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Carolabrücke in Dresden: Diskussionen nach Einsturz – "Fünf nach zwölf"


Debatten nach Brückeneinsturz
"Das fordern wir Ingenieure seit Jahrzehnten"

Von dpa, t-online, ams

Aktualisiert am 12.09.2024Lesedauer: 3 Min.
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Webcam-Aufnahmen zeigen, wie die Brücke plötzlich in die Elbe kracht. (Quelle: t-online)
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Der Brückeneinsturz in Dresden sorgt weiterhin für Diskussionen. Experten warnen: zahlreiche Brücken in Deutschland seien marode.

Wie schlimm steht es um Brücken in Deutschland? Das wird nach dem Einsturz eines Teils der Carolabrücke in Dresden bundesweit diskutiert. Forderungen nach weitreichenden Investitionen werden laut.

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Brückenexperte Martin Mertens kritisiert den schlechten Zustand vieler Großbrücken in Deutschland. "Grundsätzlich kann man sagen, dass bei den Großbrücken alle Brücken, die vor 1980 gebaut worden sind, unsere Problempatienten sind", sagte der Professor von der Hochschule Bochum dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Das seien wegen des regelrechten Baubooms nach dem Zweiten Weltkrieg leider die meisten. Die Politik müsse reagieren. "Dresden zeigt ganz klar: Es ist fünf nach zwölf", so Mertens.

Auch Steffen Marx, Professor für Ingenieurbau am Institut für Massivbau der Technischen Universität (TU) Dresden, sieht Handlungsbedarf, wie er dem "Tagesspiegel" sagte: "Es zeigt einmal mehr, dass man die Instandhaltung und die Brückenerneuerung in Deutschland viel ernster nehmen muss. Das fordern wir Ingenieure im Brückenbau inzwischen seit Jahrzehnten ein und wir sehen, dass das nicht weit hergeholt ist." Zwar sei man in Deutschland dabei, diese Defizite anzugehen, "aber es dauert viel zu lange", so Marx weiter.

Konkret bei der Carolabrücke spiele auch das Alter des Bauwerks eine Rolle: "Die Brücke ist eine der ersten Spannbetonbrücken der DDR. Sie ist zu einer Zeit gebaut worden, in der man noch nicht wie heute darauf geachtet hat, dass sich vor einem möglichen Einsturz deutlich erkennbare Anzeichen zeigen." Generell hätten die Spannbetonbrücken aus den 60er Jahren Defizite. Das entschuldige aber nicht den Brückenkollaps: "[...] das ist eine echte Katastrophe."

Investitionen gefordert

Der Deutsche Städte- und Gemeindebund fordert wegen des schlechten Zustands der Brücken eine "Investitionsoffensive Infrastruktur". Den Kommunen fehlten die finanziellen Mittel für die dringend notwendigen Sanierungsarbeiten, sagte Hauptgeschäftsführer André Berghegger den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. "Der Einsturz der Carolabrücke in Dresden macht auf erschreckende Weise deutlich, dass Deutschland von der Substanz lebt."

Auch Wolfgang Schubert-Raab, Präsident des Zentralverbandes Deutsches Baugewerbe, hält laut einer Mitteilung Investitionen für dringend nötig. Den Einsturz in Dresden bezeichnete er als "trauriges Symbol der deutschen Infrastruktur", der den dringenden Handlungsbedarf vor Augen führe.

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Quelle: t-online

Steffen Marx kritisiert, dass daran gespart wird, "den Bestand instand zu halten, zu sanieren und zu erneuern". Stattdessen werde zu oft über Neubauten nachgedacht, "weil sich das politisch besser verkauft als Ersatzinvestitionen und Instandhaltungsmaßnahmen. Da sparen wir einfach an der falschen Stelle. Es ist ein fatales Zeichen für den Standort Deutschland."

Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) wies in der Haushaltsdebatte im Bundestag darauf hin, dass im kommenden Jahr mehr als neun Milliarden Euro für Investitionen in Bundesfernstraßen und Brücken bereitstünden. Mit Blick auf den Einsturz der Carolabrücke in Dresden erläuterte er, sie stehe in kommunaler Verantwortung und habe deswegen mit dem Bundeshaushalt nichts zu tun. "Aber man sieht an dieser Brücke, wie gefährlich es ist, wenn in Infrastruktur nicht sorgfältig investiert wird."

Erste Vermutung über die Einsturzursache

Der Einsturz könnte durch Korrosion ausgelöst worden sein. "Wir haben hier zu DDR-Zeiten massiven Chlorid-Eintrag gehabt", sagte Holger Kalbe, Abteilungsleiter Brücken- und Ingenieurbauwerke bei der Stadt Dresden. An der Stelle, wo das Brückenteil in der Nacht einbrach, habe ein Mast der Verkehrsbetriebe gestanden. Es sei denkbar, "dass an der Stelle massiv die Chloride eingedrungen sind und dort im Inneren der Brücke zu einer Korrosion der Bewehrung geführt haben", sagte Kalbe.

Das vermutet auch Marx. Demnach sei man in den 60er davon ausgegangen, dass Stahlelemente den Beton an der Brücke so stark zusammendrückt, dass es Wasserdicht ist. Auf eine Abdichtung habe man verzichtet. "Daher konnte im Winter streusalzhaltiges Wasser in die Brücke eindringen und das gelöste Chlorid wirkte stark korrodierend auf den Stahl." Heute werden die Brücke vor Chloriden geschützt.

Konstruktionsfehler Schuld an Kollaps?

Er geht aber noch weiter, auch wenn noch keine endgültigen Aussagen zum Schaden gemacht werden können. [...] "es ist aus heutiger Sicht ein Konstruktionsfehler und vermutlich ein Teil der Ursache." Die Sanierungsarbeiten sind dagegen unproblematisch: "Nein, das kann man sicher ausschließen. Derzeit laufen keine Bauarbeiten, schon seit Längerem nicht mehr."

Die Brücke – eine der wichtigsten Verkehrsadern der Dresdner Innenstadt – galt schon lange als Sanierungsfall. In den vergangenen Jahren wurden bereits Teile der Brücke für den Autoverkehr saniert, für das nächste Jahr war die Sanierung des nun eingestürzten Brückenzuges geplant.

Verwendete Quellen
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