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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Staat lässt Kranke allein Der einsame Kampf der HIV-Geächteten in Russland
Russland erschwerte vor über 20 Jahren den Verkauf von Nadeln für HIV-Infizierte. Auch deshalb breitete sich die Krankheit aus – und Menschen wie Alexei Trutnev leiden bis heute darunter.
Hätten die Ärzte recht behalten, würde Alexei Trutnev an diesem grauen Septembermorgen nicht in seinem Büro sitzen. Dann hätte das Virus sein Immunsystem zerstört, langsam, aber stetig, bis der Körper sich nicht mehr hätte wehren können, ihn vielleicht ein Tumor gelähmt oder Tuberkulose seine Lunge zerfressen hätte.
Hätten die Ärzte recht behalten, wäre Alexei schon 2001 gestorben, und alles, was von ihm geblieben wäre, wäre eine Ziffer in der Aidsstatistik von Irkutsk: Nummer 130. Doch Alexei starb nicht. "Ich hatte einfach Glück damals", sagt er heute, gut 17 Jahre nach seinem prognostizierten Tod, und lehnt sich mit verschränkten Armen auf seinem Bürostuhl zurück.
Ein Mensch, der dem Tod ins Gesicht geschaut hat
Er sagt das mit dem trotzigen, fast gelangweilten Blick eines Menschen, der dem Tod ins Gesicht geschaut hat und den nichts mehr erschüttern kann.
1999, als Alexei einen Entzug von zehn Jahren Heroinsucht machen wollte, wurde bei ihm HIV diagnostiziert. Nach all den Nadeln, die er mit den anderen geteilt hatte, war das keine Überraschung.
Als die Ärzte ihm noch zwei Jahre zu leben gaben, dachte er sich: jetzt erst recht. Ich sterbe sowieso, ob in ein oder zwei Jahren. Also machte Alexei so weiter wie die zehn Jahre davor. Mit jedem weiteren Schuss Heroin sank auch seine Angst vor dem Tod.
Jahre später die Zweifel: Haben die Ärzte sich geirrt?
Erst drei Jahre später begann er zu zweifeln: Vielleicht ist ja doch noch nicht alles entschieden, vielleicht haben sich die Ärzte geirrt. Er wollte es doch noch einmal mit einem Entzug probieren. 2003 wurde Alexei als einer der Ersten in ein Rehabilitierungsprogramm des Roten Kreuzes aufgenommen und begann mit einer HIV-Behandlung. Es war seine Rettung.
Heute ist Alexei 45 Jahre alt, verheiratet und hat zwei Kinder, die ohne HIV geboren wurden. Seine fast jugendlichen Gesichtszüge verraten wenig über die Vergangenheit. Nur das kurz geschorene graue Haar scheint schneller gealtert zu sein als der Rest. "Ich will meine Erfahrung mit anderen teilen", sagt er. "Vielleicht nimmt sich jemand ein Beispiel. Vielleicht überlebt der eine oder andere."
Mattes Licht fällt in den kargen Raum mit den blassen pinken Wänden und der spartanischen Einrichtung. Ein Schrank, ein Wasserspender, zwei Zimmerpflanzen, in einer Ecke stapeln sich Kartons mit Konserven und Kondompackungen.
"Navigator" als Rettungsanker für HIV-Infizierte
Auf einer ockerfarbenen Holzverkleidung klebt ein Plakat der Anonymen Drogenabhängigen, davor liegen einige Broschüren. Seit 2015 leitet Alexei eine Hilfsorganisation für HIV-Prävention mit dem Namen Navigator. Sie ist die einzige Organisation in Irkutsk, der 600 000-Einwohner-Stadt am Baikalsee im Südosten Russlands, von der Drogenabhängige, Obdachlose und Prostituierte Hilfe erwarten können – und andere, die am Rande der Gesellschaft stehen.
Hier bekommen sie kostenlos ärztliche Beratung, saubere Spritzen und Kondome. Die meisten kommen, weil ihnen jemand zuhört. Und weil sie wissen, dass sie auf Verständnis stoßen.
