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Holocaust-Gedenken: Wie ein Kind Josef Mengeles Experimente überlebte


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Befreiung des Todeslagers 1945
Das Mädchen, das Auschwitz und Mengele überlebte


26.01.2024Lesedauer: 3 Min.
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"Wir sahen zu, wie unsere Liebsten verbrannt wurden": Historische Aufnahmen aus Auschwitz und wie das Konzentrationslager heute aussieht. (Quelle: t-online)

Drei Jahre alt war Lidia Maksymowicz, als sie in Auschwitz-Birkenau eingesperrt wurde. Sie überlebte das gefürchtete deutsche Konzentrationslager – und die Experimente des Lagerarztes Josef Mengele.

Kälte und Gestank, das sind die Erinnerungen von Lidia Maksymowicz an ihre Ankunft in Auschwitz-Birkenau. Kälte, weil es ein verschneiter Tag im Dezember 1943 gewesen ist. Gestank, weil die Dreijährige mitsamt ihrer Mutter und unzähligen anderen Menschen zuvor unter unmenschlichen Bedingungen in einem Zugwaggon auf der langen Fahrt eingepfercht worden war.

Lärm gehört aber ebenfalls zu den Erinnerungen von Lidia Maksymowicz: das Gebell der Hunde der SS-Leute. "Die Tiere werden an der Leine gehalten", schreibt Lidia Maksymowicz in ihrem Buch "Ich war zu jung, um zu hassen. Meine Kindheit in Auschwitz". "Sie schäumen aus dem Maul, aufgehetzt durch die Ruten der Deutschen." Mehr als ein Jahr sollte das junge Mädchen aus Belarus in Auschwitz-Birkenau leben. Sie überlebte; an jenem Ort, an dem Deutsche rund 1,1 Millionen Menschen während des Zweiten Weltkriegs und des Holocaust ermordet haben.

"Ich war zu jung, um zu hassen. Meine Kindheit in Auschwitz", sind die Erinnerungen Lidia Maksymowicz' an diese Zeit – bewegend und eindrucksvoll. Erinnerungen? Die einer Dreijährigen an diese grausame Zeit? "Heute habe ich Mühe, in Einzelheiten zu rekonstruieren, was mir widerfahren ist", erklärt Lidia Maksymowicz im Buch. Kein Wunder: So jung sie damals nach Auschwitz verschleppt worden ist, so betagt ist die Überlebende heute in ihren Achtzigern.

Möglicherweise stammen Teile ihrer Erinnerungen aus Schilderungen anderer Überlebender, doch Lidia Maksymowicz betont: "Ich bin dort gewesen." Das bezeugt auch die Tätowierung an ihrem linken Arm, die sie Papst Franziskus 2021 zeigte. "70072", die Nummer war ihr in Auschwitz-Birkenau eintätowiert worden.

"Er kennt keine Skrupel"

Nur wenige der Kinder, die die Nazis nach Auschwitz-Birkenau verschleppten, bekamen eine derartige Nummer. Kinder, zu klein, um schwere Zwangsarbeit zu leisten, schickte die SS ins Gas. Ebenso wie Alte und Kranke. Lidia Maksymowicz hingegen sollte für etwas anderes "nützlich" sein: als "Versuchskaninchen" für die Experimente des SS-Arztes Josef Mengele, schmerzhaft, grausam, unmenschlich.

Lidia Maksymowicz lebte und überlebte in einer Baracke, in der sie mit anderen Kindern darauf wartete, dass Mengele oder seine Handlanger erschienen, um neue Opfer zu holen. Manchmal traf es Lidia Maksymowicz. Sie erhielt etwa Bluttransfusionen, bekam Flüssigkeiten ins Auge. Zu welchem Zweck genau, das wusste nur Mengele, nicht die Kinder. "Er kennt keine Skrupel", heißt es Maksymowicz' Buch über ihn.

Dass Lidia Maksymowicz die Torturen überstand, verdankte sie ihrer Gesundheit – und ihrer ebenfalls in Birkenau eingesperrten Mutter, einer belarussischen Partisanin, die sich nachts bisweilen zu ihrer Tochter schlich und ihr Nahrung brachte. Ebenso wie Geborgenheit und Vertrautheit, soweit das an einem Ort wie Auschwitz überhaupt möglich ist.

Doch irgendwann kam Lidia Maksymowicz' Mutter nicht mehr. Was war geschehen? Die Zeichen verdichteten sich, dass der Krieg, den die Nationalsozialisten gegen Europa und die Menschlichkeit entfacht hatten, alles andere als erfolgreich für sie verlief. Die SS-Leute wurden nervös, irgendwann waren sie weg. Dafür betraten Soldaten der heranmarschierenden Roten Armee Auschwitz-Birkenau am 27. Januar 1945. Der Moment der Freiheit war gekommen. Für die, die überlebt hatten. Wenige Kinder, darunter Lidia Maksymowicz.

Wiedersehen mit der Mutter

Ihre Mutter wurde für tot gehalten, ein Moment des Schocks für sie. "Mein Licht ist meine Mutter", ist im Buch zu lesen. Die Überlebende bekam von den Rotarmisten eine neue Mutter "zugewiesen", eine Polin, die sich um das Kind kümmern sollte und dies erst allmählich auch wollte. So blieb das Kind in Oświęcim, der Stadt, die für die deutschen Invasoren Auschwitz gewesen ist.

Das Eingewöhnen in ein Leben in Freiheit fiel Lidia Maksymowicz schwer, bei Mahlzeiten schlang sie die Nahrung herunter. Ein Überlebensreflex aus Auschwitz, wo das Essen knapp und der Hunger groß war. Allmählich besserte sich ihr Zustand. Aus der Frau, die sie aufnahm, wurde eine Mutter, eine "zweite": "Mama Bronisława". Doch die "erste" Mutter, die Partisanin Anna aus Belarus, blieb Lidia unvergessen, auch wenn sie für tot gehalten wurde.

"Gehalten wurde", ganz richtig. Denn Jahre später erreichte Lidia Maksymowicz eine Nachricht. Ihre eigentliche Mutter hatte sie ausfindig gemacht. Die Überlebende beschreibt ein Wechselspiel der Gefühle in ihrem Buch, widerstreitende Loyalitäten. Es kam zum Wiedersehen, einer Verständigung zwischen den drei Frauen.

Kein Wechselspiel der Gefühle empfand Lidia Maksymowicz in Hinsicht auf die Menschen, die ihr Auschwitz angetan hatten. "Es mag seltsam klingen, aber ich kann nicht hassen, schreibt sie in "Ich war zu jung, um zu hassen. Meine Kindheit in Auschwitz". "Hass zerstört".

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • Lidia Maksymowicz, Paolo Rodari: "Ich war zu jung, um zu hassen. Meine Kindheit in Auschwitz", München 2024
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