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Urteil gegen Ali B. in Wiesbaden erwartet: Warum musste Susanna sterben?


Urteil gegen Ali B. erwartet
Warum musste die 14-jährige Susanna sterben?

Von dpa
Aktualisiert am 09.07.2019Lesedauer: 3 Min.
Der Angeklagte Ali B. hat zum Prozessauftakt den Kopf auf die Arme gelegt.Vergrößern des Bildes
Der Angeklagte Ali B. hat zum Prozessauftakt den Kopf auf die Arme gelegt. (Quelle: dpa)
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Der Mord an der 14-jährigen Susanna aus Mainz sorgte bundesweit für Entsetzen. Jetzt verkündet ein Gericht das Urteil. Doch auch nach dem Prozess werden wohl Fragen offen bleiben.

Susannas Mutter war bei fast jedem Verhandlungstag dabei. Ganz in Schwarz gekleidet wirkte sie zumindest äußerlich meist gefasst, wenn sie den Prozess verfolgte. Manchmal brachen dann aber doch die Tränen aus ihr heraus, etwa wenn Details zur Sprache kamen über die unfassbare Tat, die das Leben ihrer Tochter auslöschte. Die 14-jährige Susanna wurde nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft von dem irakischen Flüchtling Ali B. in der Nähe von Bahngleisen in Wiesbaden vergewaltigt und dann umgebracht. Nach knapp vier Monaten Prozessdauer will das Landgericht Wiesbaden am Mittwoch (10.7.) das Urteil verkünden.

Der gewaltsame Tod Susannas hatte die Menschen in der Region von Mainz und Wiesbaden und weit darüber hinaus aufgewühlt. Susanna starb, das ergaben die Ermittlungen, bereits am 22. Mai 2018 abends oder in der darauffolgenden Nacht. Mehrere Tage wurde damals vergeblich nach der vermissten Schülerin aus Mainz gesucht, ihre in der Erde verscharrte Leiche fand die Polizei erst am 6. Juni in Wiesbaden-Erbenheim. Besonders war der Fall auch deshalb, weil Ali B. kurz nach der Tat mitsamt seiner Familie in den Nordirak ausgereist war. Die dort herrschenden Kurden übergaben ihn der Bundespolizei, die ihn nach Deutschland zurückbrachte.

Hoch emotional

Mitten in der Pubertät, vielleicht etwas naiv, aber auf jeden Fall liebenswert und großzügig – so beschreiben Freunde und auch ihre Mutter Susanna. Der Mutter ist es ein Anliegen, dass die Öffentlichkeit ihre Tochter so kennenlernt, wie sie wirklich war.

Hoch emotional wird es am vorletzten Prozesstag, als die Mutter die schlimmste Zeit ihres Lebens beschreibt – als sie die Nachricht vom Tod Susannas erhielt. Sie habe das Zimmer von Susanna in ihrer Wohnung danach ein halbes Jahr nicht betreten, erzählt sie unter Tränen vor Gericht.

So emotional Susannas Familie auf der einen Seite, so kalt wirkt der Angeklagte. Schildert er die Tat, scheint es, als wäre es ein Theaterstück, das er spielt, nichts, was ihn ernsthaft betrifft. "Er hätte auch über die Zubereitung von Spargel sprechen können", sagt Staatsanwältin Sabine Kolb-Schlotter in ihrem Plädoyer. Eine Gutachterin attestiert dem 22-Jährigen eine Persönlichkeitsstörung, er sei nicht zu Empathie fähig, er könne sich nicht in andere Menschen einfühlen.

Sein Verteidiger Marcus Steffel meint, er könne deshalb keinem Erwachsenen in dem Alter gleichgestellt werden. Ali B. habe weder durch sein Elternhaus noch durch sein soziales Umfeld Kontrolle erfahren. "Das heißt aber nicht, dass er kein Schuldbewusstsein hat", sagt Steffel in seinem Schlussvortrag. Doch so richtig klar wird auch durch die Aussage von Ali B. nicht, warum Susanna sterben musste. Vergewaltigt habe er sie nicht, beteuert Ali B. vor Gericht.

Aus Sicht der Staatsanwaltschaft tötete er die 14-Jährige, um die Vergewaltigung zu verdecken. Sie fordert für ihn lebenslange Haft. Erkennen die Richter eine besondere Schwere der Schuld, ist eine Haftentlassung nach 15 Jahren so gut wie ausgeschlossen.

Erfahrener Richter

Das Verfahren geführt hat der Vorsitzende Richter Jürgen Bonk. Er gilt als sehr erfahrener Richter, der den Prozessbeteiligten zugewandt ist, aber auch sehr detailliert und äußerst akribisch nachfragt. Mit den vielen jugendlichen Zeugen geht Bonk freundlich, aber dennoch bestimmt um. So oft wie möglich trifft er sich vorab mit ihnen, zeigt ihnen den Saal und erklärt die Abläufe während der Aussage. Vor väterlich-strengen Ermahnungen scheut er nicht zurück.

"Bonk ist einer der besten Richter, ein Volljurist, aber Mensch geblieben", sagt Rudolf-Lothar Glas von der Opferschutzorganisation Weißer Ring. Einer ihrer Mitarbeiter hat Susannas Mutter und ihren Lebensgefährten beim Gang zum Gericht oder zum Anwalt begleitet. Die Organisation unterstützt Susannas Familie darüber hinaus finanziell, etwa für einen kurzen Erholungsurlaub oder für die Beerdigung.


Für Glas und den Weißen Ring wird nach dem Urteil die Begleitung von Susannas Familie nicht abrupt enden. "Wir werden uns telefonisch melden oder sie besuchen", sagt er. Für Susannas Mutter wird es nun darum gehen, sich aller offenen Fragen zum Trotz wieder so etwas wie Normalität in ihr Leben zurückzuholen.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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