In Russland leben nach Angaben der Vereinten Nationen mindestens 1,2 Millionen Menschen mit einer bestätigten HIV-Diagnose. Manche Experten gehen jedoch von deutlich mehr aus – und das bei einer Gesamtbevölkerung von 144,5 Millionen. Bei UNAIDS, dem UN-Programm gegen die Ausbreitung von HIV und Aids, spricht man von einer Epidemie, wenn mindestens ein Prozent der Bevölkerung von einer ansteckenden Krankheit befallen ist, also mindestens jeder Hundertste.
"Komm, gib mir noch ein paar mehr Spritzen"
Hier, in Irkutsk im Süden Sibiriens, einem Verwaltungsbezirk mit einer Fläche mehr als doppelt so groß wie die Deutschlands, aber nur knapp 2,4 Millionen Einwohnern, steckt das Virus sogar in jedem Fünfzigsten. An kaum einem anderen Ort in Russland ist die Zahl höher.
"Komm, gib mir noch ein paar mehr Spritzen, Lesha!" Anna (Name geändert) beugt sich über den Tresen, hinter dem Alexei vor einem Laptop sitzt, und zeigt auf die weißen Packungen. Ihre aufgequollenen Augen wirken abwesend. Unruhig tritt sie von einem Bein auf das andere. "Komm schon, biiiitte." – "Trag dich erst mal hier ein." Alexei drückt ihr eine Liste in die Hand, auf der sich die Klienten anonym registrieren müssen.
Die 35-jährige Drogenabhängige kommt fast jede Woche hierher. Seit sie achtzehn ist, nehme sie Opium, Heroin, Amphetamine, sagt sie, was sie so bekommen kann. An ihrem rechten Unterarm verlaufen Hunderte schmaler Narben.
Vielen fehlt die Disziplin, Tabletten nach Plan zu nehmen
Sie nennt sie "dorogi", Straßen. 2002 kam die Diagnose: Hepatitis C und HIV. Anna machte weiter mit den Drogen, aber ihr Gesundheitszustand wurde zunehmend schlechter. Als sie vor einigen Jahren das erste Mal zur Hilfsorganisation Navigator kam, wog sie 38 Kilogramm und kam kaum noch die Treppe hinauf. Alexei und seine Mitarbeiter halfen ihr, die nötigen Dokumente und einen Therapieplatz am Aidscenter zu bekommen.
Theoretisch hat dort jeder, der noch weniger als 350 Immunzellen pro Mikroliter Blut hat, sogenannte CD4-Zellen, einen Anspruch auf kostenlose Behandlung. Doch vielen fehlt die Disziplin, dorthin zu gehen, regelmäßig zum Check zu kommen und Tabletten nach Plan zu nehmen.
Deswegen sind auch nur wenige Drogenabhängige oder Obdachlose unter den Patienten. "Wir versuchen, sie zu einer Therapie zu überreden", sagt Alexei, "aber die meisten lassen sich erst darauf ein, wenn sie wieder einen Sinn sehen – oder wenn sie schon krank sind."
Eine Handvoll verpackter Spritzen für Anna
Auch Anna. Alexei reicht ihr eine Handvoll verpackter Spritzen, zwei Konserven und feuchte Tücher. Früher habe sie sich bis zu dreimal am Tag gespritzt, jetzt noch zweimal die Woche, erzählt Anna: "Ich kann nicht ohne." Bei der Arbeit, abends, wenn sie Fenster putzt, sei sie abgelenkt. Aber am Wochenende brauche sie es.
In den 90ern nahm der Drogenhandel nach Sibirien stark zu. Die Sowjetunion war bereits Geschichte und die Zukunft nicht mehr als ein weiterer Tag in Ungewissheit. Die alte Ordnung war zusammengebrochen, aber es gab keine neue. Plötzlich hatten die mit den dicksten Geldbeuteln das Sagen. Gangs kontrollierten die Geschäfte und die Grenzen.
Aus Tadschikistan und Afghanistan kam zunächst Opium, dann Heroin nach Irkutsk, ein Container nach dem anderen. In der Stadt am Baikalsee wurde das Rauschgift verladen und weitertransportiert, aber längst nicht alles. "Damals hat man den Stoff an jeder Ecke bekommen", erzählt Alexei.
