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Tagesanbruch von t-online wird sieben Jahre alt: Das ist heute wichtig


Tagesanbruch
Jetzt sind es schon sieben Jahre

MeinungVon Florian Harms

Aktualisiert am 05.09.2024Lesedauer: 6 Min.
Meinung
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Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.

Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.
In der Nähe des Berliner Newsrooms von t-online.Vergrößern des Bildes
In der Nähe des Berliner Newsrooms von t-online. (Quelle: F. Harms)

Guten Morgen, liebe Leserin, lieber Leser,

ich muss gestehen: Ich bin unsicher. Wie viele mögen es sein? Mehr als tausend sicherlich. Deutlich mehr. Und verändert haben sie sich. Anfangs waren sie ja eher kurze Nachrichtenüberblicke, die Tagesanbrüche. Nach und nach wandelten sie sich zu täglichen Leitartikeln, durch Termine und Lesetipps angereichert. In den ersten Jahren schrieb ich sie alle selbst. Montags bis freitags und samstags auch noch die Ausgabe mit dem ausführlichen Wochenend-Podcast. Mit dem lieben Kollegen Marc Krüger nahmen wir den damals auf. Oft kannte ich auf dem Weg ins Tonstudio das Thema noch gar nicht, redete einfach drauflos. Auch das hat sich professionalisiert. Mittlerweile übernehmen geschätzte Kolleginnen und Kollegen an einzelnen Tagen das Schreiben, was mir mein Sozialleben zurückgegeben hat.

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Aber an der Grundsituation hat sich nichts geändert: Viele, viele Abende lang hocke ich spätabends am Tisch und hacke in die Tastatur meines strapazierten Laptops. Manchmal steht der Tisch in Berlin und manchmal in Hamburg. Manchmal in Nairobi und manchmal in San Francisco. Im Südsudan schrieb ich mit dem Laptop auf den Knien in einem Jeep, der durch den Busch ruckelte. Am Straßenrand kauerten finstere Gestalten mit Gewehren. In Peking schrieb ich in einem Hotelzimmer direkt unter der Suite von Frau Merkel, in Tokio hatte ich beim Schreiben denselben Ausblick wie Herr Scholz. Im Brexit-geschüttelten London war mein Zimmer kaum größer als der Schreibtisch, und der war schon winzig. In Auschwitz begleitete ich den Bundespräsidenten und tippte meinen Kommentar über seine bemerkenswerten Worte. In Jerusalem schrieb ich, während mir eine Holocaust-Überlebende von ihrer Jugend erzählte. In Bautzen hing mir noch der Stasi-Knastgeruch in den Kleidern, als ich den Laptop aufklappte. Ich könnte viele weitere Orte aufzählen, aber dann würde dieser Text Sie langweilen.

Das soll er nämlich nie, der Tagesanbruch, im Gegenteil: Der tägliche Morgengruß von t-online soll Sie nicht nur informieren, sondern auch unterhalten. Schwer genug in einer Welt, in der die Krisen sich überschlagen. Da kann auch einem Autor mal die Laus so gründlich über die Leber laufen, bis er nur noch düsteres Zeug formuliert. Dann passiert es, dass er bei der Kommentierung statt des Floretts den Säbel zückt, was manche Leser pikiert und manche auch wutschnauben lässt. Erklären sich so die hasserfüllten E-Mails, die man als Journalist erhält, all die Verwünschungen und Morddrohungen? Das Leben vor der Tastatur kann einsam sein.

Aber ich will nicht klagen. Vielmehr will ich diesen Tag nutzen, um mich aus vollem Herzen zu bedanken: So viele freundliche, rührende, schmeichelhafte Zuschriften habe ich in den vergangenen Jahren erhalten, dass ich sämtliche Wände meiner Wohnung damit tapezieren könnte. Die Nachbarwohnung vermutlich auch noch. Da drüben sind die Leute übrigens gerade ins Bett gegangen, glaube ich, jedenfalls ist es nun ruhig im Haus, und das will hier im wilden Zentrum Berlins etwas heißen. Mein Blick fällt auf das Cartoon-Kunstwerk, das der liebe Mario Lars mir zum Geburtstag gezeichnet hat: ein Tag im Leben des Chefredakteurs Florian Harms. Ich verrate Ihnen keine Details, aber die Bildchen sind sehr komisch.

Aber ich schweife ab. Vorhin habe ich überlegt, worüber ich heute schreiben soll, damit sie am Morgen etwas zu lesen haben. Wie üblich war ich von frühmorgens bis in den Abend zwischen Terminen hin und her geeilt und musste mich dann erst mal aufschlauen, was den Tag über geschehen war, bevor ich loslegen konnte. Die deutschen Debatten über Koalitionen – ob gegen die Ampel, mit dem BSW oder oje – fand ich etwas ermüdend. Die Volkswagen-Bosse haben plötzlich gemerkt, dass man irgendwann mit dem Sparen beginnen muss, wenn man seit Jahren den technischen Anschluss verpasst: Das erschien mir auch kein Knüller zu sein. Das Dschungelcamp ist dooferweise vorbei.

Aber was mich heute wirklich berührt, nein, erschüttert hat, das war der russische Angriff auf die westukrainische Stadt Lwiw. Sieben Tote, darunter drei Kinder und eine Hebamme. Fast 40 Verletzte. Und die Attacke auf Poltawa ist auch erst zwei Tage her: 50 Tote dort und 270 Verletzte. Der Terrorist im Kreml will offensichtlich so viele Ukrainer wie möglich auslöschen und den Rest versklaven. Es bestürzt mich, dass solche Barbarei im 21. Jahrhundert noch möglich ist. Umso beunruhigender, dass sich die Regierenden in Berlin, Paris, Rom und London immer noch so schwertun, die Ukrainer tatkräftiger zu unterstützen. Ist es wirklich angebracht, hierzulande Bürgergeld zu bezahlen und neue Autobahnen zu bauen, statt alles zur Verteidigung der Freiheit Europas zu tun?

