Tödliche Messerattacke von Chemnitz Selbst die Polizei rätselt, warum Daniel H. sterben musste
Vor mehr als einem halben Jahr wurde Daniel H. in Chemnitz getötet, die folgenden rechten Krawalle erschütterten das Land. Nun beginnt der Prozess – viele Details der Messerattacke sind immer noch unklar.
Sieben Monate nach der tödlichen Messerattacke auf einen Deutschen in Chemnitz beginnt der Prozess gegen einen der Tatverdächtigen. Er ist unter anderem wegen Totschlags angeklagt. In zwei Dutzend Verhandlungstagen sollen die Hintergründe der Tat aufgeklärt werden.
In Chemnitz erinnert an das Verbrechen eine graue Metallplatte, die am Tatort in den Gehweg eingelassen wurde. Neben dem Namen Daniel H. ist der 26. August 2018 als Datum eingraviert, an dem der damals 35-Jährige durch Messerstiche starb. Vom heutigen Montag an muss sich einer der mutmaßlichen Täter in Dresden vor Gericht verantworten. Der Mann aus Syrien ist vor dem Landgericht Chemnitz unter anderem wegen Totschlags angeklagt.
Tatverdächtiger ist weiter auf der Flucht
Dem Asylbewerber Alaa S. wird vorgeworfen, gemeinsam mit einem Iraker am Rande des Stadtfestes in Chemnitz den Deutschen erstochen zu haben. Außerdem sollen sie zwei weitere Männer zum Teil schwer verletzt haben. Der Beschuldigte bestreitet die Tat.
Der tatverdächtige Iraker ist nach wie vor auf der Flucht. Nach ihm wird seit Monaten mit internationalem Haftbefehl gesucht. Wie die ARD berichtete, hat Deutschland den Irak ersucht, ebenfalls nach dem Verdächtigen zu fahnden.
Nach der Gewalttat war es in Chemnitz zu fremdenfeindlichen Übergriffen, rechten Demonstrationen mit zahlreichen Straftaten wie dem Zeigen des Hitlergrußes sowie Anschlägen auf ausländische Restaurants gekommen.
Hohe Sicherheitsvorkehrungen
Aus Gründen der Sicherheit und wegen des großen öffentlichen Interesses findet das Verfahren des Landgerichtes Chemnitz in einem vom Oberlandesgericht Dresden genutzten Gebäude statt. Der Sicherheitssaal war mit Millionenaufwand für den Prozess gegen die rechtsextreme Terrorvereinigung "Gruppe Freital" umgebaut worden. Publikum und Prozessbeteiligte sind durch eine Glasscheibe getrennt.
Im Vorfeld war die Verteidigung des Angeklagten vor dem Bundesgerichtshof in Karlsruhe mit dem Antrag gescheitert, den Prozess außerhalb von Sachsen, Thüringen und Brandenburg durchzuführen. Zuletzt hatte auch das Oberlandesgericht Dresden es abgelehnt, das Verfahren dem Landgericht Leipzig zu übertragen.
Für den Prozess sind bis zum 29. Oktober insgesamt 24 Verhandlungstage angesetzt. Dabei soll geklärt werden, warum Daniel H. starb. Auch wird es darum gehen, noch offene Fragen zu klären. So ist der Tathergang noch immer in weiten Teilen unklar. Warum kam es zum Streit zwischen Opfer und Tätern? Ging es, wie einige Medien jüngst berichteten, um Drogen?
Strafanzeige gegen einen Richter
"Trotz umfangreicher Ermittlungen der Kriminalpolizei Chemnitz liegt das Vorgeschehen der Tötungshandlung, das Motiv, der Tatablauf und die personelle Tatbeteiligung weiterhin völlig im Dunkeln", sagte Verteidiger Oliver Marson. Einig sind sich Verteidigung und Staatsanwaltschaft, dass es weder um sexuelle noch um politische oder rassistische Motive ging.
Ein weiterer Iraker, der zunächst als Tatverdächtiger in Untersuchungshaft gesessen hatte, ist seit dem 18. September wieder auf freiem Fuß. Der Haftbefehl war aufgehoben worden, weil kein dringender Tatverdacht mehr bestanden hatte. Im Januar hatte die Staatsanwaltschaft Chemnitz die Ermittlungen gegen den Mann komplett eingestellt.
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Dessen Anwalt Ulrich Dost-Roxin stellte inzwischen Strafanzeige gegen einen Richter und einen Staatsanwalt. Es gehe um den Verdacht der Rechtsbeugung und Freiheitsberaubung, teilte der Rechtsanwalt mit. Die Generalstaatsanwalt in Dresden hatte den Eingang der Anzeige bestätigt.
- Nachrichtenagentur dpa
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