Schnellere Abschüsse Schutzstatus von Wölfen wird gesenkt
Der Europarat macht den Weg frei für einen schwächeren Schutz von Wölfen.
Ein Ausschuss des Europarates hat einem Antrag der EU-Staaten zugestimmt, den Schutzstatus von Wölfen zu senken. Am Dienstag setzten die Unterzeichnerländer der sogenannten Berner Konvention des Europarates den Schutzstatus mit der nötigen Zweidrittelmehrheit von "streng geschützt" auf "geschützt" herab.
Die Berner Konvention ist ein Naturschutzabkommen des von der EU unabhängigen Europarats. Dem Rat gehören 50 Staaten an, darunter alle Länder der EU, aber auch etwa Großbritannien oder die Türkei.
Hintergrund des Antrags ist, dass sich nach EU-Angaben die Zahl der Wölfe in Europa innerhalb von zehn Jahren fast verdoppelt hat. Die Zahl der in der EU vom Wolf getöteten Nutztiere, meist Schafe und Ziegen, wird auf mindestens 65.500 pro Jahr geschätzt.
Bislang dürfen Wölfe in der EU nur abgeschossen werden, wenn sie eine Gefahr für Menschen und Weidetiere darstellen. Die Hürden für eine Abschussgenehmigung sind in der Praxis hoch, häufig müssen die Ergebnisse einer DNA-Analyse abgewartet werden. Mit dem neuen Schutzstatus soll ein sogenanntes Bestandsmanagement die bisher geltende Ausnahme- und Einzelfallregelungen ablösen.
Bevor der neue Schutzstatus in Deutschland gelten kann, muss nun allerdings noch das EU-Recht geändert werden. Die Änderung tritt drei Monate nach ihrer Annahme in Kraft, sofern nicht ein Drittel der Vertragsparteien Einspruch erhebt. Anschließend kann die EU-Kommission einen Vorschlag zur Änderung des Schutzstatus des Wolfs im EU-Recht vorlegen. Dieser Vorschlag braucht nochmals eine Mehrheit unter den EU-Staaten und eine Mehrheit im Europaparlament. Änderungen an dem Vorhaben sind noch möglich.
Tierschützer kritisieren Änderung
Tierschützer hatten vor einer Änderung der Berner Konvention gewarnt. WWF-Artenschutzexperte Christian Pichler sprach von einer "Aufweichung mit weitreichenden Konsequenzen für andere gefährdete Arten und den gesamten Naturschutz der EU". Der Vorschlag der EU-Staaten zur Schutzstatus-Senkung sei wissenschaftlich nicht gedeckt.
"Als heimische Wildtiere und Beutegreifer sind Wölfe ein natürlicher Beitrag zur Artenvielfalt", erklärte er weiter. "Sie verhindern die Ausbreitung von Krankheiten und stärken im Idealfall auch die wichtigen Schutzwälder, weil sie zu hohe Wildbestände reduzieren können."
So wächst die Wolfspopulation in Deutschland
Jüngsten Zahlen des Bundesamtes für Naturschutz zufolge gibt es mittlerweile 209 Wolfsrudel in Deutschland. Die meisten davon wurden in Brandenburg registriert, wo es 58 Rudel gibt. Es folgen Niedersachsen mit 48 und Sachsen mit 37 Rudeln. Zudem wurden 46 Wolfspaare sowie 19 sesshafte Einzelwölfe bestätigt.
Im aktuellen Monitoring-Jahr, das vom 1. Mai 2023 bis zum 30. April 2024 dauerte, wurden insgesamt 1.601 individuelle Wölfe nachgewiesen. Im Vorjahr lag die Gesamtzahl bei 1.339 Tieren.
Die meisten Wölfe sterben bei Unfällen
Gleichzeitig wurden 193 tote Wölfe registriert. 150 Tiere starben bei Verkehrsunfällen, fünf wurden legal getötet, 13 illegal. Nur in elf Fällen war die Todesursache natürlichen Ursprungs, wie das Bundesamt mitteilte. In weiteren Fällen konnte keine eindeutige Todesursache festgestellt werden.
Unterdessen zählte die Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes zum Thema Wolf (DBBW) im Jahr 2023 1.268 Wolfsangriffe auf Nutztiere. Mehr als 5.000 Tiere wurden dabei verletzt, getötet oder fortgeschleppt, die meisten von ihnen waren Schafe. Dafür erhielten Weidetierhalter im Laufe des vergangenen Jahres insgesamt 630.000 Euro an Ausgleichszahlungen, wenn sie ein Mindestmaß an Schutz für ihre Tiere nachweisen konnten. Im gleichen Zeitraum förderten Bund und Länder Schutzmaßnahmen wie zum Beispiel Elektrozäune mit mehr als 21 Millionen Euro.
- Mit Material der Nachrichtenagenturen dpa und AFP
- wwf.at: "Berner Konvention: WWF warnt vor Schutzstatus-Senkung beim Wolf"