Schüsse in Utrecht Polizei findet Brief mit Hinweisen auf Terrormotiv
Nach den Schüssen in Utrecht verdichten sich Hinweise auf ein Terrormotiv. Diesen Schluss lässt offenbar ein Brief zu, den die Polizei im Fluchtwagen fand. Die Niederlande trauern derweil.
Einen Tag nach den Schüssen in einer Straßenbahn in Utrecht hat die Polizei Hinweise auf ein terroristisches Motiv. Dafür spreche unter anderem ein im Fluchtwagen gefundener Brief, teilte die Polizei am Dienstag mit. Andere Motive würden aber nicht ausgeschlossen.
Die bisherigen Ermittlungen hätten keine Hinweise auf irgendeine Beziehung zwischen dem Hauptverdächtigen, dem türkischstämmigen Gökmen T., und den Opfern ergeben, teilte die Polizei weiter mit. Sie widersprach damit Spekulationen über eine Beziehungstat.
Nach der Tat hatte es unterschiedliche Hinweise von Zeugen gegeben. Augenzeuge Daan Molenaar erklärte im Sender NOS, nach seinem Eindruck habe es der Täter gezielt auf eine Frau abgesehen. Andere Zeugen wollten dagegen gehört haben, dass vier Männer "Allahu Akbar" (Gott ist groß) bei der Tat gerufen hätten, wie die Amsterdamer Zeitung "Het Parool" berichtete. Eine Sprecherin der Polizei Utrecht sagte dazu: "Das können wir nicht bestätigen."
Die staatliche türkische Nachrichtenagentur Anadolu berichtete unter Berufung auf nicht näher benannte Verwandte von T., dass dieser in der Straßenbahn auf eine Frau wegen einer Familienangelegenheit geschossen habe. Dann habe er das Feuer auf die Menschen eröffnet, die der Frau hätten helfen wollten.
Motivlage war zunächst unklar
Die Behörden in Utrecht hatten nach den Schüssen Terroralarm in der Stadt ausgelöst und die Bevölkerung aufgerufen, Gebäude zu verschließen und nicht auf die Straße zu gehen. Bürgermeister Jan van Zanen hatte in einer Videobotschaft gesagt: "Wir gehen von einem terroristischen Motiv aus." Am Nachmittag sagte dann Polizeisprecher Bernard Jens dem niederländischen NOS Rundfunk: "Es könnte auch sein, dass es eine Beziehungstat ist." Der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte sprach von einem Anschlag und fügte am Abend hinzu: "Aber ob es ein terroristisches Motiv gab, das müssen wir noch herausfinden."
Außer dem Hauptverdächtigen hat die Polizei noch zwei andere Männer festgenommen. Sie sind 23 und 27 Jahre alt und stammen ebenfalls aus Utrecht. Die beiden Verdächtigen sind noch festgenommen und werden weiter verhört. Am Vormittag hatte der Utrechter Bürgermeister Jan van Zanen zunächst irrtümlich mitgeteilt, dass die beiden anderen Verdächtigen freigelassen worden seien.
Durch die Schüsse kamen eine 19 Jahre alte Frau aus Vianen und zwei Männer im Alter von 28 und 49 Jahren aus Utrecht ums Leben. Außerdem wurden drei Menschen schwer verletzt: eine 20 Jahre alte Frau aus Utrecht, ein 74 Jahre alter Mann aus dem Ort De Meern und eine 21 Jahre alte Frau aus Nieuwegein. Vier Menschen wurden leicht verletzt, indem sie zum Beispiel in der Hektik unmittelbar nach der Tat stürzten.
Langes Vorstrafenregister
Gökmen T. ist bei der Polizei als Intensivtäter bekannt. "Wir wissen relativ viel über ihn", sagte Rutker Jeuken vom Innenministerium. Der 37-Jährige hat nach Medienberichten ein langes Vorstrafenregister, im Dezember 2013 wurde er wegen versuchten Mordes verurteilt, vor zwei Wochen begann eine Verhandlung wegen eines Vergewaltigungsvorwurfs. Darüber hinaus wurde er wegen Ladendiebstahls, Sachbeschädigung und Beleidigung vor Gericht gestellt.
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An diesem Dienstag sollen die Fahnen auf öffentlichen Gebäuden in den Niederlanden auf halbmast wehen. Auch das niederländische Parlament in Den Haag will Medienberichten zufolge der Opfer gedenken. Der niederländische Rechtspopulist Geert Wilders forderte auf Twitter eine Debatte im Parlament über die Schüsse. "Die Niederlande haben ein Recht auf die Wahrheit", schrieb er.
An dem Platz, an dem am Montag die Schüsse fielen, legten Menschen am Vormittag Blumen nieder. Die Straßenbahnen fuhren wieder normal. Ein Gymnasium in der Stadt will im Laufe des Tages des Vaters zweier Schüler gedenken, der zu den Opfern gehört.
- Nachrichtenagenturen dpa, AFP