Kunstdiebstahl im Grünen Gewölbe Dresdner Residenzschloss nach Einbruch wieder geöffnet
Stehen Museen vor einer erhöhten Gefährdungslage? Nach dem Diebstahl in Dresden wollen Kulturpolitiker Kunstschätze besser schützen. Das geplünderte Grüne Gewölbe bleibt vorerst geschlossen.
Das Dresdner Residenzschloss hat am Mittwoch erstmals nach dem Juwelendiebstahl aus dem Grünen Gewölbe wieder geöffnet. Der Andrang der Besucher hielt sich in Grenzen: "Es sind weniger als normal nach dem regulären Schließtag", sagte eine Mitarbeiterin an der Kasse im Kleinen Schlosshof. Das Grüne Gewölbe bleibt noch geschlossen.
Zwei Tage nach dem Einbruch fehlt den Ermittlern noch immer eine konkrete Spur zu den Tätern. Es gebe keinen neuen Sachstand, sagte ein Sprecher der Polizei. Am Vortag hatte die Polizei bestätigt, dass zwei Brände unmittelbar vor und nach der Tat mit dem Einbruch in Verbindung stehen. Zu dem Fall seien bislang 91 Hinweise aus der Bevölkerung eingegangen, hieß es. Auf einem Portal können auch Bilder und Videos im Zusammenhang mit der Straftat an die Polizei weitergegeben werden.
Das war fast wie ,Mission Impossible'
Der Direktor des Grünen Gewölbes, Dirk Syndram, äußerte sich in einem Interview mit der "Sächsischen Zeitung" zu Details der Sicherheit im Schatzkammermuseum. "Unser Sicherheitssystem ist vor vier Jahren überprüft worden mit dem Ergebnis: alles bestens", sagte er. "Das war fast wie ,Mission Impossible', was die da veranstaltet haben." Überrascht zeigte sich Syndram davon, wie schnell das Glas der Vitrine zerstört werden konnte. "Das, was uns der Lieferant des Sicherheitsglases versprochen hat, hat nicht gehalten." Man sei davon ausgegangen, dass man eine Viertelstunde mit einer Axt darauf einschlagen muss, bevor es beschädigt werden kann.
In der barocken Schatzkammer der sächsischen Kurfürsten und Könige sind weiterhin Kriminaltechniker am Werk, um Spuren zu sichern. Nur Kunstexperten der Staatlichen Kunstsammlungen dürfen ins Juwelenzimmer. Der Einbruch markiert aus Sicht des Präsidenten der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Hermann Parzinger, eine neue Bedrohung für die Sicherheit von Museen. "Ich sehe hier eine erhöhte Gefährdungslage für Museen", sagte Parzinger der Deutschen Presse-Agentur.
"Wir sollten eine kleine Taskforce einsetzen"
Deswegen sollten sich "Ermittlungsbehörden wie Bundeskriminalamt, Landeskriminalämter und Sicherheitsfachleute der Museen zusammensetzen und beraten, wie darauf reagiert werden kann". Parzinger fordert konkrete Schritte: "Wir sollten eine kleine Taskforce einsetzen, die sich genau darüber Gedanken macht aufgrund dieser ganz spezifischen neuen Gefährdungslage."
Auch Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) will Experten zusammenrufen. "In unseren Museen lagern Kunstschätze, die die kulturelle Identität unseres Landes ausmachen und deren Wert in die Milliarden geht", sagte sie der Düsseldorfer "Rheinischen Post". "Deshalb müssen wir uns im Rahmen der Sicherheitskonferenz mit der Frage auseinandersetzen, wie Museen ihre Objekte künftig gegen ein derart brutales Vorgehen schützen können und gleichzeitig in gewohnter Weise für die Öffentlichkeit zugänglich bleiben". Sie wolle das Thema gemeinsam mit dem Deutschen Museumsbund voranbringen.
Stehen Museen vor einer neuen Herausforderung?
Parzinger, dessen von Bund und Ländern getragene Stiftung mit mehr als 20 Museen, Sammlungen, Bibliotheken, Instituten und Archiven zu den weltweit größten Kultureinrichtungen zählt, sieht Museen vor einer neuen Herausforderung. "Hier sind offenbar irgendwelche Gruppierungen oder Organisationen wirklich hinter dem Material her." Es gehe nicht darum, einen Munch zu stehlen, einen Picasso oder ein anderes berühmtes Kunstwerk, das leicht zu identifizieren sei.
"Es geht jetzt offenbar um den Materialwert. Auf barbarische Weise wird geplündert wie etwa die sächsische Schatzkammer. Die Gefahr ist sehr groß, dass die einzelnen Preziosen dann zerlegt werden, die Diamanten und andere Edelsteine herausgelöst und möglicherweise geschliffen werden, damit man nicht erkennt, dass es alte Stücke sind, und sie weiterverkauft."
Die Täter seien bereit, "Kunst von höchst symbolischem Wert wie in Dresden zu zerstören aufgrund des Materialwerts", sagte Parzinger. "Das ist schon eine neue Dimension, auch die kriminelle Energie, die dahinter steckt."
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Der Stiftungschef sieht Parallelen zum spektakulären Diebstahl einer Goldmünze in Berlin. Im März 2017 war die 100 Kilogramm schwere "Big Maple Leaf" mit Goldwert von damals knapp 3,75 Millionen Euro gestohlen worden. Wie nun in Dresden müsse es "auch mit der Goldmünze gewesen sein, die künstlerisch nicht so wertvoll war. Aber es waren 100 Kilo Gold, die offenbar zerstückelt und eingeschmolzen wurden."
- Nachrichtenagentur dpa