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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Illner zum Ukraine-Krieg "Es ist keine Wende"
Bei "Maybrit Illner" berichtet eine ZDF-Auslandsreporterin über ihre Erfahrungen in der Ukraine. Und: Norbert Röttgen rechnet mit einem baldigen Ja für deutsche Leopard-Panzer.
Die Rückgewinnung annektierter Gebiete wie der Krim ist laut der ZDF-Auslandsreporterin Katrin Eigendorf in der Ukraine momentan öffentlich kein Thema. Derzeit gehe es einzig und allein um den Überlebenskampf. "Es ist ein Schlachten, was wir da als Journalisten sehen", schilderte sie ihre Eindrücke von der Front am Donnerstagabend bei "Maybritt Illner".
Die Gäste
- James Stavridis, Ex-Oberbefehlshaber der Nato in Europa
- Norbert Röttgen (CDU), Außenpolitiker
- Jessica Rosenthal (SPD), Juso-Vorsitzende
- Nicole Deitelhoff, Politprofessorin der Goethe-Universität Frankfurt am Main
- Katrin Eigendorf, ZDF-Auslandsreporterin
- Matthias Gebauer, Chefreporter "Der Spiegel"
Ukraine: "Es ist ein Schlachten"
Dort würden ukrainische Soldaten sich laut Eigendorf zum Teil lediglich mit Kalaschnikows bewaffnet unter dem Feuer der russischen Artillerie in Gräben verschanzen. "Wie im ersten Weltkrieg", urteilte Eigendorf, die bald nach Kiew zurückkehren wird. "Im Westen nichts Neues" lasse grüßen. "Die Lage kann man sich wirklich nicht schlimm genug vorstellen", unterstrich die Reporterin. Jede Entscheidung für neue Waffen sei deshalb begrüßenswert: "Aber es reicht nicht."
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Dem schloss sich der ehemalige US-Admiral und frühere Oberbefehlshaber der Nato in Europa, James Stavridis, an. "Ich würde mich auch dafür aussprechen, Kampfflugzeuge zu liefern", sagte der aus Florida zugeschaltete Militärexperte. Der russische Machthaber Wladimir Putin sei bislang im Luftkampf erfolgreicher als auf dem Boden. Stavridis betonte, es gehe nicht darum, russisches Territorium anzugreifen, sondern die Ukraine zu befreien beziehungsweise militärisch so sehr zu stärken, dass sie bei Verhandlungen Territorien zurückfordern kann.
Röttgen rechnet bald mit Leopard 2 für die Ukraine
Die Entscheidung der Bundesregierung, nun doch deutsche Schützenpanzer Marder an die Ukraine zu liefern, ist für den CDU-Außenexperten Norbert Röttgen erst der Startschuss. "Es gibt keine roten Linien. Das Tor ist geöffnet worden, dafür, dass der Druck so groß wird und dass man dann sagen kann: Jetzt ist es ja kein Alleingang mehr, jetzt sind die Anderen auch dafür", sagte er zur möglichen Freigabe des Kampfpanzers Leopard 2.
Röttgen hält es für wahrscheinlich, dass ein Ja für den Leopard 2 bereits zum Treffen auf dem US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein am 20. Januar verkündet wird. Die Bundesregierung habe sich zwar lange geweigert, einer Weitergabe des hochmodernen deutschen Waffensystems zuzustimmen – eine Entscheidung, die Röttgen schon im Sommer 2022 kritisiert hatte. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sei mit seinem Zaudern in Europa aber zunehmend isoliert. Nun sei der französische Präsident Emmanuel Macron beim Marder vorgeprescht und der Sozialdemokrat habe notgedrungen eingelenkt. "Meine Prognose ist: Beim Leopard wird es genau so sein", sagte Röttgen.
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Röttgen wirft Scholz versteckte Motive vor
Der ehemalige Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag erhob schwere Vorwürfe gegen Scholz. Dessen vermeintlich zögerliche Haltung bei der Lieferung schwerer, moderner Waffen habe in Wahrheit ganz andere Gründe. "Der Kanzler will es nicht. Nicht, weil es mit Eskalation zu tun hat, nach meiner Auffassung, sondern weil es mit seinen russlandpolitischen Vorstellungen nicht in Übereinstimmung steht. Das ist der wahre Grund. Alles andere sind vorgeschobene Gründe."
Die Juso-Vorsitzende Jessica Rosenthal dementierte diesen Vorwurf umgehend. Dass Scholz Panzerlieferungen nach langer Gegenwehr nun doch zugestimmt hat, bezeichnete sie als Reaktion auf veränderte Umstände und Ausdruck der kontinuierlichen Unterstützung der Ukraine. Allerdings müssten Alleingänge weiterhin vermieden werden. "Am Ende wird nur Putin entscheiden, was er wie als Eskalation versteht. Deshalb muss man vorsichtig sein", mahnte sie und brachte weitere wirtschaftliche Sanktionen ins Spiel.
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Juso-Chef kritisiert Macron
Die Chefin der SPD-Jugendorganisation wies zudem den Eindruck zurück, Scholz sei unter der Initiative Macrons eingeknickt. Die westlichen Partner hätten sich beim Ja für den Marder abgestimmt. Es sei "unglücklich", dass Macron dann "vorgeprescht" war.
"Aber einer muss Impulse geben", warf Matthias Gebauer vom "Spiegel" ein. Er stützte allerdings Rosenthals Darstellung, dass die Lieferung des deutschen Schützenpanzers seit Wochen zwischen den Regierungen vorbeireitet worden sei. "Es gab auf jeden Fall diese Abstimmung", sagte der Chefreporter. Am Ende sei Macron aber auf die ihm typische Art dazwischengefahren und habe die Lorbeeren eingefahren.
Dass die Bundesregierung nun ein Panzergrenadier-Bataillon mit 40 Marder-Panzern ausstatten will, kommentierte Gebauer zwar mit "Es ist keine Wende". Diese Zahl von Panzern reiche nämlich gerade einmal aus, um drei bis fünf Kilometer der Frontlinie abzudecken. Für ihn stellt das Ja für den Marder aber ähnlich wie für Röttgen lediglich einen Startschuss dar. "Da ist jetzt ein Tor aufgestoßen worden, das weitere Entscheidungen nach sich ziehen wird", zeigte sich der Journalist überzeugt. "Der Hemmschuh 'Wir wollen keine westlichen modernen Panzer liefern', der ist jetzt weg." Die Ukraine könne nun mit mehr Nachschub rechnen: "Das stärkt natürlich auch die Moral."
Nach Ansicht der Militärexpertin Nicole Deitelhoff geht es beim Marder erst einmal darum, die ukrainische Armee so weit zu stärken, dass sie ihre Verteidigungslinien bis zum Frühling halten kann, um dann in die Offensive überzugehen. Für Geländegewinne benötige die Ukraine jedoch den Leopard 2. Bis der im Kriegsgebiet einsetzbar sei, werde aber eine lange Zeit vergehen. Für Deitelhoff stellte sich angesichts des ukrainischen Kriegsziels die Frage: "Sind wir eigentlich in der Lage, so zu unterstützen, dass die Ukraine in der Lage ist, ihre Grenzen von 1991 zurückzuerobern? Ich bin da skeptisch."
- "Maybrit Illner" vom 12. Januar 2023