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RAF-Terroristin Daniela Klette: So lebte sie in Berlin


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Verhaftung von Daniela Klette
So offen lebte die RAF-Terroristin in Berlin


Aktualisiert am 28.02.2024Lesedauer: 3 Min.
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Daniela Klette bei einer Lesung 2011 in Berlin: Nun wurde die gesuchte RAF-Terroristin verhaftet. (Quelle: t-online)

Daniela Klette war als gesuchte RAF-Terroristin Jahrzehnte auf der Flucht. Offenbar lebte sie seit mindestens 2011 in Berlin, engagierte sich in Vereinen – und nahm laut Recherchen von t-online sogar an öffentlichen Veranstaltungen teil.

Ihr Name war Claudia Ivone. Sie lebte in Berlin-Kreuzberg. Sie sprach Portugiesisch und tanzte Capoeira. Sie lebte allein in einer kleinen Wohnung mit großem Hund. Als am Montagabend Zielfahnder des Landeskriminalamts Niedersachsen an der Sebastianstraße klingeln, öffnet ihnen die zierliche Frau, graue Haare. Nachbarn werden sie später als unauffällig und freundlich beschreiben.

Auf der Wache stellt sich durch einen Vergleich der Fingerabdrücke schnell heraus, dass der Verdacht der Ermittler zutrifft. Claudia Ivone ist eine seit Jahrzehnten gesuchte Terroristin. Ihr richtiger Name: Daniela Klette. Mutmaßlich der Kommandoebene der ehemaligen Roten Armee Fraktion (RAF) zuzurechnen. In der Wohnung werden Pistolenmagazine und Munition gefunden. Sie lebte lange relativ offen in Berlin. Das belegt ein Dutzend Fotos aus den Jahren 2011 bis 2019, die t-online vorliegen (oben im Video zu sehen).

Das Rätsel der Dritten Generation

Als Klette Ende der Achtzigerjahre in den Untergrund ging, um gegen die Bundesrepublik zu kämpfen, war Deutschland noch ein anderes Land: geteilt. Hinter Mauer und Stacheldraht herrschte der "real existierende Sozialismus", den Klette und ihre Genossen auch in Westdeutschland errichten wollten. Mit Gewalt, mit Sprengstoffanschlägen und Morden.

Zwei sogenannte Generationen der Terrorgruppe hatten Deutschland in Schrecken versetzt, waren verhaftet worden, hatten Selbstmord begangen oder waren bei Feuergefechten getötet worden. Die dritte Generation ist Ermittlern und Forschern noch heute weitgehend ein Rätsel. Sie verwischten professioneller ihre Spuren.

Zahlreiche Morde gehen auf ihr Konto: am Chef der Deutschen Bank, Alfred Herrhausen. Am Treuhand-Boss Detlev Rohwedder. Am Diplomaten Gerold von Braunmühl. Am Chef der Motoren- und Turbinenunion Ernst Zimmermann. Am Siemens-Vorstand Karl-Heinz Beckurts und seinem Fahrer. An zwei US-Soldaten und einer amerikanischen Zivilistin.

Klettes Leben in Berlin

Klette wurde gesucht wegen eines Anschlags mit Gewehren auf die US-Botschaft in Bonn. 250 Schuss wurden abgegeben: versuchter Mord. Außerdem wird ihr aufgrund gefundener DNA eine Beteiligung am Sprengstoffanschlag auf die Justizvollzugsanstalt Weiterstadt vorgeworfen. Dabei gewesen sein sollen ihre Kampfgefährten Ernst-Volker Staub und Burkhard Garweg. Mit den beiden ebenfalls Flüchtigen soll sie später – nach Auflösung der RAF 1998 – über Jahre Raubüberfälle begangen haben. Auch dabei wieder: Schussabgabe, versuchter Mord.

In all diesen Jahren fahndete die Polizei nach ihnen, mit Plakaten, mit öffentlichen Aufrufen, europaweit. DNA-Spuren und Fingerabdrücke wurden ausgewertet. Zeugen immer und immer wieder befragt. Klette und ihre Mitstreiter blieben verschwunden. Dabei lebte zumindest die zierliche Frau offenbar ein recht normales Leben in Berlin.

Bilder, die t-online vorliegen, zeigen eine Frau, die sich vielleicht nicht ins Licht der Öffentlichkeit drängte, die aber am Vereinsleben eines Capoeira-Klubs in Berlin teilnahm. Eine Lesung eines Autors besuchte. Die auf Facebook Freundschaften mit Vereinsmitgliedern und Kontakte im Ausland pflegte. Und die 2011 sogar auf dem Karneval der Kulturen tanzte. Journalisten des Podcasts "Legion" waren bei Recherchen für rbb und NDR bereits im vergangenen Jahr auf ihre Spuren gestoßen.

In Kreuzberg, wo sich schon immer linksradikales Milieu mit bürgerlicher Kultur mischte, war sie vermutlich unauffällig. Dort meldete noch 2008 der ehemalige RAF-Terrorist Ralf Reinders die Revolutionäre 1.-Mai-Demonstration an – die Organisatoren wollten sich so mit seiner Biografie solidarisieren. Der Ex-Terrorist Christian Klar kam nach seiner Haftentlassung als Mitarbeiter beim Linken-Bundestagsabgeordneten Dieter Dehm unter. Gemeinsam mit Eva Haule, ebenfalls Ex-RAF, besuchte er Jahre später die Beerdigung von Heinz Keßler, ehemals Verteidigungsminister der DDR und verurteilt in den Mauerschützenprozessen.

Es ist also nicht wenig plausibel, dass Klette möglicherweise auf eine Unterstützerbasis in Berlin zurückgreifen konnte, die ihr das Leben im Untergrund vereinfachte. Auch anderswo?

Zumindest auffällig sind ihre offenbar fließenden Portugiesischkenntnisse und ihr Faible für brasilianische Kultur. In Brasilien wiederum ließ sich von 2002 bis 2012 auch der ehemalige RAF-Terrorist Lutz Taufer nach seiner Haftentlassung nieder. "Vom Untergrund in die Favela" ist sein Buch über seine Zeit dort untertitelt. Klette soll allerdings damals über viele Jahre an Raubüberfällen in Deutschland beteiligt gewesen sein. Noch schweigt sie zu den Vorwürfen.

Verwendete Quellen
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