Behörden erschwerten den Verkauf von Nadeln
Statt aufzuklären, versuchten die Behörden, das Drogenproblem restriktiv in den Griff zu bekommen. Sie erschwerten den Verkauf von Nadeln. Doch damit beschleunigten sie nur die Ausbreitung von HIV. 1998 registrierten die russischen Behörden im Bezirk Irkutsk 23 Personen mit dem Virus, im Jahr darauf waren es bereits 3248. Alexei war einer der Ersten, Nummer 130. Heute ist er einer der wenigen, die noch am Leben sind.
"Fast jeder hatte HIV, auch wenn viele es nicht wussten", sagt er. Die Behörden versuchten, das Ausmaß zu vertuschen. Das Virus verbreitete sich weiter. Im Jahr 2000 wurden in der gesamten Region 4685 Neuinfizierungen gezählt. Die Ärzte riefen den Notstand aus.
Jeden Tag infizieren sich 270 Menschen neu mit dem Virus
Bis heute kämpft Russland mit den Folgen. Zuletzt hat sich die Situation sogar verschlechtert. Die UN warnten mehrmals vor einer unkontrollierten Ausbreitung. In den vergangenen Jahren stiegen Neuinfektionen um jeweils 10 bis 15 Prozent.
Jeden Tag würden sich durchschnittlich mehr als 270 Menschen mit dem Virus infizieren. Damit zähle Russland 2017 zu den Ländern mit den meisten HIV-Neuinfektionen weltweit. Nur in Südafrika und Nigeria schätzten die UN die Zahl höher ein. Doch anders als in Russland sind dort die Zahlen rückläufig.
Weniger als die Hälfte aller Menschen mit HIV in Russland werden behandelt. Dabei fehlt es nicht an Möglichkeiten, sondern laut UNAIDS vor allem am politischen Willen.
Russische Regierung will auch beim Thema HIV die Deutungshoheit
"Wenn die Regierung das Problem lösen wollte, hätte sie es längst tun können", glaubt Alexei. "Aber wenn sie akzeptieren würde, dass es ein HIV-Problem gibt, dann müsste sie auch zugeben, dass es kein funktionierendes Gesundheitssystem gibt und keine gute medizinische Versorgung. Dann muss sie die weit verbreitete Homophobie zugeben und Verstöße gegen die Menschenrechte."
Stattdessen kämpft die Regierung auch beim Thema HIV um die Deutungshoheit im eigenen Land. Sie führt einen Informationskrieg, der sich auch gegen den Westen richtet. Seitdem das Gesetz über ausländische Agenten 2012 in Kraft getreten ist, haben fast alle ausländischen Gesundheitsorganisationen das Land verlassen.
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Auch nationalen Organisationen fehlt das Geld, weil sie auf staatliche Finanzierung angewiesen sind. Für Navigator ist das ein Desaster. Damit sich Alexei die Arbeit bei Navigator leisten kann, macht er verschiedene kleine Jobs. Ab und zu fährt er nachts Taxi. Er sagt:
"Ich kann diesen Ort einfach nicht aufgeben."
Alle Schichten der russischen Gesellschaft sind betroffen
Ende September 2018 lief die Finanzierung durch den Global Fund aus. Nationale Gelder für Nadelaustauschprogramme gibt es nicht. Zum Glück sagte im November die Elton-John-Stiftung für weitere zwei Jahre ihre Unterstützung zu.
Das HIV-Problem betrifft inzwischen alle Schichten der russischen Gesellschaft. Am meisten trifft es 30- bis 39-Jährige. Auch Elena*. Die zierliche 35-Jährige blickt mit versteinerter Miene im Saal 402 eines Bezirksgerichts im Osten Irkutsks zum Angeklagten am Tisch neben ihr, einem Mann in hellblauem Hemd und Jeans, knapp einen Meter entfernt. Elena hat die Hände zusammengefaltet, als würde sie beten. Ihr Bruder vertritt sie als Anwalt.
Der Mann, den Elena für das größte Unglück ihres Lebens verantwortlich macht, soll hier Gosia* heißen. Sie sagt: "Ich will ihn hinter Gittern sehen." Warum sollte er eine Strafe auf Bewährung bekommen, fragt sie: für die Zeit, die sie im Krankenhaus verbracht hat, für die Pillen, die sie schluckt.
Das ist keine Krankheit auf Bewährung. "Er lebt dasselbe Leben wie bisher", sagt sie, "ich will, dass er endlich sieht, dass seine Taten Konsequenzen haben."
