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Compact: Terror-Ermittlungen nach Habeck-Drohung von Elsässers Hausmeister


Ermittlung gegen Hausmeister
"Compact"-Verbot: Es geht auch um Terrorverdacht


23.07.2024Lesedauer: 5 Min.
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Compact: In der Verbotsverfügung gegen das Magazin von Jürgen Elsässer geht es auch um vage Anschlagspläne gegen Robert Habeck, die ein Hausmeister geäußert haben soll.Vergrößern des Bildes
"Compact": In der Verbotsverfügung gegen das Magazin von Jürgen Elsässer geht es auch um vage Anschlagspläne gegen Robert Habeck, die ein Hausmeister geäußert haben soll. (Quelle: Montage: t-online/dpa)

Die Beobachtung des "Compact"-Magazins durch den Verfassungsschutz hat zu Terror-Ermittlungen beigetragen: Es geht dabei um einen Helfer von Magazin-Chef Jürgen Elsässer und mutmaßliche Hass-Äußerungen auf Robert Habeck.

Es war nur ein Detail in der Begründung für das Verbot des rechtsextremen Magazins "Compact", aber ein besonders brisantes: ein Gespräch, in dem sogar von einem möglichen Mord an Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) die Rede war.

Jetzt heißt es von der Staatsanwaltschaft Potsdam: Es läuft ein Ermittlungsverfahren wegen des Vorwurfs des Vorbereitens einer schweren staatsgefährdenden Straftat. Die Behörden halten die Äußerung demnach nicht einfach nur für einen dahergesagten Wutausbruch.

Konkret geht es um eine Szene, die sich laut Bundesamt für Verfassungsschutz im Frühjahr 2023 zugetragen haben soll. Dort soll der Satz gefallen sein: "Ich hab' schon überlegt, ich hab' ja hier die Knarre, ich müsste dem Habeck mal ein Auge ausschießen." Gesagt habe das ein Mann aus dem Umfeld von Jürgen Elsässer zu dem "Compact"-Chef.

Verfassungsschutz-Beobachtung hatte Hinweis geliefert

Der Verfassungsschutz hatte das Magazin (Eigenwerbung: "Abonnieren Sie die Revolution") im Dezember 2021 hochgestuft und als "gesichert rechtsextremistisch" geführt. Als "rechtsextremer Verdachtsfall" wurden die Macher aber bereits seit 2019 beobachtet. 2018 hatte "Compact"-Chefredakteur Jürgen Elsässer schon wenig Zweifel gelassen, dass er sich als Politaktivist versteht: "Alle zusammen in großer Einheit: Pegida, IB, AfD, Ein Prozent, Compact! Fünf Finger, alle kann man einzeln brechen, aber alle zusammen sind eine Faust!"

Die Beobachtung erlaubte auch den Einsatz von geheimdienstlichen Mitteln, etwa Abhörtechnik oder das Nutzen von V-Leuten. Mit solchen Mitteln gelangten die Behörden offenbar auch zu den Erkenntnissen über das Gespräch, in dem es um einen Anschlag auf Habeck ging.

Nachdem Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) das Verbot der "Compact Magazin GmbH" und einer weiteren Gesellschaft als Vereinigung verkündet hatte, hatten die "Compact"-Anwälte selbst die Begründung dafür ungeschwärzt veröffentlicht. So verrieten sie selbst, dass eine Reihe von NPD-Mitgliedern zum Teil unter anderen Namen bei dem Magazin arbeiteten. Das ungeschwärzte Dokument rückte aber auch einen AfD-Kommunalpolitiker mit dem Habeck-Zitat ins Licht.

Der Mann, ein Handwerker, stand einmal an der Spitze eines AfD-Ortsvereins und wurde für die Partei in ein kommunales Gremium gewählt. Und er arbeitete für Elsässer. Das zumindest bestätigt auch der "Compact"-Chef in einem Interview. Von dem Gespräch über Habeck will er aber nichts wissen.

Elsässer spricht von Hausdurchsuchung beim Beschuldigten

Dem Dokument zufolge ging es bei dem Austausch darum, dass die angepeilte Revolution nicht richtig vorankomme: Sie hätten wenig Chancen, die Menschen aufzurütteln, wenn nicht etwas Drastisches passiere. Der Gehilfe von Elsässer habe daraufhin zu Elsässer den Satz mit der "Knarre" gesagt und dass er Habeck "ein Auge ausschießen" müsse. Diese Schilderung dient als ein Beleg, wie sehr das Magazin mit seinen Texten radikalisierend auf das Umfeld wirkt. Mit derartiger Dauerberieselung erfolge "letztlich eine fortwährende Schaffung von Verfassungsfeinden". Der Hausmeister hatte zumindest mehrfach auch Artikel von "Compact" auf Facebook geteilt. In einem seiner jüngsten Postings teilte er ein Bild, Hass gegen die AfD sei von Medien gesteuert. "Der Hass gegen die Grünen kommt von ganzen Herzen."

Kurz nach dem Vorfall gab es im April 2023 offenbar eine Hausdurchsuchung bei ihm im Kreis Havelland. Quelle dafür ist Elsässer selbst, bei dem in der vergangenen Woche selbst durchsucht wurde. In einem aktuellen Interview hält er einen angeblichen Beschluss zu der Razzia bei seinem Helfer in den Händen. Das SEK sei dagewesen, dem Mann sei die Tür "eingetreten", er mit Kunststoffbändern gefesselt worden, Beweismittel seien mitgenommen worden.

