Polizei bedauert Vorfall SEK stürmt falsche Wohnung: Unschuldiger Wissenschaftler brutal attackiert

Die Polizei führt mit Spezialeinsatzkräften Durchsuchungen im Rockermilieu durch. Dabei dringen die Beamten in eine falsche Wohnung ein. Die Bewohner leiden bis heute an den Folgen des Vorfalls.
Am 26. Juli 2023 ist Ehepaar Dr. Amir Jahanian-Najafabadi und Dr. Hadis Imani nachts Opfer eines fatalen Fehlers der Polizei geworden. Statt die Wohnung eines Rockers stürmte ein Spezialeinsatzkommando (SEK) die des unschuldigen Neurowissenschaftlers und seiner Frau in einem Mehrfamilienhaus in Bielefeld, berichtet "Bild".
Der heute 37-Jährige schildert den Vorfall so: "Es gab eine ohrenbetäubende Explosion. Als ich aufstand, erkannte ich hinter der Milchglastür unseres Schlafzimmers bewaffnete, maskierte Männer. Ich wusste nicht, wer die sind. Ich dachte: Jetzt sterbe ich", sagte er. Sekunden später hätten die Polizisten die Glastür zum Schlafzimmer zerstört, den Mann auf das Bett geworfen und ihm mehrfach ins Gesicht geschlagen, schilderte der Wissenschaftler die Situation.
Akademiker mit Kabelbinder gefesselt
Die Einsatzkräfte sollen den Akademiker anschließend mit Kabelbindern gefesselt und seine 36-jährige Ehefrau mit einer Pistole am Kopf bedroht haben. Als Jahanian-Najafabadi gefragt habe, wer sie seien, hätten die Männer gesagt, dass sie es später erklären würden", behauptete er weiter. Erst nach einer Überprüfung der Personalien des Paares bemerkten die Beamten ihren Irrtum – der gesuchte Rocker wohnte in einer anderen Wohnung im selben Haus.
Bevor die Einsatzkräfte die Wohnung wieder verließen, soll ein Beamter dem Dozenten den Finger in den Mund gesteckt haben, um zu überprüfen, ob Zähne ausgeschlagen wurden. "Es war einfach nur demütigend", sagte Dr. Jahanian-Najafabadi. Anschließend hätten sie ihm das Blut aus dem Gesicht gewischt und die völlig demolierte Wohnung wieder verlassen. Der Wissenschaftler musste danach zur Behandlung in ein Krankenhaus gebracht werden.
Die Polizei Bielefeld bedauert den Vorfall
In einer Pressemitteilung der Polizei nach dem Einsatz hieß es, dass die Polizei Bielefeld am besagten Tag mit Spezialeinsatzkräften Durchsuchungsmaßnahmen im Rockermilieu durchführte – und bestätigte, dabei irrtümlich eine falsche Wohnung gestürmt zu haben. "Die von dem Wohnungsinhaber erhobenen Vorwürfe unverhältnismäßiger Gewalt der Einsatzkräfte lässt die Polizei Bielefeld strafrechtlich überprüfen", teilte die Behörde mit.
Bei dem Einsatz am 26. März 2023 in mehreren Objekten in der Bielefelder Innenstadt war vonseiten der Polizei nicht auszuschließen gewesen, dass die Tatverdächtigen, gegen die sich der Einsatz richtete, im Besitz von Waffen sind. Deshalb wurden Spezialeinsatzkräfte eingesetzt. Ziel war demnach, "in einem Verfahren wegen des Vorwurfs der gefährlichen Körperverletzung Beweismittel aufzufinden und drei Haftbefehle zu vollstrecken", so die Polizei weiter. Beim Erstürmen der falschen Wohnung wurde der unbeteiligte Bewohner nach Angaben der Polizei "leicht verletzt".
"Die Polizei Bielefeld bedauert es sehr, dass bei einem Polizeieinsatz ein Unbeteiligter verletzt wurde", hieß es weiter. Zudem entschuldigte sich die Polizeipräsidentin, Dr. Sandra Müller-Steinhauer, noch am Tag des Zwischenfalls persönlich im Krankenhaus bei den Betroffenen. "Ihnen wurden seitens der Polizei Bielefeld Hilfs- und Opferschutzangebote unterbreitet. Das Kommissariat für Kriminalprävention und Opferschutz steht weiterhin in engem Kontakt mit den Betroffenen." Zudem sei die Behörde zu Schadenersatz verpflichtet.
- bild.de: "SEK schlägt aus Versehen unschuldigen Uni-Dozenten blutig"
- bielefeld.polizei.nrw: "Polizei Bielefeld nimmt Vorwürfe nach SEK-Einsatz in falscher Wohnung ernst" (Pressemitteilung vom Polizeipräsidium Bielefeld, 09.08.2023)