Fall Assange So kämpft der Wikileaks-Gründer seit Jahren gegen seine Auslieferung

Am Mittwoch genehmigte ein britisches Gericht die Auslieferung von Julian Assange an die USA, die Entscheidung liegt nun bei der Innenministerin. Der Fall zieht sich seit Jahren – ein Überblick.
Das juristische Tauziehen um Wikileaks-Gründer Julian Assange beschäftigt die Weltöffentlichkeit seit Jahren: Die USA wollen den 50-jährigen Australier wegen der Veröffentlichung geheimer Dokumente und Verstößen gegen das Anti-Spionage-Gesetz vor Gericht stellen, ihm droht eine lebenslange Haft. Assange und seine Unterstützer kritisieren seine Strafverfolgung als politisch motiviert. Am Mittwoch genehmigte ein britisches Gericht formell die Auslieferung des Wikileaks-Gründers an die USA, die Entscheidung liegt nun bei Innenministerin Priti Patel. Eine Chronologie des Falls Julian Assange:
2010
Von Juli bis Oktober veröffentlicht die Enthüllungsplattform Wikileaks rund 470.000 als geheim eingestufte Dokumente, die mit diplomatischen Aktivitäten der USA und mit den Kriegen in Afghanistan und im Irak zu tun haben. Weitere 250.000 Dokumente kommen später hinzu.
Im November bewirkt die schwedische Staatsanwaltschaft einen internationalen Haftbefehl gegen Assange. Ihm werden Vergewaltigung und sexuelle Gewalt gegen zwei Frauen vorgeworfen.
Assange weist die Anschuldigung zurück und stellt sich kurz darauf der Polizei in London. Bis zur Entscheidung über einen Auslieferungsantrag Schwedens kommt er gegen Kaution auf freien Fuß.
2011
Im Februar gibt ein britisches Gericht dem schwedischen Auslieferungsantrag statt. Assange äußert sich besorgt: Er fürchtet, dass Schweden ihn an die USA ausliefern könnte.
2012
Assange flieht im Juni in die Botschaft Ecuadors in London und beantragt erfolgreich politisches Asyl.
2016
Vor der US-Präsidentschaftswahl veröffentlicht Wikileaks rund 20.000 E-Mails aus dem Parteiapparat der Demokraten. Sie stammen aus dem Wahlkampfteam der Kandidatin und früheren Außenministerin Hillary Clinton, die die Wahl letztlich gegen Donald Trump verliert.
2017
Die Staatsanwaltschaft in Schweden stellt die Ermittlungen gegen Assange ein.
2018
Ecuador erklärt, es sei auf der Suche nach einem Vermittler, um Assanges "unhaltbare" Situation zu beenden. Im März kappt das Botschaftspersonal dann Assanges Kommunikationszugänge. In den USA taucht ein Dokument auf, wonach gegen Assange offenbar heimlich Anklage erhoben wurde.
2019
Ecuadors Präsident Lenín Moreno erklärt, Assange habe die Auflagen für sein Botschaftsasyl "wiederholt verletzt". Im April nimmt die britische Polizei Assange fest, nachdem ihm das Asyl entzogen wurde. Im Mai wird der Australier zu 50 Wochen Haft wegen Verstoßes gegen Kautionsauflagen verurteilt.
Ende Mai verschärft die US-Justiz ihre Anklage gegen Assange. Dem Wikileaks-Gründer werden nun auch Verstöße gegen Anti-Spionage-Gesetze vorgeworfen.
2020
Ende Februar beginnt in London die Hauptanhörung im Auslieferungsverfahren gegen Assange. Im April wird bekannt, dass der Wikileaks-Gründer während seines Asyls in der Botschaft von Ecuador zwei Mal Vater wurde. Das enthüllt die Mutter der beiden kleinen Jungen, Stella Moris. Sie war Mitglied von Assanges Anwaltsteam und ist nach eigenen Angaben seit 2017 mit ihm verlobt.
Anfang September wird das wegen der Corona-Pandemie unterbrochene Auslieferungsverfahren fortgesetzt. Ein Psychiater bescheinigt Assange vor Gericht eine Suizidgefährdung. Der Australier sei hochgradig depressiv und habe Halluzinationen.
2021
Das zuständige Londoner Gericht entscheidet am 4. Januar, dass Assange nicht in die USA ausgeliefert werden darf. Wegen der strikten Haftbedingungen in den Vereinigten Staaten bestehe das "beträchtliche" Risiko, dass sich Assange im Gefängnis das Leben nehmen könnte. Die US-Regierung legt Berufung ein. Im Dezember gibt der High Court in London der US-Seite recht und hebt das Auslieferungsverbot auf. Kurz darauf gibt Assanges Verlobte Moris bekannt, dass der Wikileaks-Gründer Ende Oktober einen leichten Schlaganfall erlitten habe.
2022
Assange zieht im Januar vor den Supreme Court in London. Am 14. März entscheidet der Oberste Gerichtshof jedoch, sich nicht mit dem Berufungsantrag des Australiers gegen seine Auslieferung zu befassen.
Am 23. März heiraten Assange und Moris. Sie geben sich im Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh im Süden Londons das Ja-Wort.
Am Mittwoch erlässt der Westminster Magistrates Court schließlich einen Auslieferungsbeschluss. Die endgültige Entscheidung liegt nun bei der britischen Innenministerin Patel. Sollte sie einer Auslieferung Assanges zustimmen, wollen dessen Anwälte weitere Rechtsmittel einlegen.
- Nachrichtenagentur AFP