Volkswirtschaft stabilisiert Sanktionen gegen Russland weniger wirksam als angenommen
Neun Sanktionspakete haben die EU-Staaten seit dem 24. Februar gegen Russland verabschiedet. Die russische Wirtschaft ist jedoch überraschend resilient.
Die EU-Sanktionen gegen Russland könnten weniger wirksam sein als bisher angenommen. Das berichtet die Zeitung "Die Welt" und beruft sich auf einen unveröffentlichten Bericht des Bundeswirtschaftsministeriums.
"Die EU-Sanktionen wirken: Sie schwächen die Einnahmebasis des russischen Staates und beschneiden die Möglichkeit zur Produktion insbesondere von technologieintensiven Gütern, auch im Rüstungsbereich", heißt es demnach in dem Papier. "Allerdings scheint die russische Volkswirtschaft deutlich resilienter als bei Einführung der Sanktionen erwartet" zu sein.
Wirtschaft weniger stark geschrumpft als gedacht
Der russischen Zentralbank ist es demnach gelungen, die Finanzindustrie zu stabilisieren und eine Wirtschaftskrise zu verhindern. Die harten Sanktionen gegen russische Banken und das Einfrieren von Reserven im Ausland hätten den Finanzsektor nur vorübergehend ins Wanken gebracht. Die stark gestiegenen Gas- und Ölpreise hätten zudem für zusätzliche Einnahmen bei den staatsnahen russischen Energiekonzernen gesorgt.
Die russische Volkswirtschaft ist im vergangenen Jahr um 2,2 Prozent geschrumpft. Experten hatten einen teils deutlich stärkeren Einbruch erwartet.
CDU-Außenpolitiker: Alternative Routen etabliert
Zudem werden die Sanktionen offenbar von Drittstaaten unterlaufen. Wie die "Welt" unter Berufung auf Sicherheitskreise berichtet, wurden in zerstörten russischen Militärfahrzeugen Chips sichergestellt, wie sie unter anderem in Haushaltsgeräten deutscher Hersteller verwendet würden. Auch die Opposition im Bundestag sieht dafür klare Anzeichen. Wirtschaftspolitiker der Union interessieren sich dabei vor allem für die Rolle der Türkei. Auch China, Kasachstan und die Vereinigten Arabischen Emirate stehen im Verdacht, Drehscheiben für den illegalen Handel mit Russland zu sein.
"Der Zugang Russlands zu westlichen Technologien wurde leider nur kurzfristig unterbrochen", sagte der CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter. Mittlerweile habe Moskau alternative Routen für den Import sanktionierter Güter etablieren können. "Für die EU ist es deshalb wichtig, dass Sanktionen verstärkt auch auf die Umgehungsaktivitäten über Drittländer abzielen und hier politisch, finanziell und wirtschaftlich Druck ausgeübt wird", so Kiesewetter.
EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen hatte zuletzt einen Vorschlag für ein weiteres Sanktionspaket gegen Russland angekündigt. Mit den neuen Maßnahmen sollen Exporte im Wert von zehn Milliarden Euro unterbunden werden. Seit dem russischen Angriff auf die Ukraine hat die EU neun Sanktionspakete verabschiedet.
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