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Selbstverteidigung in Deutschland: Das ist bei einem Übergriff erlaubt


Nach tödlichen Messerstichen in Kaiserslautern
Wie weit darf Selbstverteidigung gehen?


Aktualisiert am 04.07.2024Lesedauer: 3 Min.
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Ein MesserVergrößern des Bildes
Ein Bundespolizist zeigt ein sichergestelltes Messer (Archivbild): Welche Bestimmungen gelten beim Tragen von Waffen in Deutschland? (Quelle: Paul Zinken/dpa/dpa-bilder)

In Deutschland hat man ein Recht zur Selbstverteidigung. Doch was bedeutet das überhaupt?

In Kaiserslautern ist eine 20-Jährige zuletzt mutmaßlich Opfer eines sexuellen Übergriffs geworden. Sie hatte ein Messer und stach auf ihren mutmaßlichen Peiniger ein – dieser verstarb später infolge der Verletzungen. Es wurden Ermittlungen wegen Totschlags eingeleitet. Mehr zu den bisher bekannten Hintergründen lesen Sie hier.

Aber hat man nicht in Deutschland das Recht, sich selbst zu verteidigen? t-online hat die wichtigsten Fakten zusammengetragen.

Zwei von drei Frauen werden im Laufe ihres Lebens Opfer von sexueller Belästigung, jede siebte Frau erfährt mindestens einmal eine schwere sexualisierte Misshandlung. Das zeigen repräsentative Studien, auf die das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend verweist.

Was gilt in Deutschland als Selbstverteidigung?

Selbstverteidigung, also Notwehr, ist gesetzlich im Strafgesetzbuch (StGB) unter Paragraf 32 geregelt. Hier heißt es: "Notwehr ist die Verteidigung, die erforderlich ist, um einen gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff von sich oder einem anderen abzuwenden." Außerdem ist darin festgelegt, dass, wer aus Notwehr handelt, nicht gegen das Gesetz verstößt. Christian Janeczek von der Arbeitsgemeinschaft Strafrecht des Deutschen Anwaltsvereins (DAV) erklärt auf Anfrage von t-online: "Immer wenn ein Angriff kurz bevorsteht oder bereits andauert, darf man sich dagegen zur Wehr setzen."

Janeczek führt weiter aus: "Wird eine Frau von einem Angreifer gegen ihren Willen unsittlich berührt, darf sie sich mit Gewalt zur Wehr setzen." Notwehr gilt in Deutschland auch dann, wenn ein Angriff auf andere Personen verhindert werden soll.

Wie viel Gewalt zählt als Notwehr?

Wer sich in eine Notwehrsituation befinde, dürfe die Gewalt anwenden, die notwendig ist, um den Angriff abzuwehren, sagt Janeczek. Dabei müsse generell das mildeste Mittel gewählt werden, eine Verhältnismäßigkeitsprüfung erfolge jedoch nur in Extremfällen. Außerdem gelte die Abwehr eines Angriffs nur so lange als Notwehr, wie auch eine Gefahr besteht.

Wird der Angreifer infolge einer Abwehrreaktion etwa ohnmächtig, geht also ganz klassisch k. o., wäre damit die Notwehrsituation beendet, da keine Gefahr mehr von ihm ausgeht. Sollte weiter Gewalt angewendet werden, ist das strafbar – mit einer Ausnahme: Wenn "die Grenzen der Notwehr aus Verwirrung, Furcht oder Schrecken" überschritten werden, entfällt eine Bestrafung (Paragraf 33 StGB). "Kommt es im Fall einer gerechtfertigten Notwehrhandlung zum Tod des Angreifers, so bleibt das Opfer straffrei", erklärt Janeczek. Im Zweifelsfall wird dies von Gerichten entschieden.

Welche Waffen dürfen in Deutschland geführt werden?

In Deutschland darf eine Vielzahl von waffenähnlichen Gegenständen mit Vollendung des 18. Lebensjahres zwar erworben, aber nicht in der Öffentlichkeit mitgeführt werden. So dürfen beispielsweise Messer mit einer Klingenlänge von mehr als 8,5 Zentimeter nicht mitgeführt werden. Auch Pfefferspray darf man nur als "Tierabwehrspray" dabeihaben und es muss als solches gekennzeichnet sein. Seit einigen Jahren finden sich auf dem deutschen Markt auch sogenannte Pfeffersprühpistolen, diese schießen Ladungen des Reizstoffes bis zu rund zehn Meter weit. Auch diese sind legal erhältlich und dürfen mit geführt werden.

Elektroschocker, die das Gegenüber durch Stromimpulse außer Gefecht setzen, sind nur erlaubt, wenn ein entsprechendes Prüfsiegel aufgedruckt ist. In Deutschland zugelassene Schreckschusspistolen können ebenfalls ohne besondere Berechtigung gekauft werden. Wer diese außerhalb des eigenen Grundstücks bei sich tragen will, muss jedoch einen kleinen Waffenschein besitzen, wie der Verband Deutscher Büchsenmacher und Waffenfachhändler e. V. auf Anfrage mitteilte.

Schlagwaffen wie Baseballschläger, Teleskopschlagstöcke oder Ähnliches können in Deutschland zwar frei erworben werden, dürfen jedoch nicht im öffentlichen Raum mit sich geführt werden.

Darf eine Waffe zur Selbstverteidigung verwendet werden?

Wenn es für die Abwehr eines Angriffs notwendig ist, dürfen auch Waffen verwendet werden. Dabei ist es erst einmal unerheblich, ob diese legal sind oder nicht. "Je nach Situation kann auch ein Stich oder gar Schuss gerechtfertigt sein", klärt Janeczek auf.

Die Polizei rät grundsätzlich jedoch davon ab, Waffen bei sich zu führen. "Waffen erschweren Helfern und der Polizei zu erkennen, wer Täter und wer Opfer ist", heißt es etwa auf der Webseite der polizeilichen Kriminalprävention der Länder und des Bundes. Im Fall von Messern warnt die Behörde sogar vor strafrechtlichen Konsequenzen. Außerdem könnten Waffen auch schnell gegen den Träger verwendet werden.

Im aktuellen Fall von Kaiserslautern geht Janeczek eher nicht von Notwehr aus. "Der Messerstich erfolgte nach dem Übergriff, was einer klassischen Notwehrsituation zuwiderläuft", so Janeczeks Bewertung des Falls.

Verwendete Quellen
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