Fund von 39 Leichen in England Tote in Kühllaster stammen doch nicht aus China
Nach dem Fund von 39 Leichen in einem Lkw-Anhänger in England hieß es zunächst, die Opfer kämen aus China. Nun hat die britische Polizei neue Erkenntnisse – und meldet eine weitere Festnahme.
Bei den in einem Kühllastwagen gefundenen 39 Toten handelt es sich nach Angaben der britischen Polizei mutmaßlich um vietnamesische Staatsbürger. Die Identifizierung sei aber noch nicht vollständig abgeschlossen, teilte die Polizei in Essex mit. Die Regierung in Hanoi verurteilte Menschenhandel daraufhin am Samstag als ein "schweres Verbrechen". Der Vorfall in Großbritannien sei eine "menschliche Tragödie" und müsse Konsequenzen haben.
"In diesem Moment nehmen wir an, dass alle Opfer vietnamesische Bürger sind, wir stehen deswegen in Kontakt mit der vietnamesischen Regierung", teilte der stellvertretende Polizeichef der Grafschaft Essex, Tim Smith, am Freitagabend mit. Die Leichen der 31 Männer und 8 Frauen waren am 23. Oktober in einem Kühllaster entdeckt worden. Die Polizei ermittelt wegen Totschlags in 39 Fällen und Menschenhandels. Bei den Toten handelt es sich vermutlich um ins Land geschleuste Migranten. Ursprünglich war die Polizei davon ausgegangen, dass alle aus China stammen.
Festnahmen in Irland und Vietnam
Die Verdächtigen stammen aus Nordirland: Gegen den 25 Jahre alten Fahrer des Lastwagens wurde bereits Anklage erhoben, er sitzt in Haft. In Dublin wurde am Freitag ein 22-Jähriger festgenommen, die britische Polizei will seine Auslieferung beantragen. Drei weitere Verdächtige kamen gegen Kaution frei. Zudem werden zwei 40 und 34 Jahre alten Brüder gesucht, die in der Stadt Armagh ein Transportunternehmen betreiben. In Vietnam waren am Freitag im Zusammenhang mit diesem Fall zwei Menschen festgenommen worden. Nähere Angaben machten die Behörden zunächst nicht.
"Wir stehen in direktem Kontakt mit mehreren Familien in Vietnam und Großbritannien. Und wir glauben, einige Familien den Opfern zugeordnet zu haben, deren Reise in einer Tragödie an unseren Ufern endete", sagte Smith. Seine Kollegin Pippa Mills rief Angehörige auf, sich bei der Polizei zu melden. Illegalen drohten keine juristischen Folgen, wenn sie in dem Fall Kontakt mit den Behörden aufnähmen.
Zehntausende Euro an Menschenhändler gezahlt
Nach vietnamesischen Medienberichten haben bis zu 28 Familien in den Provinzen Ha Tinh und Nghe An Angehörige als vermisst gemeldet. Die Regierung in Hanoi reagierte "tieftraurig" auf die Meldungen über vietnamesische Opfer. "Wir hoffen, dass die britische Seite ihre Untersuchungen bald abgeschlossen haben wird und die Verantwortlichen zur Rechenschaft zieht", teilte eine Sprecherin des Außenministeriums am Samstag mit.
Britischen Medien zufolge hatten sich mehrere mutmaßliche Opfer mit Textnachrichten aus dem Lastwagen bei ihren Familien in Vietnam gemeldet. Sie sollen teils Zehntausende Euro an Menschenhändler gezahlt haben, um nach Großbritannien gebracht zu werden. Eine Frau in Vietnam sagte der BBC, sie habe keinen Kontakt zu ihrer Tochter gehabt, seit diese ihr am Tag vor dem Leichenfund geschrieben habe, dass sie ersticke.
LKW soll gleiche Tour schon zuvor gemacht haben
Die Zugmaschine des Lastwagens, in dem die Leichen gefunden wurden, war aus Irland gekommen. Der Auflieger wurde per Schiff über den belgischen Hafen Zeebrugge in den englischen Hafen Purfleet gebracht.
Die britische Zeitung "The Times" berichtete am Samstag unter Berufung auf GPS-Daten des Lastwagens, dass das Fahrzeug eine Woche vor dem grausigen Fund eine ganz ähnliche Tour gemacht habe.
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Die vietnamesische Regierung rief die Staatengemeinschaft auf, ihre Anstrengungen im Kampf gegen Menschenhandel zu verstärken, "um die Wiederholung einer solchen Tragödie zu verhindern". Nach Angaben der internationalen Jugendschutzorganisation Ecpat werden jedes Jahr Hunderte Vietnamesen auf der Suche nach Arbeit nach Großbritannien geschmuggelt.
- Nachrichtenagentur dpa