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Nancy Faeser kündigt Flüchtlingsgipfel an: Diese Krise hat Sprengkraft


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Tagesanbruch
Diese Krise hat Sprengkraft

  • Annika Leister
MeinungVon Annika Leister

Aktualisiert am 06.02.2023Lesedauer: 5 Min.
Nancy Faeser: Die Innenministerin ruft zum Gipfel.Vergrößern des Bildes
Nancy Faeser: Die Innenministerin ruft zum Gipfel. (Quelle: Jens Schicke/imago-images-bilder)
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Guten Morgen, liebe Leserin, lieber Leser,

als Putin im Februar 2022 mit seinen Soldaten in die Ukraine einmarschierte, löste dies in Europa die größte Fluchtbewegung seit dem Zweiten Weltkrieg aus. Inzwischen sind mit rund 1,2 Millionen Ukrainern hierzulande mehr Menschen aufgenommen worden als während der Flüchtlingskrise 2015, die Deutschland vor eine Zerreißprobe stellte und 2017 maßgeblich zum Einzug der AfD in den Bundestag beitrug.

Das haben Sie gar nicht gemerkt? In den Medien war das in den vergangenen Monaten gar nicht so sehr Thema?

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Das liegt nicht zuletzt daran, dass Freiwillige und die ukrainische Community einen Großteil der Last schultern. Familien pflastern ohnehin beengte Wohnungen mit Luftmatratzen; Helfer öffnen Fremden ihre Türen. Und dank einer EU-Richtlinie müssen die Geflüchteten keinen Asylantrag stellen und dürfen rasch arbeiten. Doch noch immer fliehen viele Menschen vor Raketenbeschuss, Mord und Vergewaltigung im Kriegsgebiet.

In den vergangenen Monaten ist außerdem die Zahl von Asylsuchenden aus anderen Ländern wie Syrien, dem Iran, dem Irak und Afghanistan wieder gestiegen. 2022 waren es dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zufolge knapp 218.000 – so viele wie zuletzt 2016.

Immer öfter müssen nun Kommunen für die Unterbringung sorgen. Und die stöhnen schon seit Wochen unter der Last. Weil wohl so mancher Brandbrief an die Landes- und Bundespolitik unbeantwortet blieb, tun sie es jetzt zunehmend öffentlich.

Die Kapazitäten seien begrenzt, schrieben zum Beispiel hessische Kommunalpolitiker – darunter CDUler wie Grüne – in dieser Woche an den Kanzler. "Aktuell mieten wir wieder Hotels und private Unterkünfte an, um die Lage zu bewältigen." Andere Verwaltungen, zum Beispiel die der Hauptstadt Berlin, bringen die Menschen wieder in Zelten, Containern oder Turnhallen unter. Humanes Wohnen sieht anders aus. Von anderen heißt es inzwischen schlicht: Es geht nicht mehr, wir haben keinen Platz mehr.

Und in der Bundespolitik? Kaum ein Thema – bis jetzt. Unter dem aktuellen Druck versprach Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) am Sonntag, noch in dieser Woche einen Flüchtlingsgipfel zwischen Bund und Ländern einzuberufen. Einen solchen Gipfel gab es allerdings bereits im Herbst. Dort versprach Faeser unter anderem zu prüfen, wie der Bund die Kommunen "noch mal mit Immobilien unterstützen" könne. Jetzt aber kommen Klagen aus den Ländern: Was der Bund zur Verfügung stelle, tauge oft gar nicht mehr als Unterkunft.

Prüfen will auch Kanzler Scholz – nämlich, wie man jene, die gar keinen Schutz brauchen, schneller wieder abschieben kann. Es brauche nun "sehr handfeste Abkommen mit Herkunftsländern", sagte er am Sonntag. Eine Forderung, die auch Kommunen erheben.

Und zweifellos gibt es Probleme bei der konsequenten Abschiebung abgelehnter Asylbewerber. Aber Scholz' Prüfen hilft den Kommunen wenig, die nun schnelle und unkomplizierte Hilfe brauchen.

Das Thema muss auf allen Ebenen angegangen werden, wenn man es nicht den Rechten überlassen will, die mit Freude zündeln werden. Rechtsextreme mobilisieren bereits zu Protesten, gerade in den betroffenen Orten. Schon jetzt fühlt sich das an wie ein bitterböses Déjà-vu.

Eine von vielen notwendigen Hilfen wäre es, wenn die Ampelregierung eines ihrer großen Versprechen einlösen würde: 400.000 Wohnungen pro Jahr wollte sie in Deutschland bauen – davon 100.000 Sozialwohnungen. Denn in den Flüchtlingsheimen fehlt nicht nur Platz für Neuankommende. Wer eigentlich ausziehen dürfte, findet oft keine Bleibe.

