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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Wann Blitz-Opfer eine Chance haben und wann nicht Beim Full Strike zerfetzt der Blitz wichtige Blutgefäße
Jedes Jahr sterben Menschen durch Blitzschläge. Jeder einzelne Todesfall sei vermeidbar, sagen Experten. Was sie Menschen raten – und was bei einem Einschlag im Körper passiert.
Sieben Tote und 120 Verletzte: Das sind die durchschnittlichen Opferzahlen, die es einer Auswertung des Verbands der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik (VDE) jedes Jahr in Deutschland durch Blitze gibt. Experten beantworten die wichtigsten Fragen.
Welche Verletzungen weisen Blitzopfer auf?
Im Plasmakanal eines Blitzes wird es viele Tausend Grad heiß, schildert der Neurologe Berthold Schalke, der am Bezirksklinikum Regensburg die Arbeitsgruppe "Blitzopfer" leitet. An der Einschlagstelle würden Blitzopfer daher Verbrennungen dritten Grades von der Größe eines früheren Fünf-Mark-Stückes erleiden – dieser Durchmesser entspricht laut dem Neurologen in etwa der Dicke eines Blitzes. Die Wunde an der Austrittsstelle sei hingegen meist deutlich kleiner.
Die größten Verbrennungen auf dem Körper entstünden, weil die Menschen nass von Regen und Schweiß seien und der Strom über die Haut abgeleitet werde, führt Schalke weiter aus. Es kann auch zu sogenannten Strommarken kommen, dann zeichnet sich Metallschmuck auf der Haut ab. Unangenehm kann zudem das Tragen von Kunststoffkleidung werden, die schmilzt und sich in die Haut brennt. Schalke empfiehlt: Direkt auf der Haut Naturfasern tragen.
Wann habe ich eine Überlebenschance?
"Bei einem Full Strike auf den Kopf sterben fast alle", sagt Schalke. Der Blitz zerfetzt dann lebenswichtige Blutgefäße, die Überlebenschancen gehen gegen null.
Bei einem sogenannten Ground Strike, also einem Blitz, der in der Nähe in den Boden fährt, oder auch bei einem Treffer in den Rumpf sehe es anders aus. Dann sei die größte Gefahr, dass man alleine ist – und einen niemand reanimieren kann, falls der Blitz einem das Herz ausschaltet.
Am Herzen entstünden zumeist keine strukturellen Schädigungen, sagt Schalke. Es bleibe durch den Blitz jedoch stehen. Wenn jemand da sei, der schnell Erste Hilfe leiste und den Kreislauf wieder in Gang bringe, lasse sich praktisch jedes dieser Blitzopfer reanimieren.
Welche Folgeschäden gibt es?
Oft wird laut Schalke das Trommelfell zerrissen. Es kann auch zu Schäden am Innenohr oder am Auge kommen, etwa zu Verbrennungen der Hornhaut. Oder der Blitz zerstört dünne Nervenfasern, die den Menschen Temperatur oder Schmerz fühlen lassen: "Einen Koch, der nicht mehr fühlt, wenn er etwas Heißes anfasst, kann das den Job kosten", sagt Schalke.
Relativ häufig komme es überdies zu neurokognitiven Ausfällen: Den Patienten falle es schwer, Zusammenhänge zu erkennen, das Kurzzeitgedächtnis sei geschädigt, Kopfrechnen kaum noch möglich. Lähmungen kämen hingegen seltener vor, aber auch sie seien möglich. Auch Herzrhythmusstörungen seien seltener als von vielen vermutet.
Sind die Menschen zu leichtsinnig bei Gewitter?
"Viele Leute unterschätzen die Gefahr", sagt Wolfgang Schulz, Leiter des Blitz-Informationsdienstes Blids. Alle Blitzunfälle seien vermeidbar. Die Menschen müssten sich nur informiert halten und sich rechtzeitig in Gebäuden oder in einem Auto in Sicherheit bringen, dann drohe kein Unheil.
Was mache ich bei einem Gewitter im Park?
"Nur nicht auffallen", lautet die Devise der Blitz-Experten. Das heißt: Bloß nicht unter einen einzelnen Baum stellen. Allerdings sei es auch unklug, aufrecht 30 Meter neben einem einsamen Baum zu stehen, ergänzt Blids-Leiter Schulz. "Denn dann überlegt sich der Blitz vielleicht, schlag' ich jetzt in den Baum ein oder in die Person?"
Wer keinen Schutz in einem Gebäude finde, solle sich eine möglichst niedrige Stelle suchen, etwa eine Bodenmulde, und dort mit geschlossenen Beinen in die Hocke gehen.
Wieso kann es unter ein und demselben Baum Leichtverletzte und Tote geben?
Das Risiko von schweren Verletzungen hängt von verschiedenen Faktoren ab. Gefährlich werde es unter anderem, wenn der Blitzstrom etwa von einem Ast auf eine darunter stehende Person überspringe, sagt Schulz.
Aber auch wer nicht auf diese Weise vom Blitz getroffen wird, habe je nach Standort und Fußhaltung unterschiedliche Überlebenschancen. Über den Boden breite sich der Strom nach dem Einschlag kreisförmig aus. Stehe der eine Fuß deutlich näher zum Einschlag als der andere, gebe es eine hohe sogenannte Schrittspannung. Daher gilt: Je näher die Füße nebeneinander sind, umso besser. Schulz: "Wer kann, kann auch auf einem Bein stehen."
- Telefonate mit den Blitzexperten Berthold Schalke und Wolfgang Schulz
- Eigene Recherche