Russland befände. Daraufhin hatte Präsident Selenskyj ihm vehement widersprochen und ihm verboten, weitere Interviews zu geben, so die "Neue Zürcher Zeitung".
- nzz.ch "'Kriminelle Fahrlässigkeit': Eine der wichtigsten ukrainischen Militäreinheiten erleidet den schlimmsten Verlust seit Kriegsbeginn"
- aljazeera.com "Ukraine orders investigation after Russian attack on brigade ceremony" (englisch)
- nytimes.com "Russian Strike on Soldiers at Ceremony Was a Crime, Zelensky Says" (englisch)
- facebook.com Beitrag von Nutzer "Рустем Умєров / Rustem Umerov" (ukrainisch/englisch)
- economist.com "Ukraine’s commander-in-chief on the breakthrough he needs to beat Russia" (englisch)
- Nachrichtenagentur dpa