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Oliven: So gefährdet der Klimawandel die Olivenöl-Produktion


Tagesanbruch
Klimakrise gefährdet wichtiges Lebensmittel

MeinungVon Florian Harms

Aktualisiert am 13.08.2024Lesedauer: 6 Min.
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Italienische Oliven zählen zu den besten.Vergrößern des Bildes
Italienische Oliven zählen zu den besten. (Quelle: Imago Images)

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Urlaubstage bieten neben Annehmlichkeiten auch Gelegenheit zur Reflexion. Während man in der Strandsonne brutzelt, über Gipfelgrate kraxelt oder im Garten grubelt, fliegen Gedanken im Kopf umher, die dort sonst selten Platz finden. Während das Denken im Alltag um Arbeit und Termine kreist, um die Steuererklärung und andere Plagen, kann sich das ferienbeflügelte Hirn erbaulicheren Sujets zuwenden. Ich weiß zwar nicht, wo Sie so brutzeln, kraxeln oder grubeln und was Ihnen dabei durch den Kopf geht, aber bei mir waren es in den vergangenen Wochen Oliven.

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Wer auch immer die Natur mitsamt ihrer Flora erfunden hat: Bei der Olive hat er (oder sie) alles richtig gemacht. Die Olive ist vielleicht die wichtigste Frucht der Welt. Schon seit 6.000 Jahren werden Olivenbäume kultiviert; ganze Kulturen haben sie zur Blüte beflügelt, Abermillionen Menschen verköstigt, den Handel rund ums Mittelmeer angekurbelt. Mehr als tausend Jahre alt kann so ein Ölbaum werden und immer noch Früchte tragen. Knorrig und hart ist sein Holz, mancher Stamm sieht schauriger aus als eine Halloween-Maske. Im Sonnenlicht glänzen die Blätter hellgrün von der einen und silbern von der anderen Seite, und wenn wie gegenwärtig die grünen Früchte wachsen, springt jedes Gourmetherz höher. In meinem Fall genügen schon 20 Bäumchen in Ligurien, um das Herz Purzelbäume schlagen zu lassen.

Allerdings gibt es ein Problem, das nicht nur mir Beklemmungen bereitet: Die Olive ist nicht nur uralt und ein kulinarischer Champion. Sie ist auch sehr empfindlich. Man sieht es ihr nicht an, aber unter den Nutzpflanzen ist sie der Benjamin. Eine verzärtelte Mimose, die zwar Großes leisten, aber auch jeden Bauern abgrundtief enttäuschen oder gar ruinieren kann. Ob Bakterien oder Fliegen, ob zu viel Regen oder zu viel Sonne: Die Olive hat unzählige Feinde, und sie gibt sich ihnen bereitwillig geschlagen.

Womit ich nach 307 einleitenden Wörtern endlich zur Aktualität springe: In Südeuropa gibt es dieser Tage nämlich wenige andere Themen, die so wortreich und bange diskutiert werden wie die Aussicht auf die nächste Olivenernte im Herbst. Zahllose Schicksale, Unternehmen, Regionen hängen davon ab, weshalb Millionen Menschen eine ergiebige Ernte herbeisehnen. Denn im vergangenen Jahr fiel der Ertrag miserabel aus: Sintflutartige Regenfälle im Frühjahr verklebten die Blüten und verdarben die Bestäubung. Brutale Trockenheit im Sommer ließ ganze Haine verdorren. Eine fiese Fliege namens Bactrocera olea, die ausschließlich Oliven befällt, gab den gestressten Früchten den Rest. So trugen im vergangenen Herbst Millionen Bäume in Italien und Spanien, Griechenland und der Türkei keine einzige Olive – oder wenn, dann nur bittere Schrumpel-Dinger.

