Frachtschiff rammt Tanker Schiffskatastrophe in der Nordsee: eine Festnahme
Die 140 Meter lange "Solong" tauchte wie aus dem Nichts vor dem Öltanker auf. Jetzt droht das Frachtschiff zu sinken. Die Polizei nahm einen Mann fest.
Der Vorwurf lautet auf Totschlag durch grobe Fahrlässigkeit: Die britische Polizei hat nach der Schiffskatastrophe in der Nordsee einen 59 Jahre alten Mann festgenommen. "Der Festgenommene befindet sich in Haft, die Ermittlungen laufen", sagte ein leitender Beamter laut Mitteilung der Humberside Police am Dienstag.
Das Unglück hatte sich am Montagfrüh nahe der Mündung des Flusses Humber ereignet. Das Containerschiff "Solong" soll dabei den Tanker "Stena Immaculate" gerammt haben. Beide Schiffe waren daraufhin in Brand geraten. Ein Besatzungsmitglied der "Solong" wird seither vermisst. Nach Einschätzung der britischen Behörden ist es wohl tot.
Tanker Besatzungsmitglied schiuldert: Frachter kam aus dem Nichts
"Es wurden bereits umfangreiche Maßnahmen durchgeführt, und wir arbeiten eng mit unseren Partnern zusammen, um zu verstehen, was passiert ist, und um allen Betroffenen Unterstützung zu bieten", sagte der leitende Ermittler, Craig Nicholson, der Mitteilung zufolge weiter.
Ein Besatzungsmitglied der "Stena Immaculate" hatte der britischen BBC erklärt, die unter portugiesischer Flagge fahrende, 140 Meter lange "Solong" sei praktisch "aus dem Nichts aufgetaucht". Die 183 Meter lange "Stena Immaculate" hatte etwa 15 Kilometer vor der nordostenglischen Hafenstadt Hull geankert.
"Zahlreiche Explosionen": Ein Kerosin-Tank barst
Der von dem US-Schifffahrtsunternehmen Crowley betriebene Öltanker war vom Military Sealift Command des US-Militärs gechartert worden. Das Kommando nutzt Schiffe mit ziviler Besatzung, die Seetransporte für das US-Verteidigungsministerium übernehmen. Nach der Kollision hatte es laut dem US-Betreiber Crowley "zahlreiche Explosionen" gegeben, auf beiden Schiffen brach Feuer aus. Den Angaben zufolge barst durch den Aufprall ein mit Kerosin gefüllter Tank an Bord, zudem gab es Meldungen über austretendes Öl. Auf Bildern der BBC war zu sehen, dass auf einer Seite der "Stena Immaculate" ein Loch klaffte.
- Flammen auf Öltanker: Diese Meeresvögel sind jetzt bedroht
Das Feuer auf der "Stena Immaculate" ist mittlerweile gelöscht. Der Frachter "Solong" brannte am Dienstag hingegen noch immer – und droht zu sinken. Das Schiff drifte derzeit Richtung Süden, sagte der zuständige Unterstaatssekretär Mike Kane laut der britischen Nachrichtenagentur PA bei einer Unterrichtung der Abgeordneten im britischen Unterhaus. Die Küstenwache schätze es als unwahrscheinlich ein, "dass das Schiff schwimmfähig bleibt", sagte Kane. Schlepperboote seien in der Nähe, um sicherzustellen, dass die "Solong" von der Küste entfernt bleibe.
Umweltkatastrophe droht
Die Reederei des Containerschiffs dementierte unterdessen Berichte, wonach die "Solong" mehrere Behälter mit Natriumcyanid geladen hatte. Natriumcyanid ist eine giftige Substanz, die das Ökosystem belasten kann. Die Container seien jedoch leer gewesen, hieß es in einer Mitteilung des in Hamburg ansässigen Unternehmens Ernst Russ.
Sollte der Frachter nahe Land untergehen oder auf Grund laufen, wird aber befürchtet, dass Diesel im Tank des Schiffs die Küste verpesten könnte. Die Region vor East Yorkshire ist bekannt für ihre große Meeresvogelpopulation. Die Küste von Yorkshire beherbergt wichtige Seevogelkolonien, darunter Papageientaucher, Tordalken, Basstölpel und Dreizehenmöwen.
Ungewiss ist, wie viel der 220.000 Barrel (knapp 35 Millionen Liter) Flugzeugtreibstoff, die an Bord der "Stena Immaculate" waren, ins Meer gelangt sind. Der Treibstoff war den Angaben des US-Schifffahrtsunternehmens Crowley zufolge auf 16 Tanks verteilt, von denen mindestens einer bei dem Zusammenstoß beschädigt wurde.
- .humberside.police.uk: "Arrest made in North Sea vessel collision"
- Mit Material der Nachrichtenagenturen dpa und AFP