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Nach tödlichen Schüssen in Kusel: Warum Polizisten ins Visier geraten


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Tödliche Angriffe
Die Motive der Polizistenmörder


Aktualisiert am 01.02.2022Lesedauer: 4 Min.
Die Wohnung eines Reichsbürgers aus Georgensgmünd: Bei der Durchsuchung der Wohnung eröffnete der Mann das Feuer auf die Polizisten und verletzte einen Beamten tödlich.Vergrößern des Bildes
Die Wohnung eines Reichsbürgers aus Georgensgmünd: Bei der Durchsuchung der Wohnung eröffnete der Mann das Feuer auf die Polizisten und verletzte einen Beamten tödlich. (Quelle: dpa)
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Immer wieder werden Polizisten im Dienst getötet. Sie sterben in brenzligen Einsätzen – oder werden ganz gezielt von Extremisten ins Visier genommen. Ein Überblick über aktuelle und vergangene Fälle.

Am frühen Montagmorgen um etwa 4.20 Uhr kommt es auf der Kreisstraße 22 im Landkreis Kusel in Rheinland-Pfalz zu tödlichen Schüssen: Bei einer Polizeikontrolle eröffnen Täter das Feuer auf zwei Polizisten. Eine 24-jährige Beamtin, wohl noch Studentin an der Polizeiakademie, und ein 29-jähriger Beamter sterben. Die genauen Hintergründe der Tat sind noch unklar. Zwei Tatverdächtige wurden festgenommen.

Vorfälle wie der in Kusel sind ein Schock, da sie in Deutschland verhältnismäßig selten vorkommen. Doch auch hier sterben immer wieder Polizisten im Dienst. Manchmal erregen die Fälle große Aufmerksamkeit, manchmal erfahren die Beamten aber auch kaum Solidarität. Ein Überblick:

Reichsbürger: "Ein paar von denen nehme ich mit"

Im April 2020 wird ein 28-jähriger Polizist bei einer Hausdurchsuchung in Gelsenkirchen erschossen. Hintergrund sind Drogenermittlungen. Der Täter ist ein Drogendealer, der laut Ermittlern mit der Reichsbürger-Szene sympathisiert – und demnach schon länger einen Polizistenmord plant. Er wird zu lebenslanger Haft verurteilt. "Sie sind ein Polizistenhasser und wollten einen Polizisten töten", urteilt der Richter im Dezember 2020.

Vier Jahre zuvor eröffnet ein Reichsbürger in Georgensgmünd in Bayern das Feuer, als Polizisten sein Haus durchsuchen und Waffen beschlagnahmen wollen. Ein Beamter des Sondereinsatzkommandos (SEK) stirbt, zwei weitere werden verletzt. Das Gericht verurteilt den Mann zu lebenslanger Haft. Als zentral wird dabei vor allem eine Zeugenaussage gewertet, der zufolge der Täter vier Tage vor der Schießerei in einem FKK-Klub erzählte, er rechne mit einem Einsatz von Polizei und SEK. "Ein paar von denen nehme ich mit", kündigte der Mann demnach an. Der Fall führte zu einem Umdenken im Umgang mit der Reichsbürger-Szene, die zuvor häufig als absurd, aber weniger als gewaltbereit eingestuft wurde.

Kopfschuss durch den NSU

Zu großer Bekanntheit gelangte auch der Polizistenmord von Heilbronn: Am 25. April 2007 machen die 22-jährige Polizistin Michèle Kiesewetter und ihr 24-jähriger Kollege Martin A. eine Mittagspause am Rande der Theresienwiese in Heilbronn. Sie sitzen bei geöffneter Tür in ihrem Dienstwagen, als sich die Attentäter von hinten nähern und ihnen in den Kopf schießen. Kiesewetter ist sofort tot, ihr Kollege überlebt schwer verletzt. Lange liegt er im Koma. Am Ende langwieriger Ermittlungen kann der Mord schließlich dem Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) zugeordnet werden. Neben den Tatwaffen werden auch die gestohlenen Dienstwaffen der Polizisten und eine Jogginghose mit dem Blut von Kiesewetter im Besitz der NSU-Terroristen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt gefunden.