Doch die Zielmarke wurde 2022 weit verfehlt und wird nach Expertenschätzungen auch 2023 und 2024 nicht erreicht werden, wenn es so weiterläuft. Es ist dringend notwendig, den Druck auf die Länder zu erhöhen und auch Möglichkeiten außerhalb des Neubaus auszuloten – zum Beispiel eine Verlängerung der Preisbindung im sozialen Wohnungsbau. Denn derzeit fallen jährlich mehr Wohnungen aus diesem Segment heraus, als neu gebaut werden.

Das Problem betrifft übrigens bei Weitem nicht nur Neuankömmlinge: 1,1 Millionen Sozialwohnungen gibt es in Deutschland, aber gut 11 Millionen Menschen haben inzwischen Anspruch auf eine solche Wohnung. Das ist ein deprimierendes Verhältnis von 1 zu 10, jahrelange Verzweiflung ist für die Anspruchsberechtigten programmiert.

Bund wie Länder stehen in der Pflicht und müssen jetzt an einem Strang ziehen. Sonst werden Flüchtlings- wie Wohnraumfrage zu Dynamit für den Zusammenhalt in Deutschland.


Was steht an?

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) reist am Montag zu Gesprächen mit der US-Regierung nach Washington. Zwei Tage wird er bleiben, eines der Hauptthemen bei den Treffen: der Inflation Reduction Act (IRA). Mit dem Programm will die US-Regierung Wirtschaftshilfen in dreistelliger Milliardenhöhe bereitstellen und die hohe Inflation im Land bekämpfen. Europa aber fürchtet dadurch einen "Subventionskrieg" und die Abwanderung wichtiger Unternehmen. Wie groß Habecks Sorgen sind, erklärt mein Kollege Johannes Bebermeier, der mit dem Minister am Freitag noch zur Vorbereitung auf die US-Reise in Schweden war, in diesem Text.


Die USA haben derweil noch andere Themen auf dem Zettel: Am Wochenende schoss die Luftwaffe auf Befehl von US-Präsident Joe Biden einen Ballon im amerikanischen Luftraum ab, den China losgeschickt hatte. China behauptet, es sei ein einfacher Wetterballon; die USA gehen "ganz klar" von Spionage aus. US-Außenminister Antony Blinken reist deswegen nicht wie ursprünglich vorgesehen am Montag nach Peking, dürfte sich aber zu Hause umso intensiver mit dem Thema befassen.


Die CDU will ihn nicht mehr in ihren Reihen, Ex-Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen aber will nicht gehen. Weil er immer wieder "die Sprache aus dem Milieu der Antisemiten und Verschwörungsideologen bis hin zu völkischen Ausdrucksweisen" benutze, hatte ihm das Präsidium der Christdemokraten bis zum Sonntag, 12 Uhr, ein Ultimatum gesetzt. Die Frist aber ließ Maaßen verstreichen, ohne zu reagieren. Die Diskussionen in der Union werden auch heute anhalten, am 13. Februar will sich dann der Vorstand mit der Causa Maaßen befassen.

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Mit der AfD feiert die umstrittenste Partei Deutschlands an diesem Montag ihren zehnten Geburtstag. Im hessischen Königstein sind 300 Parteifunktionäre und -freunde eingeladen. Gegenproteste sind angekündigt, Schulen im Ort geben den Kindern sicherheitshalber frei. Bei der Party fehlen werden viele der 18 Gründungsväter der AfD. Die nämlich sind inzwischen fast alle ausgetreten. Einer von ihnen hat mit t-online gesprochen. Er sagt: "Die heutige Partei mit diesen Parolen und diesen Leuten habe ich so nicht gewollt." Mehr dazu lesen Sie hier.


Was lesen?

Wie hat es Wladimir Putin einst bloß in den Kreml geschafft? Diese Frage stellen sich heute noch zahlreiche Experten. Unser Kolumnist Wladimir Kaminer hat da eine spezielle Theorie, bei der ein amerikanischer Actionheld und der Nationalsozialismus eine Rolle spielen.


Sozialpsychologin Christina Nimmerfroh hat bei den Klimademonstranten von der "Letzten Generation" verdeckt an einem Workshop teilgenommen. Welche Erfahrungen sie dort machte, hat sie meinem Kollegen Stefan Simon erzählt.


1958 sorgte eine Nachricht aus Bayern für Entsetzen bei den Fans von Manchester United. Dieser Flieger mit den sogenannten Busby Babes an Bord war verunglückt. In unserem Historischen Bild erfahren Sie mehr über die Tragödie.


Was amüsiert mich?

Wer die Spionage aus der Luft wirklich erfunden hat …

Ich wünsche Ihnen einen fantastischen Start in die Woche. Morgen begleitet Sie mein Kollege David Schafbuch in den Morgen.

Herzlichst,

Ihre Annika Leister
Redakteurin Politik
Twitter: @AnnLei1

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Mit Material von dpa.

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