Die Staatsanwaltschaft Potsdam bestätigt die Hausdurchsuchung weder noch dementiert sie. Auch auf wiederholte Nachfrage gibt es keine Auskünfte dazu – mit Verweis auf das Landespressegesetz von Brandenburg: Demnach könnte aus Sicht der Staatsanwaltschaft schon die Information, ob es eine Durchsuchung gab oder nicht, "die sachgemäße Durchführung eines schwebenden Verfahrens vereiteln oder gefährden". Die Ermittlungsbehörde erklärt auch nicht, ob die Sorge dem Verfahren gegen den Hausmeister gilt oder dem Verbotsverfahren gegen "Compact".

Hausmeister ist in dem Verfahren einziger Beschuldigter

Die Staatsanwaltschaft teilt lediglich mit, dass es in dem Verfahren nur einen Beschuldigten gibt. Das bedeutet: Die Staatsanwälte gehen nicht von einem gemeinsamen Vorhaben aus, Elsässer wird dort kein Vorwurf gemacht. Von ihr gibt es keine Information, ob Elsässer überhaupt bei der Aussage anwesend war.

Elsässer behauptet sogar in dem Video mit dem früheren Ballermann-Sänger Björn Banane, zu ihm habe der Hausmeister den Satz nie gesagt: "Eine astreine und nachgewiesene Lüge." Der Durchsuchungsbeschluss beweise das. Seine Begründung: Dort sei nicht angegeben, wem gegenüber der Mann die mörderische Fantasie geäußert habe. Sein, also Elsässers, Name sei erst jetzt "lügnerisch ergänzt" worden. So habe der Staat mit Gefahr im Verzug jetzt den "Überraschungsschlag" gegen "Compact" führen können, behauptet Elsässer.

Das ist nicht plausibel, weil der Vorfall sich ja bereits im Frühjahr 2023 abspielte und auch seither Ermittlungen laufen. Auf Nachfragen von t-online haben die "Compact"-Anwälte nicht geantwortet und auch zu dem Beschluss keine Belege geliefert.

Elsässer: Er kam zum Mähen und bei verstopftem Klo

Elsässer geht auch auf weitere Distanz zu dem Mann mit den Hausmeister-Tätigkeiten: Der sei gar kein Angestellter und nicht einmal eine Honorarkraft gewesen, sondern gerufen worden zum Rasenmähen oder wenn einmal das Klo verstopft gewesen sei. Der Mann bestreite den Vorwurf auch, so Elsässer.

Das Verfahren sei im Sande verlaufen, behauptet Elsässer. Ein "anonymer Informant" habe nichts vorlegen können, was den Richter überzeugt habe. Eine irreführende Darstellung, denn: Die Ermittlungen laufen ja noch. Einzige Auskunft der Staatsanwaltschaft dazu: "Ein Zeitpunkt des Abschlusses der Ermittlungen ist derzeit nicht vorhersehbar."

Auf die Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat steht bei einer Verurteilung eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen liegt die Untergrenze bei drei Monaten. Der entsprechende Paragraf 89a im Strafgesetzbuch war 2009 aufgenommen worden als Reaktion auf die "Kofferbomber" und die sogenannte "Sauerlandgruppe": Terroristen, die Taten planten und dafür auch in Terrorcamps waren oder Ausrüstung zusammengestellt hatten.

Waffenbehörde sagt bisher nichts zu Maßnahmen

Zeit, Ort und genaue Tatausführung können bei einer Verurteilung noch offen sein. Allerdings müsse ein Angeklagter bereits fest entschlossen gewesen sein, später eine "schwere staatsgefährdende Gewalttat" zu begehen, entschied der Bundesgerichtshof in einem Urteil vom Mai 2014. Demnach hat die Staatsanwaltschaft weiterhin den Verdacht, dass der Hausmeister tatsächlich die Absicht hatte, einen Anschlag zu begehen.

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Seiner zitierten Aussage zufolge hatte er auch eine Schusswaffe. Die als Waffenbehörde für den Landkreis Havelland zuständige Polizeidirektion Brandenburg-West hat auf Anfrage vom Montag bisher nicht mitgeteilt, ob sie im vergangenen Jahr entsprechend auch waffenrechtliche Erlaubnisse widerrrufen hat und wann die letzte Prüfung zur Zuverlässigkeit erfolgt war. Zur Beantwortung sei das Einholen von Zuarbeiten aus jeweiligen Zuständigkeitsbereichen erforderlich.

Wegen Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat wurde etwa der frühere Bundeswehrsoldat Franco A. verurteilt, weil er mit einem Anschlag einen politischen oder gesellschaftlichen Richtungswechsel habe herbeiführen wollen. Franco A. hatte Waffen, hatte Objekte ausgekundschaftet und Anschlagsziele in Betracht gezogen: so etwa die damalige Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth (Grüne), den damaligen Justizminister Heiko Maas (SPD) oder die aus einer jüdischen Familie stammende Journalistin Anetta Kahane.

Gerade erst hat die Staatsanwaltschaft Frankfurt einen 19-jährigen Schüler aus dem Westerwald wegen des Tatvorwurfs angeklagt. Der junge Mann, der eine "verfestigte antisemitische und rassistische Grundeinstellung" habe, soll unter anderem Teile einer Maschinenpistole mit einem 3-D-Drucker hergestellt und den "Umsturz der demokratischen Grundordnung" geplant haben .

Verwendete Quellen
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