Nicht alle getöteten Polizisten der Bundesrepublik müssen jedoch aus politischen Gründen sterben. So wie im März 2010 im rheinland-pfälzischen Anhausen: Die Polizei will in die Wohnung eines Mitglieds der "Hells Angels" eindringen. Der Rocker feuert durch die geschlossene Tür. Ein Beamter stirbt.

Verfolgungsjagd endet im Kugelhagel

In Augsburg endet eine Verfolgungsjagd am 28. Oktober 2011 tödlich: Der 41-jährige Polizeibeamte Mathias Vieth und seine Streifenkollegin kontrollieren ein Auto auf einem Parkplatz. Im Auto sitzen Rudolf R. und Raimund M. Die Beamten überraschen die beiden Brüder wohl bei der Vorbereitung eines Raubüberfalls. Es folgt eine wilde Verfolgungsjagd im Augsburger Stadtwald, in deren Verlauf die flüchtenden Brüder mit Schnellfeuergewehren auf die Polizisten schießen.

Während seine Kollegin angeschossen überlebt, wird Vieth tödlich getroffen. Erst zwei Monate später können die Täter gefasst werden. Einer von ihnen hat bereits im Jahr 1975 als junger Mann einen Polizeibeamten getötet.

Polizisten-Killer RAF: zehn tote Beamte

Für gleich mehrere tote Polizisten sorgt die terroristische Vereinigung "Rote Armee Fraktion" (RAF). In den 1970er-Jahren töten Anhänger der linksextremistischen Organisation insgesamt neun Polizeibeamte. So wird unter anderem der Zivilfahnder Norbert Schmid am 22. Oktober 1971 während einer Personenkontrolle an der Hamburger S-Bahnstation Poppenbüttel von zwei RAF-Mitgliedern erschossen und so zum ersten Opfer der Terroristen.

Ob bei Personenkontrollen wie dieser, Festnahmeversuchen oder Banküberfällen – immer wieder kommen im Laufe der 1970er-Jahre Polizisten im Schusswechsel mit der RAF zu Tode. Einer der wohl prominentesten Fälle: die Entführung des damaligen Arbeitgeberpräsidenten Hanns Martin Schleyer am 05. September 1977, bei der die drei Polizeibeamten Reinhold Brändle, Helmut Ulmer und Roland Pieter getötet werden. Dabei gehen die Terroristen äußerst brutal vor: Brändle wird gar von 60 Kugeln getroffen.

Nach der Hochphase der RAF in den 70er-Jahren nimmt ihre Aktivität zunehmend ab. Doch im Jahr 1993 kommt es noch mal zu einem tödlichen Zwischenfall. Bei der geplanten Verhaftung der RAF-Mitglieder Wolfgang Grams und Birgit Hogefeld am Bahnhof von Bad Kleinen in Mecklenburg-Vorpommern durch die Spezialeinheit GSG9 kommt es erneut zu einem Schusswechsel, dem der Polizist Michael Newrzella zum Opfer fällt.

Polizistenmord an der Startbahn West

Aufsehen erregte auch die Tötung von zwei Polizisten an der Startbahn West: In den 80er-Jahren protestierten unterschiedliche Bewegungen immer wieder vergeblich gegen die Erweiterung des Frankfurter Flughafens um die Startbahn West. Selbst mehrere Jahre nach Inbetriebnahme der Bahn versammelten sich ihre Gegner immer noch, um ihrem Unmut über das Projekt Luft zu machen.

So auch am 02. November 1987, als es erneut zu einer gewalttätigen Auseinandersetzung zwischen Demonstranten und Polizisten kommt. Dabei eröffnet der später verurteilte Andreas E. das Feuer auf die Polizisten und tötet zwei der Beamten, die durch Schüsse aus seiner Waffe in den Bauch getroffen werden. Der Schock in der Bundesrepublik saß tief, denn es handelte sich um den ersten und bis heute einzigen bekannten Fall in der Geschichte des Landes, bei dem Polizisten im Rahmen einer Demonstration getötet wurden.

Der Polizistenmord in Kusel reiht sich ein in eine Riege von Fällen, die zu trauriger Bekanntheit kamen. Welche Hintergründe zu der erneuten Tötung von Polizeibeamten führten, bleibt abzuwarten.

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