234 neue Arten Vampir-Tier und fast unsichtbare Eidechse entdeckt
In einem Rattenigel sehen die Forscher einen Vampir. Eine Eidechse ist vor dem richtigen Hintergrund fast gar nicht zu sehen: Sie gleicht verblüffend einem Stein.
In der südostasiatischen Mekong-Region haben Wissenschaftler im vergangenen Jahr 234 zuvor nicht beschriebene Wirbeltier- und Pflanzenarten registriert. Die Umweltstiftung WWF präsentiert in einem neuen Bericht die Arbeit von Hunderten Experten, die in rund zwölf Monaten 173 Gefäßpflanzen, 26 Reptilien, 17 Amphibien, 15 Fische und 3 Säugetiere entdeckt haben.
Unter den neuen Arten sind ein paar recht merkwürdige Erscheinungen. Begeistert waren die Forscher zum Beispiel von einer Eidechse, die man kaum sehen kann, weil sie sich so gut tarnt. Allerdings braucht sie dafür Felsen als Hintergrund: Vor denen fällt das zehn Zentimeter lange Tier so gut wie gar nicht auf.
Die Eidechse Laodracon carsticola, die angesichts ihres steinernen Aussehens und ihres klingenden Namens "bei 'Game of Thrones' mitspielen könnte", wie der WWF schreibt, wurde in den Karstmassiven der Provinz Khammouan in Zentrallaos entdeckt. Die Wissenschaftler haben bisher nur zwei männliche Exemplare zu fassen bekommen.
Sie gehen davon aus, dass sich das Verbreitungsgebiet bloß auf eine schmale Region beschränkt. Die Eidechse wird als komplett neue Gattung beschrieben, die "eine auffällig geschwollene Schwanzbasis mit vergrößerten Schuppen auf der Rücken- und Bauchseite" aufweist.
Weitere Entdeckungen: Mango-Ingwer, Vampir-Tier, Mini-Maulwurf
Ein anderes Tier erinnerte die Forscher wegen seiner scharfen Reißzähne an einen Vampir. Das zu den Kleinen Rattenigeln zählende Tier Hylomys macarong mit weichem Fell wurde deshalb auch gleich nach dem vietnamesischen Wort Ma ca rong für Vampir benannt.
Gefunden wurden außerdem: eine grün-schwarze Grubenotter (Trimeresurus ciliaris), deren Marmorierung dem WWF zufolge wirkt, als habe sie lange Wimpern. Eine blattlose Orchidee (Chiloschista quangdangii), die auf einem Markt entdeckt wurde und die wahrscheinlich bereits durch Raubbau bedroht ist. Eine Ingwerart, deren Wurzel nach Mango riecht. Ein zu den Schmerlen zählender Zierfisch, der im Handel unter Aquaristen zwar schon verbreitet ist, aber bisher noch nicht wissenschaftlich beschrieben worden war. Und ein Spitzmaulwurf, der nur acht Gramm wiegt und damit zu den zehn leichtesten Landsäugetierarten der Welt gehört.
Greater Mekong Region steht unter starkem Druck
Stefan Ziegler, der Asien-Experte vom WWF Deutschland, ordnet die Bedeutung der Entdeckungen ein: "Obwohl diese Arten erst im vergangenen Jahr von der Wissenschaft beschrieben wurden, leben sie schon seit vielen Jahrtausenden in den einzigartigen Lebensräumen der Mekong-Region", sagte er. Da viele der Arten bereits durch menschliche Aktivitäten vom Aussterben bedroht sind, fordert der WWF die Regierungen der Region auf, den Schutz dieser seltenen Lebewesen und ihrer Lebensräume zu verstärken.
Die Tier- und Pflanzenwelt der Greater Mekong Region stehe durch Lebensraumverlust und -verschlechterung, illegalen Wildtierhandel, Klimawandel, Verschmutzung und invasive Arten unter starkem Druck. Die Region um den mächtigen Fluss Mekong umfasst die Länder Kambodscha, Laos, Myanmar, Thailand und Vietnam.
- asiapacific.panda.org: "New species discoveries in the Greater Mekong 2023" (Englisch)
- zoores.ac.cn: "Hiding on jagged karst pinnacles: A new microendemic genus and species of a limestone-dwelling agamid lizard" (Englisch)
- Mit Material der Nachrichtenagentur dpa