Zwei Verdächtige festgenommen Ermittlungen nach tödlichen Schüssen – viele Fragen offen
Bei einer Verkehrskontrolle fallen plötzlich Schüsse. Zwei Polizisten sterben, sie können kurz zuvor noch einen Notruf absetzen. Die Ermittler gehen auch der Frage nach, ob totes Wild in dem Fall eine Rolle spielt.
Die Ermittlungen laufen auf Hochtouren: Im Fall der tödlichen Schüsse auf zwei Polizisten in der Pfalz sind trotz zweier Festnahmen noch viele Fragen offen. Die Fahndungsmaßnahmen werden fortgesetzt, weil nach Polizeiangaben nicht ausgeschlossen werden kann, dass es weitere Mittäter gibt. Am Dienstag wollen sich die Ermittler in Kaiserslautern zum aktuellen Stand äußern. Parallel entspinnt sich eine Debatte über Sicherheit und Risiken des Polizeiberufs.
Der öffentlich gesuchte Verdächtige hatte sich am Montag der Polizei gestellt. Der 38-Jährige aus dem saarländischen Kreis Neunkirchen wurde rund 13 Stunden nach der brutalen Bluttat vor einem Haus im saarländischen Sulzbach von Spezialkräften der Polizei festgenommen, wie ein Polizeisprecher in Kaiserslautern berichtete. Zuvor habe sich der Verdächtige über eine Anwältin bei der Polizei gemeldet.
In dem Haus in einem Wohngebiet sei kurze Zeit später ein 32 Jahre alter zweiter Verdächtiger widerstandslos festgenommen worden. In welchem Zusammenhang er zu den tödlichen Schüssen auf die 24 Jahre alte Polizeianwärterin und den 29 Jahre alten Oberkommissar stehe, müssten die Ermittlungen ergeben. Beide Männer seien Deutsche und hätten sich zunächst nicht zur Sache geäußert. Der 38-Jährige sollte am Dienstag dem Haftrichter vorgeführt werden.
Bei den Festgenommenen handelt es sich um zwei Männer, die ersten Erkenntnissen zufolge befreundet sind, sagte ein Sprecher des Landespolizeipräsidiums Saarland am Abend zu AFP. Bei Durchsuchungen seien unter anderem Waffen sichergestellt worden. In welchem Zusammenhang diese mit der Tat stehen, sei aber noch nicht sicher.
Lesen Sie hier, was über den Tatverdächtigen bislang bekannt ist.
Nach dem Wildhändler aus dem Kreis Neunkirchen hatte die Polizei zuvor öffentlich gefahndet. Nach dpa-Informationen hatten die Ermittler am Tatort Papiere des Verdächtigen gefunden. Der Mann war der Polizei nach Angaben aus Sicherheitskreisen in der Vergangenheit wegen Unfallflucht aufgefallen und soll eine Waffenerlaubnis haben.
Schockierende Ereignisse
Die Polizeianwärterin, die an der Hochschule der Polizei Rheinland-Pfalz im Hunsrück studiert hat, und der Oberkommissar waren am frühen Morgen gegen 4.20 Uhr bei einer Verkehrskontrolle an einer Kreisstraße in der Pfalz erschossen worden. Die Zivilstreife hatte nach Angaben aus Sicherheitskreisen zuvor per Funk gemeldet, in einem Fahrzeug sei totes Wild gefunden worden. Später meldeten sie: "Die schießen".
Der Polizist soll am Tatort noch mehrere Schüsse abgegeben haben. Ob es Warnschüsse waren oder der Beamte einen Tatverdächtigen verletzte, war zunächst noch unklar. Die beiden festgenommenen Männer seien nach ersten Erkenntnissen unverletzt gewesen, berichte die Polizei im Saarland.
