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Wladimir Putins Generäle zittern: Säuberungs-Welle im russischen Militär


Säuberungswelle
Jetzt riskiert Putin den Machtkampf mit dem Militär

Von t-online, cc

Aktualisiert am 18.07.2023Lesedauer: 4 Min.
Wladimir Putin (l.) mit Verteidigungsminister Sergej Schoigu und Generalstabschef Waleri Gerassimow im Hintergrund (Archivbild).Vergrößern des Bildes
Wladimir Putin (l.) mit Verteidigungsminister Sergej Schoigu und Generalstabschef Waleri Gerassimow im Hintergrund (Archivbild). (Quelle: Mikhail Svetlov/Getty Images)
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Es gibt Hinweise auf eine Säuberungswelle innerhalb des russischen Militärs. Demnach stellt das Putin-Regime mehrere erfolgreiche Generäle kalt. Die Folgen könnten dramatisch sein.

Es hatte sich schon eine Weile angekündigt, nun gibt es weitere Indizien: Der russische Machthaber Wladimir Putin scheint immer rigoroser gegen die eigene Militärführung vorzugehen. Wie die US-Denkfabrik Institute for the Study of War (ISW) berichtet, hat die russische Armee einigen ihrer besten Generäle das Kommando entzogen. Und zwar ausgerechnet jenen, die über viel Kampferfahrung verfügen und ihre Einheiten im Ukraine-Krieg erfolgreich führten.

Neben dem Befehlshaber der 58. Armee, Generalmajor Iwan Popow, und dem Befehlshaber der 106. Garde-Luftlandedivision, Generalmajor Wladimir Seliverstow, soll laut Informationen des ISW auch der Befehlshaber der 7. Garde-Luftlandedivision, Generalmajor Alexander Kornew, bereits Anfang Juli von seinen Aufgaben entbunden worden sein. Russische Militärblogger hatten dahin gehende Spekulationen schon vor einigen Tagen geäußert, nun bestätigt das in der Regel gut informierte ISW diese Entwicklung.

Doch damit nicht genug. Auch weitere hochrangige Militärs stehen laut ISW vor dem Aus. So sollen die Behörden den Befehlshaber der 90. Panzerdivision, Generalmajor Ramil Ibatullin, festgenommen haben. Ein Schicksal, das dem Befehlshaber der 31. Garde-Luftangriffsbrigade, Oberst Sergej Karasew, und dem Kommandeur der Luftlandetruppen, Generaloberst Michail Teplinski, ebenfalls bald drohen könnte.

Ein Schlag gegen einige der kampfstärksten Einheiten Russlands

Um Teplinski hatten sich zuletzt bereits Spekulationen gerankt, er könne den Platz von Verteidigungsminister Sergej Schoigu einnehmen. Zwar blieb Schoigu im Amt, was aber nicht heißt, dass es nicht einen Versuch innerhalb des Militärs gegeben haben könnte, ihn zu stürzen und durch Teplinski zu ersetzen. Verteidigungsminister Schoigu gilt als enger Vertrauter und langjähriger Weggefährte Wladimir Putins.

Der gelernte Bauingenieur zog seit Beginn des völkerrechtswidrigen Angriffskrieges immer wieder die Kritik ultranationalistischer Kriegsblogger auf sich, die ihm Inkompetenz vorwarfen. Schoigu kann keine Karriere in der Armee vorweisen, Kritiker halten ihm daher mangelnde Erfahrung in militärstrategischen Fragen vor.

Das ISW betont, dass seine Informationen bislang unbestätigt sind. Allerdings folgten die Erkenntnisse einem bestimmten Muster von Entscheidungen innerhalb des russischen Militärs, die sich in der Vergangenheit zumeist als zutreffend erwiesen hatten. Angesichts des Ausmaßes der Abberufungen lasse sich von einer regelrechten Säuberungswelle sprechen, heißt es.

Welche Auswirkungen die vermeintlichen Entlassungen und Verhaftungen auf die Moral der russischen Truppen in der Ukraine haben, kann nur spekuliert werden. Laut Militärexperten wohl keine guten. Einige der Geschassten sollen mit ihren Einheiten zuletzt durchaus erfolgreich Widerstand gegen die ukrainische Gegenoffensive geleistet haben. Insbesondere in den schwer umkämpften Regionen Saporischschja und Bachmut hätten sich ihre Soldaten bewährt.

