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"China hat Russland die Grenzen aufgezeigt": 12-Punkte-Plan zum Frieden? "


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Zwölf-Punkte-Papier
"China hat Russland die Grenzen aufgezeigt"

InterviewVon Liesa Wölm

Aktualisiert am 24.02.2023Lesedauer: 3 Min.
Wladimir Putin und Xi Jinping: Gefährdet das Papier die Freundschaft?Vergrößern des Bildes
Wladimir Putin und Xi Jinping: Gefährdet das Papier die Freundschaft? (Quelle: Sergej Bobylev/imago-images-bilder)
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China hat ein Zwölf-Punkte-Papier zum Krieg in der Ukraine vorgelegt – aber mit welchem Ziel? Und welche Auswirkungen hat das auf das enge Verhältnis zu Russland?

Genau am Jahrestag des russischen Überfalls auf die Ukraine hat das chinesische Außenministerium ein Zwölf-Punkte-Papier veröffentlicht. Die Überschrift: "Position Chinas zu politischen Lösungen der Ukraine-Krise". Stößt Staatschef Xi Jinping in dem Konflikt erneute Friedensverhandlungen an – oder verärgert er Kremlchef Wladimir Putin? Klaus Mühlhahn, Sinologe und Präsident der Zeppelin Universität in Friedrichshafen, gibt eine Einschätzung ab.

t-online: Herr Mühlhahn, wie bewerten Sie Chinas Zwölf-Punkte-Papier zum Ukraine-Krieg?

Klaus Mühlhahn: Es ist eine Darlegung von bekannten chinesischen Prinzipien. Was die Chinesen jetzt vorgelegt haben, ist kein Friedensplan, keine Lösung und kein Kompromiss. Ob man auf dieser Basis wirklich weiterkommt, bezweifle ich.

Gibt es dennoch Punkte, die Sie als besonders wichtig erachten?

Der erste Punkt ist sehr entscheidend: China betont das Prinzip der Souveränität der Länder. Das ist ganz klar eine Zurückweisung Russlands – aber in typischer chinesischer Manier, nämlich implizit. Dabei sind die Worte eindeutig: "Die territoriale Unversehrtheit oder Integrität aller Länder ist zu beachten." Da distanziert sich China deutlich von Russland, auch wenn es Russland nicht verurteilt. Auf der anderen Seite ist der zweite Punkt eine klare Zurückweisung der USA. Militärische Blöcke sollten sich nicht verstärken oder erweitern, heißt es da. Das ist auf die Nato gemünzt.

Klaus Mühlhahn

1963 in Konstanz geboren, studierte er in Berlin Sinologie und wurde dort promoviert. Es folgten Forschungsstationen in Berlin und im US-amerikanischen Berkeley. 2004 wurde Mühlhahn als Professor an die Universität Turku in Finnland berufen. 2014 wurde er Vizepräsident der Freien Universität Berlin, seit 2020 ist er Präsident der Zeppelin Universität in Friedrichshafen.

Was will China damit erreichen?

Peking versucht, sich neutral zu positionieren.

"Dialog und Verhandlungen sind die einzig machbare Lösung für die Ukraine-Krise", heißt es in Punkt vier. In welcher Rolle sieht sich China?

China will die Kriegsparteien an einen Verhandlungstisch drängen: Die Ukraine und Russland sollen die Friedensgespräche wieder aufnehmen. Peking fordert ein Ende der Feindseligkeiten, ein Ende des Krieges und eine Verhandlungslösung. Doch dieses Papier bietet keinen Vorschlag, wie die Lösung aussehen soll – das ist auch die Schwäche daran.

Zum Jahrestag des russischen Einmarschs in die Ukraine hat die Weltgemeinschaft Präsident Wladimir Putin erneut mit großer Mehrheit zum Rückzug seiner Truppen aufgefordert. 141 der 193 Mitgliedstaaten der UN-Vollversammlung stimmten am Donnerstag für eine entsprechende Resolution – China enthielt sich. Warum legt das Land dann ein Zwölf-Punkte-Papier für Frieden vor?

Auch hier verfolgt China eine klare Linie: Es will sich nicht positionieren und einem Lager zuordnen. In Richtung Russland soll das Papier verdeutlichen: "Wir verurteilen euch zwar nicht, aber das heißt nicht, dass wir die russische Position teilen." Und auch die Position des Westens will China nicht einnehmen. Es gilt die strikte Politik, sich da rauszuhalten. So versteht China seine Neutralität.

Aber eine Botschaft an den Westen sendet China dennoch.

Vom Westen fordert China die "Ende-des-Kalten-Krieges-Mentalität" ein. Es besteht der Vorwurf, dass der Westen diesen Konflikt anheizt, anstatt ihn beenden zu wollen – und da sieht China seine Rolle. Man sollte sich aber auch die Frage stellen, an wen das Dokument adressiert ist. Wir lesen es in Bezug auf den Westen – aber ich bin der festen Überzeugung, dass es sich primär an den Rest der Welt richtet. China positioniert sich dem Rest der Welt "neutral" gegenüber diesem Konflikt. Das ist für Länder von Brasilien bis Indien durchaus relevant und sie sind viel mehr angesprochen als Europa und Amerika.

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Auch der Punkt mit den Nuklearwaffen fällt ins Auge. Sie sollen nicht eingesetzt werden, Drohungen damit sollten verurteilt werden, so das Papier. Was bedeutet das für die Beziehung zwischen Xi und Putin?

Xi setzt Putin damit unter Druck: Er soll auf keinen Fall Atomwaffen einsetzen. Daran wird deutlich, dass sich China zwar nicht vom russischen Terror distanziert, aber ihn implizit ablehnt – ohne ihn moralisch oder politisch zu verurteilen. Das ist eine typische Verhaltensweise in Chinas Außenpolitik.

Welche Reaktionen sind von Russland zu erwarten?

Russland wird sicherlich nicht öffentlich auf das Papier reagieren. Sowohl von chinesischer als auch von russischer Seite wird man nach außen diese unzerbrechliche Freundschaft zelebrieren. Aber China hat Russland die Grenzen aufgezeigt und Putin deutlich gemacht, wenn er die nicht respektiert, gefährdet das diese Freundschaft. China ist jetzt in einer deutlich stärkeren Position. Da hat sich allein im vergangenen Jahr viel getan.

Herr Mühlhahn, vielen Dank für das Gespräch.

Verwendete Quellen
  • Interview mit Klaus Mühlhahn am 24. Februar 2023
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