Fünf Jahre Haft für absichtliche Ansteckung mit HIV
Elena beschuldigt ihren ehemaligen Liebhaber und Partner Gosia, sie absichtlich mit HIV infiziert zu haben. Dafür drohen ihm in Russland bis zu fünf Jahre Haft. 2017 wurden landesweit insgesamt 56 Personen verurteilt, 21 davon zu einer Haftstrafe. Er verneint die Vorwürfe und behauptet, er habe nie Geschlechtsverkehr mit Elena gehabt.
Im Oktober 2016 hatte die Polizei Elenas Anzeige wegen mangelnder Beweise noch abgelehnt. Die Beamten hätten sie nach Bildern und Videos gefragt, die beweisen, dass sie und Gosia miteinander geschlafen haben, sagt sie. "Oder gibt es vielleicht Zeugen?", hätten sie gefragt und gelacht. Beim zweiten Mal habe sie den Ermittler gefragt, was sie noch machen könne. Er habe nur geantwortet: "Das ist egal. Trink ein Bier und entspann dich."
Ein halbes Jahr später wurden die Ermittlungen doch aufgenommen. Inzwischen ist es bereits der achte Gerichtstermin. Doch das Urteil wird auch an diesem Tag verschoben. "Ich will nur, dass es vorbei ist", sagt Elena.
Elena verliebte sich in eine Internetbekanntschaft
So geht ihre Version über das, was sich zwischen ihr und Gosia ereignete: Sie hatte Gosia vor drei Jahren über das Internet kennengelernt. Elena war damals Regionalmanagerin einer größeren Baufirma und viel unterwegs. Im Januar 2016 trafen sich die beiden das erste Mal.
Sie sagt über den Mann von damals, er sei freundlich gewesen, schlau und gut aussehend. Heute sagt sie: "Ich habe mich getäuscht, ich kannte den richtigen Menschen nie." Sie verbrachten Abende miteinander, kochten, lernten Englisch. Elena wollte längst eine Familie gründen.
Auch Gosia habe viel über Kinder gesprochen. Außerdem hat er einen dreijährigen Sohn aus seiner vorigen Beziehung. Elena sagt: "Wir waren so eng, da war mehr als Liebe." Als Gosia sie fragte, ob sie bei ihm einziehen wolle, stimmte sie zu. Heute sagt sie: "Er hat meinen Wunsch, eine Familie zu haben, ausgenutzt."
"Ich will nicht, dass du meinen Sohn ansteckst"
Zwei Wochen nachdem Elena bei ihm eingezogen war, wurde sie plötzlich krank. Kopfweh, Fieber, sie fühlte sich kraftlos. Er ging mit ihr zur Apotheke, von da an ignorierte er sie nur noch. Am fünften Tag schmiss er sie aus der Wohnung. "Geh nach Hause! Ich will nicht, dass du meinen Sohn ansteckst", habe er geschrien. Das nächste Mal sahen sich die beiden über ein halbes Jahr später auf einem Polizeirevier.
Im Krankenhaus wurden bei Elena Meningitis und HIV diagnostiziert. Die Ärzte sagten ihr, sie sei in der akuten Phase und vor maximal eineinhalb Monaten infiziert worden. Elena glaubte zunächst nicht an die Diagnose. Sie versuchte, Gosia zu erreichen, doch er reagierte nicht auf ihre Anrufe und Nachrichten.
"Ich habe mich wie die einsamste Person auf der Welt gefühlt", sagt Elena. Erst einige Tage später rief sie ihren Bruder an und erzählte ihm von ihrem Schicksal. Er habe zwei Wochen lang nur geschrien, dann zugestimmt, sie bei ihrer Klage zu unterstützen.
Jeder Mensch ist für seine Gesundheit selbst verantwortlich
Inzwischen steht fest, dass Gosia seit 1999 am Aidscenter in Irkutsk registriert war. Die Zeitspanne der Infektion und ein Attest des Aidscenters, das zeigt, dass Elenas und Gosias Viren zu 95 Prozent übereinstimmen, sprechen dafür, dass er sie tatsächlich mit dem Virus infiziert hat.