An Gerassimow vorbei bei Putin beschwert

Als Grund für das Vorgehen des russischen Oberkommandos nannten die Militärexperten Versuche der geschassten Generäle, die Befehlskette zu umgehen. So hätten sich Popow, Seliwerstow, Kornew und andere offenbar direkt an den russischen Machthaber Putin gewandt und nicht an Waleri Gerassimow, den Chef des Generalstabs der russischen Streitkräfte, um ihn über ihre Bedenken angesichts des militärischen Vorgehens in der Ukraine zu unterrichten. Es wäre ein gravierender Verstoß gegen die militärischen Gepflogenheiten.

Dass es in der russischen Armee rumort, dafür spricht auch eine Audioaufnahme, die russische Militärblogger in sozialen Netzwerken teilten. Darin sind Angehörige der 7. Garde-Luftsturmdivision zu hören, einer Eliteeinheit der russischen Armee, die in der Region Cherson stationiert ist. Sie drohen mit Befehlsverweigerung und dem Rückzug von ihren Posten, sollte die Armeeführung General Tiplinski verhaften oder gar umbringen. Die Echtheit der Aufnahme konnte bislang nicht bestätigt werden.

Seit dem Wagner-Putsch am 23. und 24. Juni hatte es immer wieder Spekulationen darüber gegeben, ob Jewgeni Prigoschin Verbündete innerhalb des Militärs hat, und wenn ja, wer diese sind. Während Prigoschin und seine Söldnerarmee unbehelligt geblieben sind, wurden in den Tagen danach hochrangige Militärs von ihren Aufgaben entbunden oder sie verschwanden aus der Öffentlichkeit, wie General Sergej Surowikin. Er soll über die Putsch-Pläne Prigoschins unterrichtet gewesen sein und wurde seit Wochen nicht gesehen.

Video | Wagner-Söldner übergeben Waffenarsenal
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Quelle: t-online

Nur fünf Tage nach der Meuterei trifft Putin Prigoschin

Prigoschin selbst hält sich an einem unbekannten Ort auf. Ein Teil seiner Söldner wurde in den vergangenen Tagen offenbar nach Weißrussland verlegt, wie Videoaufnahmen in sozialen Netzwerken zeigten. Dort sollen sie unter dem Schutz des belarussischen Diktators Alexander Lukaschenko stehen.

Wladimir Putin hatte sich am 29. Juni sogar mit Prigoschin und einem Teil von dessen Wagner-Kommandeuren getroffen. Nur fünf Tage nachdem der Oligarch mit seiner Söldnertruppe einen Marsch auf Moskau gestartet und dabei mehrere russische Militärhubschrauber abgeschossen und reguläre Soldaten getötet hatte. Der Kreml hatte das Treffen später bestätigt.

"Putin hörte sich die Ausführungen der [Wagner-]Kommandeure an und eröffnete ihnen Möglichkeiten für eine Weiterbeschäftigung im Kampfeinsatz [für die russische Armee]", sagte Kremlsprecher Dimitri Peskow. Ein durchaus ungewöhnlicher Vorgang, wenn man bedenkt, dass es ausgerechnet die Wagner-Gruppe war, die mit ihrer Meuterei die russische Militärführung stürzen wollte.

Sollte Putin mit den Entlassungen hochrangiger und vor allem im Kampfeinsatz erfolgreicher Generäle nun weite Teile des Militärs gegen sich aufbringen, könnten die Folgen dramatisch sein. Militärexperten sehen darin die Keimzelle für mögliche weitere Umsturzversuche. Diese könnten für den Kremlherrscher zur ernsten Bedrohung seiner Diktatur werden.

Verwendete Quellen
  • rferl.org. "Kremlin Says Putin Met With Prigozhin In Russia On June 29, Days After Mutiny" (englisch)
  • theguardian.com: "Russian general who may have known about Wagner mutiny goes missing" (englisch)
  • theatlantic.com. "The Mutiny Could Be a Gift to Putin" (englisch)
  • understandingwar.orrg: "RUSSIAN OFFENSIVE CAMPAIGN ASSESSMENT, JULY 16, 2023" (englisch)
  • theguardian.com. "Russian general says he has been fired for telling truth about Ukraine problems" (englisch)
  • newsweek.com. "Putin Making Military Changes As Troops Disobey Orders" (englisch)
  • dailymail.co.uk: "Vladimir Putin 'fires top admiral after he refused to send his sailors from his Pacific fleet to fight in Ukraine war'" (englisch)
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