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Hessen: Experten äußern Verdacht zum Tötungsdelikt in Frankfurt


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Mord im Frankfurter Hauptbahnhof
"Eine todsichere Tötung"


Aktualisiert am 23.08.2024Lesedauer: 3 Min.
Nach Tötung im Bahnhof Frankfurt: Experten Winkelsdorf und Benecke ordnen ein.Vergrößern des Bildes
Nach Tötung im Bahnhof Frankfurt: Experten Winkelsdorf und Benecke ordnen ein. (Quelle: Claus Pütz / Andreas Arnold/dpa )

Im Frankfurter Hauptbahnhof wird ein Mann erschossen. Der Täter drückt einmal ab und zielt dann noch zweimal auf den Kopf seines Opfers.

Nach den tödlichen Schüssen im Frankfurter Hauptbahnhof ist ein Tatverdächtiger festgenommen worden. Zu den Vorwürfen gegen ihn hat sich der 54-Jährige laut der Staatsanwaltschaft Frankfurt bislang nicht geäußert. Seinem 27 Jahre alten Opfer schoss der Beschuldigte zweimal in den Kopf. Insgesamt fielen drei Schüsse, wie in einem Video aus einer Überwachungskamera zu sehen ist. Das Opfer – offenbar ein gesuchter Mörder – starb noch am Tatort.

Für Lars Winkelsdorf, Sachverständiger für Schusswaffen und Munition, war die Tat eine klare Hinrichtung. "Der Täter schoss seinem Opfer nicht einfach in den Kopf, das Video zeigt einen regelrechten Genickschuss", schreibt Winkelsdorf auf der Plattform X. Das heißt, den ersten Schuss gab der Täter in das Genick seines Opfers ab, bevor er ihm noch zweimal in den Kopf schoss. Der Kriminalbiologe Mark Benecke gab im Gespräch mit t-online zu verstehen: "Unten hinten im Schädel liegen Gehirn-Teile, die für die entscheidenden Lebens-Vorgänge wichtig sind."

"Beim Genickschuss geht die Kugel direkt in die Medulla oblongata", pflichtet Winkelsdorf im Gespräch mit t-online bei. Das ist der Teil im Körper, der Rückenmark und Gehirn direkt miteinander verbindet. Unter anderem Herzschlag, Blutkreislauf und Atmung werden darüber reguliert. Auf die Frage, ob ein Genickschuss effektiver sei als ein Kopfschuss, antwortet Benecke: "Das hängt vom Kaliber, der Energie, also dem 'Wumms' des Geschosses, der Art der Munition und anderem ab. Grundsätzlich sind Schüsse in den unteren hinteren Teil des Gehirns, der die Verbindung zum `Nerven-Kabel-Baum` in der Wirbelsäule darstellt, megagefährlich."

Zur höheren Tötungswahrscheinlichkeit führt er weiter aus: "Ja. Wer absichtlich dorthin schießt, handelt mit höchstmöglichem Tötungs-Wunsch."

Täter wollte sichergehen, dass das Opfer tot ist

"Der Schuss ins Genick des Opfers führte sofort zu seinem Tod. Das zeigt deutlich den Hinrichtungscharakter", bewertete Winkelsdorf die Szenen der Überwachungskamera aus dem Frankfurter Bahnhof. "Das Opfer ist nach dem ersten Schuss sofort zusammengebrochen. Die Körperspannung war weg, aber es gab noch Bewegungen des Körpers. Das liegt an den sogenannten Beuge- und Strecksynergismen. Das heißt, obwohl das Opfer tot ist, sind bei ihm motorische Reaktionen wie Arm- oder Beinbewegungen möglich." Wahrscheinlich schoss der Täter deshalb auch noch zweimal in den Kopf des 27-Jährigen: "Um wirklich sicher zu sein, dass das Opfer tot ist", erklärt Winkelsdorf.

Benecke bestätigt Winkelsdorfs Mutmaßung und führt aus: "Denn es hängt wie angedeutet von vielen Einflüssen ab, wie tödlich ein Schuss ist. Beispielsweise kann jemand den Kopf plötzlich bewegen, was Donald Trump zufällig das Leben gerettet hat. Beim Nachschießen in den Kopf wie hier geht es um eine ganz wörtlich todsichere Tötung."

Allerdings gebe es auch Täter, die einfach "Spaß am Töten haben". Er fasst zusammen: "Es kann auch alles zusammen kommen: Auf Nummer Sicher gehen plus Spaß am Töten plus Macht-Darstellung."

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Anhand des Videos geht Winkelsdorf davon aus, dass der Täter eine Kurzwaffe benutzte. "Leider ist die Qualität zu schlecht, um sagen zu können, ob es eine Pistole oder ein Revolver war." Der Unterschied zwischen beiden: die Pistole lädt selbsttätig nach, der Revolver hat eine drehbare Trommel.

"Das sind mit dem Leben nicht vereinbare Verletzungen"

Winkelsdorf ist sich sicher, dass der Täter eine Entfernung "definitiv unter 50 Zentimetern, eher unter 30" zu seinem Opfer hatte. Beim Eintritt in den Menschen hat eine Kugel eine Geschwindigkeit von 200 Metern pro Sekunde – abhängig von Geschossform, -gewicht und -material. Wenn das Projektil in den Menschen eindringt, kommt es zu einer schlagartigen Verdichtung von Flüssigkeit im Gewebe.

"Stellen Sie sich das vor wie einen Stein, der ins Wasser fällt", sagt Winkelsdorf. "Das Projektil geht ins Gewebe und verdrängt die Flüssigkeit." Es bildet sich eine temporäre Wundhöhle, also eine Vertiefung beziehungsweise ein Hohlraum im Bereich einer Wunde. In der Folge kommt es zu Rissbildungen und Verletzungen der Blutgefäße und Organe – auch wenn diese nicht direkt von einem Geschoss getroffen wurden – sowie zur Zerstörung von Knochen, wenn sie im Weg sind.

Winkelsdorf ist sich sicher, dass das Opfer beim Genickschuss "nichts mehr gespürt" hat. "Dass er den Knall noch gehört hat, glaube ich auch nicht. Beim Genickschuss wird der obere Wirbelsäulenbereich und die Schädelknochen massiv verletzt. Das sind mit dem Leben nicht vereinbare Verletzungen."

Verwendete Quellen
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