Die Folgen waren allerorten in Europa zu spüren: Der Preis für Olivenöl schoss in die Höhe. In Italien waren es satte 42 Prozent für die Kategorie "Olio extra vergine", kein anderes Produkt verteuerte sich stärker. Auch in Deutschland gingen die Preise durch die Decke: Hierzulande kostete Olivenöl im Schnitt sogar 50 Prozent mehr als im Vorjahr – dabei hatten sich die Preise bereits 2022 verdoppelt. Das können sich viele Menschen nicht mehr leisten: Die Absatzzahlen sind eingebrochen; der EU-Kommission zufolge ist der weltweite Konsum von Olivenöl um 18 Prozent gesunken.

Nun denken Sie vielleicht: Na und? Gibt doch genug andere Öle zum Braten und Kochen, Sonnenblume, Raps und so weiter! Natürlich haben Sie recht. Trotzdem kenne ich Gründe, warum das Olivenölproblem Sie nicht kalt lassen sollte. Hier die drei wichtigsten:

  • Olivenöl ist mit Abstand das gesündeste Fett, vor allem das extra native: Durch seine ungesättigten Fettsäuren senkt es das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, reguliert den Cholesterinspiegel, wirkt entzündungshemmend und beugt Krankheiten wie Alzheimer vor. Es fördert die Verdauung und wirkt segensreich auf Galle und Verdauung. Falls Sie also gesund und auch im Alter vital bleiben wollen, ist es eine gute Idee, mit Olivenöl statt Butter, Schmalz und anderem Fett zu kochen und zu würzen.
  • Produktion und Export von Olivenöl zählen zu den wichtigsten Wirtschaftsfaktoren in Spanien, Italien und Griechenland – Ländern also, die bis heute mit den Folgen der Euro-Krise kämpfen und dringend auf wirtschaftliche Impulse angewiesen sind, um nicht erneut um Geld aus Brüssel bitten zu müssen. Bleiben diese Staaten stabil, hat auch Deutschland als Geberland etwas davon.
  • Deutschland ist einer der weltgrößten Importeure von Olivenöl, für die hiesige Lebensmittelindustrie spielt es eine bedeutende Rolle. Im vergangenen Jahr beliefen sich die Importe auf fast eine halbe Milliarde Euro, eine Steigerung um 13 Prozent im Jahresvergleich. Branchenkenner berichten von einer "starken Abhängigkeit Deutschlands von Olivenölimporten".

Genug Gründe, um die silbern glänzenden Bäume wertzuschätzen, oder? Und erst recht, um sie zu erhalten. Denn das ist der springende Punkt in meiner Oliven-Eloge: Diese jahrtausendealte Pflanze, die so viel Gutes tut, ist akut gefährdet. Die menschengemachte Klimakrise verschärft die Extremwetterlagen, den Starkregen und die Dürreperioden. In Italien geht man davon aus, dass die Olive als Kulturpflanze bald aus weiten Landstrichen verschwunden sein wird. Es wäre ein herber Verlust. Auch für uns hierzulande. Wer also keinen anderen Grund findet, die ungebremsten Treibhausgas-Emissionen in die Atmosphäre endlich zu drosseln: Hier wäre einer.


Autokrat besucht Diktator

Wie geht es weiter im Nahen Osten? Während die Sorge vor einem Flächenbrand wächst, die USA ihre Militärpräsenz in der Region verstärken und Deutschland, Frankreich und Großbritannien eine Waffenruhe fordern, trifft Palästinenserpräsident Mahmud Abbas sich heute in Moskau mit Wladimir Putin. Wenige Tage nach dem brutalen israelischen Angriff auf eine Schule in Gaza-Stadt sucht der PLO-Führer internationale Solidarität ausgerechnet beim russischen Kriegstreiber, der zynisch genug ist, die "systematischen Angriffe" auf Zivilisten im Gazastreifen zu bedauern.

