SPD-Verteidigungsminister Pistorius überrascht mit Aussage zu ukrainischer Strategie
In Russland durchgeführte ukrainische Operationen seien "völlig normal", sagt Verteidigungsminister Pistorius. Man müsse diese "notgedrungen akzeptieren".
Der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) hat in begrenztem Ausmaß durchgeführte militärische Operationen der Ukraine auf russischem Territorium als "völlig normal" bezeichnet. Es sei selbstverständlich, dass in einer solchen militärischen Auseinandersetzung auch der Angegriffene ins gegnerische Territorium vorgehe, etwa um Nachschubwege zu unterbinden. "Das ist das Normalste der Welt", sagte Pistorius am Donnerstagabend in der ZDF-Sendung "Maybrit Illner".
"So lange keine Städte, keine Zivilisten, keine zivilen Bereiche attackiert werden, wird man das notgedrungen akzeptieren müssen", so der Verteidigungsminister weiter. "Nicht gern, aber es gehört dazu – um Nachschubwege beispielsweise zu unterbinden."
Die Aussagen traf der Verteidigungsminister in der Sendung vor dem Hintergrund von Fragen danach, in welchem Ausmaß die westlichen Partner die Ukraine unterstützten und wo "rote Linien" die Lieferungen von Waffen beschränkten. Eine solche rote Linie sei etwa gewesen, so Moderatorin Maybrit Illner, dass die Verteidigung mit den gelieferten Waffen nur auf ukrainischem Territorium stattfinden dürfe.
"Auge darauf, wie Konflikt ausgetragen wird"
Pistorius betonte zugleich, dass Waffenlieferungen des Westens in einer Art und Weise erfolgten, die klarmache: "Wir haben ein Auge darauf, wie dieser Konflikt ausgetragen wird." Das heiße auch: "Wenn die Ukraine bestimmte Arten von Bomben fordert, die weltweit geächtet sind, dann muss man Nein sagen." Im Februar hatte der ukrainische Vizeregierungschef Olexander Kubrakow die Lieferung von Streumunition und Phosphor-Brandwaffen gefordert.
Der Politikwissenschaftler Frank Sauer hatte bereits zuvor in der Sendung darauf hingewiesen, dass es im Zuge der Lieferung US-amerikanischer Himars-Raketen an Kiew die Sorge gegeben habe, die Ukraine könnte damit russisches Territorium angreifen. Jedoch könne man immer wieder beobachten, dass die Ukraine das so oder so tue.
Der Experte von der Universität der Bundeswehr in München verwies etwa auf den Angriff auf den russischen Luftwaffenstützpunkt Engels. Im Dezember war es dort – Hunderte Kilometer von der ukrainischen Grenze entfernt – zu einer Drohnenattacke gekommen. Durch herabfallende Splitter sind dabei russischen Angaben zufolge drei Soldaten ums Leben gekommen. Auch zuvor hatte es bereits Explosionen auf russischen Militärflughäfen gegeben.
Ramstein-Konferenz berät über weitere Waffenlieferungen
Am Freitag trifft sich die sogenannte Ukraine-Kontaktgruppe auf dem US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein, um über weitere Militärhilfen für Kiew abzustimmen. Es ist das elfte Treffen der Gruppe, die sich aus den Verteidigungsministern der Ukraine-Unterstützerländer zusammensetzt. Das erste Treffen im Ramstein-Format fand vor knapp einem Jahr statt. Wie schon bei den vorigen Zusammenkünften wird US-Verteidigungsminister Lloyd Austin die Debatte leiten.
Das Bundesverteidigungsministerium sowie auch Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg haben angedeutet, dass die Luftverteidigung der Ukraine bei dem Treffen im Mittelpunkt stehen wird. Kiew fordert seit längerem die Lieferung moderner Kampfjets und von Langstreckenwaffen.
- zdf.de: "Großoffensive oder Endlos-Krieg – schafft die Ukraine die Wende?"
- Mit Material der Nachrichtenagentur AFP