Das Humane Immundefizienz-Virus schädigt die Abwehrkräfte des menschlichen Körpers. Übertragungswege sind häufig Nadeln (bei Drogenkonsum) und ungeschützter Sex; Kondome bieten guten Schutz. Medikamente ermöglichen, mit HIV zu leben. Weltweit steigt die Zahl der Neuinfektionen nur in wenigen Ländern so sehr wie in Russland. UNAIDS sieht politisches Versagen als Ursache. Statt HIV-Programme zu fördern und Menschen zu ermutigen, sich testen zu lassen, würden Überträger des Virus kriminalisiert. In Deutschland haben die Aufklärungsbemühungen nachgelassen. Die Infektionsrate war in den 90ern niedriger als heute.
Elenas Fall hat sich in Irkutsk herumgesprochen. Auch Alexei Trutnev von der Hilfsorganisation Navigator kennt sie. Obwohl er Elena unterstützt, tut er sich schwer mit solchen Verfahren. "Sie führen zu noch mehr Stigmatisierung", sagt er. Jeder Mensch sei für seine Gesundheit selbst verantwortlich. Nicht in allen Fällen sei eindeutig nachweisbar, wer der Verursacher sei. Wer Menschen mit HIV zu Tätern erkläre, dränge sie noch mehr in eine Ecke.
Auch Elena weiß jetzt, was es heißt, stigmatisiert zu sein. Seit der Diagnose war sie in keiner längeren Beziehung mehr. "Ich habe nette Männer kennengelernt, aber sobald ich von meinem Status erzähle, rennen sie davon." Seitdem trifft sie nur noch Männer, die auch HIV-positiv sind. Ihr Vertrauen in andere ist gebrochen. Das Verfahren sei für sie der einzige Weg, die Sache mit Gosia abzuschließen.
"Der Status ist wichtig, das Leben wichtiger"
Zwei Tage nach dem Verhandlungstermin lauscht Elena zwischen knapp 100 Zuschauern einer Coverband auf einer Bühne im Zentrum von Irkutsk. Sie hüllt sich tief in ihren grauen Mantel. Schneeflocken fallen vom Himmel, eine Drohne zieht ihre Kreise. Vor einem mobilen HIV-Testcenter am Straßenrand werden kostenlos Kondome verteilt. Ein Spendenkonzert mit dem Motto "Der Status ist wichtig, das Leben wichtiger", organisiert vom örtlichen Aidscenter.
Seit ein paar Jahren versucht der neue Pressesprecher, das Image der Institution aufzupolieren. 2017 wurde das Center zum besten Russlands gewählt. Die Chefärztin betritt die Bühne und verkündet voller Freude, dass von über 100 getesteten Personen an diesem Abend keine einzige HIV-positiv war. Ein Erfolg für einen Bezirk mit 3414 bestätigten Neuinfektionen im vergangenen Jahr, erstmals weniger als in den Jahren zuvor.
Elena lächelt, hört aber nur mit einem Ohr zu. Sie hat selbst mal am Aidscenter gearbeitet und weiß aus eigener Erfahrung, dass vieles schöngeredet wird. Und trotzdem unterstützt sie die Aktion und viele andere Initiativen. „Unsere Zukunft wird eine Zukunft in Freiheit sein“, die Parole der Chefärztin tönt über den kleinen Platz und verhallt sofort wieder.
Gosia, Elenas Expartner, wird etwas später zu zweieinhalb Jahren Strafkolonie verurteilt – eine abgeschwächte Haftstrafe mit Wochenendausgang. "Ich hätte mir mehr gewünscht", schreibt Elena. Gosia und sein Anwalt haben Berufung gegen das Urteil eingelegt.
coremedia:///cap/blob/content/83853064#dataDiese Geschichte erscheint in Kooperation mit dem Magazin "chrismon". Die Zeitschrift der evangelischen Kirche liegt jeden Monat mit 1,6 Millionen Exemplaren in großen Tages- und Wochenzeitungen bei – unter anderem "Süddeutsche Zeitung", "Die Zeit", "Die Welt", "Welt kompakt", "Welt am Sonntag" (Norddeutschland), "FAZ" (Frankfurt, Rhein-Main), "Leipziger Volkszeitung" und "Dresdner Neueste Nachrichten". Die erweiterte Ausgabe "chrismon plus" ist im Abonnement sowie im Bahnhofs- und Flughafenbuchhandel erhältlich. Mehr auf: chrismon.de
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