Galt Russland lange Zeit als israelfreundlich, hat sich Moskaus Position seit dem Einmarsch in die Ukraine und dem Hamas-Terror vom 7. Oktober geändert: Plötzlich zeigt sich der Kreml pro-palästinensisch – wohl nicht zuletzt, weil Israel als westlich geprägter Staat angesehen wird, weil der Konflikt militärische Ressourcen der Ukraine-Unterstützer bindet und weil eine mögliche Vermittlerrolle politisches Gewicht bedeuten würde. Nach der Visite bei Putin will Abbas am Donnerstag in die Türkei weiterreisen, um in Ankara vor dem Parlament zu sprechen und Präsident Erdoğan zu treffen – noch so ein Autokrat, der innenpolitisch unter Druck steht und sich von harter Rhetorik gegen Israel Vorteile verspricht.


Erinnerung ans Schandmal

Es war der damalige SED-Chef Walter Ulbricht, der am 13. August 1961 den Befehl gab, in Berlin den sowjetischen Sektor vom Gebiet der drei westlichen Alliierten abzuriegeln und den Bau der Mauer zu beginnen. Zuvor waren täglich so viele DDR-Bürger nach Westen geflüchtet, dass der Staatsratsvorsitzende keinen anderen Weg sah, um das Ausbluten des Arbeiter-und-Bauern-Staats zu verhindern. Mit den Grenzsperren zwischen DDR und BRD war allerdings schon 1952 begonnen worden.

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Zum Gedenken an die Teilung der Stadt und die Mauertoten gibt es heute zahlreiche Veranstaltungen. An der Andacht zum Jahrestag des Mauerbaus in der Kapelle der Versöhnung in der Berliner Bernauer Straße und an der Kranzniederlegung am Denkmal der Gedenkstätte Berliner Mauer nimmt auch der Regierende Bürgermeister Kai Wegner teil. Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber mir jagen die Bilder des Schandmals nach all den Jahren immer noch kalte Schauer den Rücken hinunter.


Erst wird's heiß, dann nass

Temperaturen bis 37 Grad prognostiziert der Deutsche Wetterdienst für heute, in einigen Regionen könnte es der heißeste Tag des Sommers werden. Zudem warnen Meteorologen davor, dass die hohe Luftfeuchtigkeit tagsüber für gefühlte Temperaturen von bis zu 40 Grad sorgen könnte. Ab Mittag steigt dann das Gewitterrisiko, örtlich drohen Starkregen, Hagel und Sturmböen. Mit unserer Wetterprognose sind Sie jederzeit auf Stand.


Ohrenschmaus

Heute ist der Internationale Tag der Linkshänder. Grund genug, einen der größten Linkshändergitarristen aller Zeiten zu würdigen: Er spielt nicht nur schnell wie der Teufel, sondern komponierte auch in wenigen Minuten einen der besten Rocksongs aller Zeiten. Danke, Tony Iommi!


Lesetipps

Will die Hamburger Staatsanwaltschaft etwas verbergen? Sie hat unseren Investigativreporter Carsten Janz aus fadenscheinigen Gründen angeklagt. Der Prozess ist zweifelhaft, der zugrunde liegende Paragraf erscheint absurd. Immer mehr Medien berichten über den Fall, hier die "taz".


Warum brauchen wir in Deutschland für alles so lange? Für einen Flughafen, einen Bahnhof, einen Windpark, ein paar Kilometer Autobahn? Unser Kolumnist Uwe Vorkötter kennt die Gründe.


Die Zahl von Messerangriffen in Deutschland ist stark gestiegen. Bundesinnenministerin Nancy Faeser will deshalb das Waffenrecht verschärfen. Weil ein Koalitionspartner ihre Pläne blockiert, schlägt sie nun einen Sonderweg ein, berichten meine Kollegen Johannes Bebermeier, Sara Sievert und Annika Leister.


Zum Schluss

Der Wiener Baulöwe Mörtel Lugner hat das Zeitliche gesegnet.

Allen hienieden wünsche ich federleichte Stunden. Die droben haben sie eh.

Herzliche Grüße und bis morgen

Ihr

Florian Harms
Chefredakteur t-online
E-Mail: t-online-newsletter@stroeer.de

Mit Material von dpa.

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