Aber genug, bei diesem Gedanken belasse ich es heute. Habe keine Lust auf Hassbotschaften an diesem schönen Spätsommertag. Stattdessen wiederhole ich lieber meinen großen Dank an die vielen treuen Leserinnen und Leser. Sieben Jahre ist der Tagesanbruch jetzt alt, und neben viel Mühe bereitet er doch auch Freude. Mir jedenfalls. In diesem Sinne: Glückauf!


Ohrenschmaus


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Ein viel wichtigerer Geburtstag jährt sich heute sogar schon zum 250. Mal: Deutschlands beliebtester Maler Caspar David Friedrich wurde am 5. September 1774 in Greifswald geboren. Der Mann war ein Genie, aber auch ein Rätsel. Wussten Sie, dass er keine Gesichter malen konnte, dass er Goethe nachstellte und keine seiner Landschaften wirklich existiert? Die Kollegen des DLF wissen sogar noch mehr.


Kursbestimmung der Parteien

Zum Ende der parlamentarischen Sommerpause stehen traditionell Klausurtagungen der Bundestagsfraktionen an. Nach den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen gibt es in diesem Jahr besonders viel zu besprechen. Dass es nicht nur um das Erörtern aberwitziger Koalitionsoptionen oder ums Wundenlecken gehen soll, davon künden die gewählten Tagungsstätten der Parteien: Die Spitze der CDU/CSU-Bundestagsfraktion um Friedrich Merz und Alexander Dobrindt kommt ab heute in Neuhardenberg zusammen, Rolf Mützenich versammelt seine SPD-Abgeordneten in Nauen. Beide Orte liegen in Brandenburg, wo am 22. September der nächste Urnengang stattfindet. Falls die Kanzlerpartei, in der es merklich brodelt, trotz ihres populären Ministerpräsidenten Dietmar Woidke auch dort abgestraft werden sollte, dürften bei der SPD die Alarmglocken läuten.

Gar nicht mehr mit dem Einzug in den brandenburgischen Landtag zu rechnen scheint hingegen die FDP. Die gebeutelten Liberalen treffen sich lieber in Hamburg, wo im nächsten März gewählt wird und beim letzten Mal nur 1.500 Stimmen zum Überwinden der Fünf-Prozent-Hürde fehlten. Zunächst aber wollen die Abgeordneten Grundsätzliches klären: nämlich, "ob unserem Land mit der Ampelkoalition wirklich noch geholfen ist – oder ob sie am Ende dem Land und unserer Demokratie sogar eher schadet", wie sich Vizefraktionschefin Gyde Jensen ausdrückt. Die Ampeldämmerung hat begonnen.


Gefürchteter großer Bruder

Seit Jahren buhlt China um die Länder Afrikas und pumpt Milliardenbeträge in große Infrastrukturprojekte. Im Zuge der Investitionsoffensive Neue Seidenstraße wurden auf dem Kontinent Häfen, Eisenbahnlinien, Flughäfen und Industrieparks errichtet, das bilaterale Handelsvolumen belief sich nach chinesischen Angaben in den ersten sechs Monaten dieses Jahres auf umgerechnet 152 Milliarden Euro. Auch wenn die Kreditvergabe sich zuletzt eher auf kleinere Projekte konzentrierte: Peking gefällt sich in der Rolle als Anführer des Globalen Südens schon allein, um die westlich geprägte Weltordnung zu zersetzen.

Alle drei Jahre findet daher das Forum für China-Afrika-Kooperation statt, und der diesjährige Gipfel in Peking ist der bislang meistbesuchte. Als Höhepunkt will Präsident Xi Jinping heute in einer Rede vor 50 afrikanischen Staats- und Regierungschefs sowie Top-Kadern der Kommunistischen Partei für weitere Zusammenarbeit werben. UN-Generalsekretär António Guterres darf dazu applaudieren.


Bald rummst es

Auch gestern wurden noch mal Rekordtemperaturen von bis zu 35 Grad erreicht, nun neigt sich die Hitze dem Ende zu: Der kommende Samstag soll einer der vorerst letzten schönen Tage werden. Für danach prognostizieren Meteorologen eine Wetterwende mitsamt Temperatursturz, Gewittern und viel Regen. Genießen Sie also die letzten Sonnenstrahlen!


Lesetipps

Was ist rumgekommen beim gestrigen Migrationsgipfel? Die niedersächsische Innenministerin Daniela Behrens saß mit am Tisch, als die Bundesregierung mit den Ländern verhandelte. Im Interview mit unserer Reporterin Annika Leister sagt die SPD-Politikerin bemerkenswerte Sätze.


Soll die CDU in Sachsen und Thüringen mit Sahra Wagenknechts Bündnis koalieren? Die Meinungen gehen auseinander – und Parteichef Friedrich Merz gerät immer stärker in Bredouille, berichtet unsere Chefreporterin Sara Sievert.


Wo genau liegen die Differenzen zwischen CDU und BSW? Mein Kollege David Schafbuch zeigt es Ihnen.


Mitten in einer brisanten Kriegsphase baut der ukrainische Präsident Selenskyj seine Regierung um. Das ist riskant, schreibt mein Kollege Patrick Diekmann.


Zum Schluss

Wolfsburg steht Kopf.

Ich wünsche Ihnen einen produktiven Tag.

Herzliche Grüße und bis morgen

Ihr

Florian Harms
Chefredakteur t-online
E-Mail: t-online-newsletter@stroeer.de

Mit Material von dpa.

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