Schweine und Rinder lebend zerlegt Tierärztin warnte Schlachthof vor unangekündigten Kontrollen
In einem Schlachthof soll es massive Tierschutzverstöße gegeben haben. Zwei amtliche Tierärztinnen hätten zudem die Verantwortlichen über Kontrollen informiert.
Vor dem Landgericht Aschaffenburg in Bayern hat eine frühere Amtstierärztin gestanden, den örtlichen Schlachthof vor unangekündigten Kontrollen gewarnt zu haben. "Ihr ist bewusst, dass dies nicht richtig war", sagte der Verteidiger der 51 Jahre alten Hauptangeklagten zum Prozessauftakt. Der Frau tue es leid, sie bereue ihr Verhalten.
Als Grund für ihr Handeln nannte sie berufliche Konsequenzen, die sie befürchtete, wenn möglicherweise Mängel festgestellt worden wären. Deshalb informierte sie den Schlachthof und anhängige Zerlegebetriebe auf dem Gelände von anstehenden Kontrollen – obwohl sie wusste, dass sie zur Geheimhaltung verpflichtet war. Einen materiellen Vorteil habe sie durch die rechtswidrige Information des Schlachthofs nicht gehabt, sagte ihr Anwalt weiter.
Tiere lebend auseinandergenommen
Die Bayerische Kontrollbehörde für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (KBLV) ist für die Überwachung von Schlachthöfen verantwortlich. Sie führt auch nachts unangekündigte Kontrollen durch. Laut Anklage wurden die Betreiber und Zerlegebetriebe von der 51-Jährigen und einer 28 Jahre alten früheren Kollegin, die ebenfalls amtlich zuständige Tierärztin war, vorab per Handynachricht über die Besuche der Kontrolleure informiert. Die beiden Frauen stehen deshalb wegen Verletzung des Dienstgeheimnisses und einer besonderen Geheimhaltungspflicht vor Gericht. Wegen Beihilfe ist außerdem der Inhaber eines Zerlegebetriebs angeklagt.
Dass Schlachthöfe in Bayern vor unangekündigten Kontrollen gewarnt werden, ist nach Angaben der 28-Jährigen üblich. "Tatsächlich glaube ich, dass es gang und gäbe ist", sagte die Veterinärin vor Gericht. Sie selbst habe so etwas allerdings nie gemacht. "Ich habe keine Kontrollen angekündigt. Das ist ein Systemproblem in Bayern." Vielmehr habe sie ihren damaligen Partner, einen wegen Beihilfe angeklagten Inhaber eines Zerlegebetriebes, gebeten, den Schlachthof über eine anstehende Prüfung einer Kontrolleurin zu informieren. Dies unterliege nicht der Geheimhaltungspflicht.
Schweine mit Elektroschockern gequält
Ausgangspunkt des Prozesses waren Aufnahmen der Tierschutzorganisation "Soko Tierschutz". Mehr dazu lesen Sie hier. Die im Sommer 2023 veröffentlichten Bilder und Videos zeigen, wie Beschäftigte – angeblich im Schlachthof Aschaffenburg – Schweine und Rinder mit Elektroschockern quälten und offensichtlich noch lebende Tiere auseinandernehmen. "Ich war selber schockiert, als ich die Videos gesehen habe", sagte die 28-Jährige. Wenn sie bei den Schlachtungen dabei war, sei so etwas nicht passiert.
Die Angeklagte sprach außerdem von großem Personalmangel sowohl im Schlachthof Aschaffenburg als auch auf der Behördenseite. "Das System ist schlecht."
Schlachten zeitweise verboten
Die KBLV untersagte nach der Veröffentlichung der Aufnahmen zeitweise den Schlachtbetrieb in der Stadt. Die Stadt, Eigentümerin des Geländes und des Gebäudes, kündigte den Pachtvertrag mit der AB Schlachthof GmbH & Co. KG. Derzeit läuft dazu ein Zivilverfahren.
Die Staatsanwaltschaft ermittelte unter anderem wegen quälerischer Tiermisshandlung. Doch der Fall ist längst nicht abgeschlossen. Nach den Anklagen gegen die zwei früheren Amtstierärztinnen und den Inhaber eines Zerlegebetriebes gibt es nun ein erstes Strafverfahren in der Causa. An diesem Mittwoch könnte das Urteil fallen.
- Nachrichtenagentur dpa