Terror-Prozess in München Ließ deutsche IS-Terroristin kleines Mädchen verdursten?
In der sengenden Sonne angekettet: So soll eine deutsche IS-Anhängerin ein fünfjähriges Mädchen im Irak verdursten haben lassen. Jetzt wird ihr in München der Prozess gemacht.
Sie soll zugesehen haben, als ein fünfjähriges Mädchen verdurstete: Vor dem Oberlandesgericht (OLG) München beginnt heute der Prozess gegen eine junge Deutsche, die sich dem sogenannten Islamischen Staat (IS) im Irak angeschlossen haben soll.
Die Bundesanwaltschaft wirft der 27-jährigen Jennifer W. aus Niedersachsen Mord, Kriegsverbrechen und Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung vor. Sie soll im Sommer 2015 gemeinsam mit ihrem Mann aus einer Gruppe jesidischer Kriegsgefangener ein kleines Mädchen gekauft und in ihrem Haushalt als Sklavin gehalten haben. Nachdem das Kind erkrankt war und deshalb ins Bett gemacht hatte, soll der Mann es zur Strafe in sengender Sonne angekettet haben, bei 45 Grad Hitze, wo es qualvoll verdurstete.
Die Angeklagte soll ihren Ehemann gewähren lassen und nichts zur Rettung des Mädchens unternommen haben, so die Bundesanwaltschaft. Der Vorwurf gegen sie lautet deshalb: Mord durch Unterlassen. Laut Anklage habe die 27-Jährige als Mitglied der ausländischen terroristischen Vereinigung Islamischer Staat aus niedrigen Beweggründen einen Menschen grausam getötet. Ihr wird zudem ein Verstoß gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz zur Last gelegt. Zu den Vorwürfen wollte sie sich zunächst nicht äußern.
Amal Clooney tritt für die Mutter des Mädchens auf
Nach der Verlesung der Anklage wurde der Prozess bis zum 29. April unterbrochen. Hintergrund ist nach Angaben der Bundesanwaltschaft, dass die Mutter des Mädchens ausfindig gemacht wurde und als Zeugin zur Verfügung steht. Sie ist als Nebenklägerin zu dem Verfahren zugelassen; die bekannte Menschenrechtlerin Amal Clooney ist eine ihrer Anwältinnen.
"Jesidische Opfer warten schon viel zu lange auf ihre Gelegenheit, vor Gericht auszusagen", sagte Clooney laut einer gemeinsamen Mitteilung der Nebenklage und der jesidischen Organisation Yazda. Sie dankte den deutschen Anklägern für ihren Einsatz.
Auch nach ihrer Festnahme wollte sie zurück zum IS
Die 27-jährige Angeklagte soll im Irak für die berüchtigte Sittenpolizei des IS patrouilliert haben. Den Ermittlungen zufolge war sie im August 2014 über die Türkei und Syrien in das Land gereist. In den Städten Falludscha und Mossul soll sie demnach abends mit einem Sturmgewehr die Straßen kontrolliert haben, um auf die Einhaltung der vom IS aufgestellten Verhaltens- und Bekleidungsvorschriften zu achten.
Ende Januar 2016 beantragte W. in der deutschen Botschaft in Ankara neue Ausweispapiere. Sie wurde danach von den türkischen Sicherheitsbehörden festgenommen und nach Deutschland abgeschoben. Seitdem habe sie versucht, wieder zurück nach Syrien zu reisen. Auf dem weg dorthin sei sie im Juni 2018 festgenommen worden, teilte die Bundesanwaltschaft mit.
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Die Anklage gegen Jennifer W. ist nach Angaben von Yazda die weltweit erste wegen Straftaten von IS-Mitgliedern gegen die religiöse Minderheit der Jesiden. Die Friedensnobelpreisträgerin Nadia Murad nannte den Prozess einen großen Moment und ein wichtiges Verfahren für alle jesidischen Überlebenden. "Jeder Überlebende, mit dem ich gesprochen habe, wartet auf ein und dieselbe Sache: dass die Täter für ihre Taten gegen die Jesiden, insbesondere gegen Frauen und Kinder, verfolgt und vor Gericht gestellt werden."
- Nachrichtenagentur dpa