Die Waffe der jungen Polizistin wurde offensichtlich nicht eingesetzt, ihre Pistole steckte noch im Holster. Die 24-Jährige war nach Polizeiangaben sofort tot. Der 29 Jahre alte Beamte aus Kusel habe zunächst noch gelebt, sei aber gestorben, als die Rettungskräfte eintrafen, berichtete ein Polizeisprecher. "Er war ein absolut Guter", sagte ein Kollege traurig. Beide Opfer stammten wie die beiden Tatverdächtigen aus dem Saarland.
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Polizist feuerte Schüsse ab
Die beiden Polizisten waren als Zivilstreife auf einer Routinefahrt unterwegs, trugen aber Uniformen und Sicherheitswesten, wie eine Sprecherin der Polizei Kaiserslautern sagte. Die tödlichen Schüsse fielen im Dunklen an der Kreisstraße 22 in Ulmet im Kreis Kusel in der Westpfalz. Nach dem, was zunächst über den Hergang bekannt wurde, waren die Beamten wohl schon näher an das Fahrzeug herangetreten und hatten mit der Kontrolle begonnen, als geschossen wurde.
Dass die beiden Polizisten mit Kopfschüssen getötet wurden, bestätigte die Polizei zunächst nicht. Die Schutzwesten reichten aber von der Hüfte bis zum Hals, insofern ist dies wahrscheinlich. Die Polizei ging davon aus, dass eine Obduktion angeordnet wird. Wie viele Schüsse insgesamt abgegeben wurden, war zunächst unklar.
"Es erinnert an eine Hinrichtung"
Politiker aller Couleur zeigten sich erschüttert. "Unabhängig davon, welches Motiv der Tat zugrunde liegt: Diese Tat erinnert an eine Hinrichtung, und sie zeigt, dass Polizistinnen und Polizisten jeden Tag ihr Leben für unsere Sicherheit riskieren", sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD). Auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) äußerte sich am Abend auf Twitter: "Was in Kusel passiert ist, bedrückt mich sehr", schrieb er.
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Der Präsident des Bundeskriminalamtes (BKA), Holger Münch, zeigte sich bestürzt und fassungslos. "Es ist unbegreiflich, wenn Polizistinnen oder Polizisten bei der Erfüllung ihrer Aufgabe, die Bevölkerung vor Gefahren zu schützen, zum Angriffsziel werden und ihr Leben verlieren", sagte Münch dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Seine Gedanken seien bei den Angehörigen der Opfer sowie den Kolleginnen und Kollegen vor Ort. Das BKA werde bei der Aufklärung der Tat "seine volle Unterstützung" leisten, sagte Münch.
Risiken des Polizeiberufs geraten in den Fokus
Auch Innenpolitiker mehrerer Parteien auf Bundesebene rückten die Risiken des Polizeiberufs in den Fokus. So sagte der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Sebastian Hartmann, der "Bild"-Zeitung: "Brutal zeigt sich die Gefährlichkeit des Polizeiberufs. Die Tat ist restlos aufzuklären, auch mit Blick auf den besten Schutz von Polizeibeamten."
Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer zeigte sich "zutiefst schockiert" über die tödlichen Schüsse. "Unsere Gedanken sind bei den Angehörigen", hieß es in einer Mitteilung der SPD-Politikerin in Mainz. Die Ministerpräsidentin ordnete Trauerbeflaggung im Land an. Für alle Streifenwagen des Landes ist Trauerflor vorgesehen. Auch andere Bundesländer folgten diesem Schritt für ihre Polizisten.
Die beiden getöteten Beamten stammten ursprünglich aus dem Saarland. Auch dort sind Trauer und Entsetzen groß.
Ein Polizeisprecher aus Trier berichtete am Montagabend, bei Protestveranstaltungen gegen die Corona-Maßnahmen hätten einige Teilnehmer den Polizisten kondoliert. Kerzen seien zum Gedenken an die beiden toten Beamten entzündet worden. Auch ein Sprecher des Polizeipräsidiums Kaiserslautern sagte, es habe bei einigen der Veranstaltungen Solidaritätsbekundungen für die Polizei gegeben.
- Nachrichtenagenturen dpa und AFP