Seilbahn-Unglück in Norditalien Dienstleiter gesteht Manipulation: "Es ist alles meine Schuld"
14 Menschen starben beim Seilbahn-Unglück im italienischen Stresa. Ein Vorarbeiter übernimmt Verantwortung für Manipulationen an der Bahn. Seine Chefs wollen von nichts gewusst haben.
Nach dem Seilbahnunglück in der italienischen Region Piemont, bei dem 14 Menschen ihr Leben ließen, ermitteln Polizei und Justiz. Drei Männer stehen derzeit besonders im Fokus, sie wurden festgenommen und werden befragt. Einer von ihnen zeigt sich dabei klar geständig: Gabriele Tadini, Dienstleiter des Seilbahn-Unternehmens, räumte einem Bericht der Zeitung "La Repubblica" zufolge vor Ermittlern und Richtern ein: "Es ist alles meine Schuld."
Die Seilbahn hatte bereits vor dem Unglück immer wieder Probleme mit Unterbrechungen und Verspätungen. Um das zu vermeiden, wurde nach Darstellung Tadinis der Streckenlauf mit einer Metallgabel manipuliert – und aus Gründen des Profits so bewusst die Gefahr eingegangen, dass die Notbremse nicht mehr zieht. "Ich habe die Gabel reingesteckt, das habe ich auch schon andere Male gemacht“, zitiert "La Repubblica" Tadini. Er habe dabei nicht damit gerechnet, dass das Zugkabel reißen könne. Es sei nie seine Absicht gewesen, Menschen zu verletzen.
"Mein Mandant ist zerstört"
Tadinis Anwalt plädiert vor Gericht darauf, seinen Mandanten in Hausarrest zu entlassen: "Mein Mandant ist zerstört, er hat seit vier Tagen weder gegessen noch geschlafen." Mit der Schuld müsse Tadini nun sein ganzes Leben leben. "Unschuldige Menschen sind gestorben, es hätte Tadinis Sohn sein können oder meiner."
Tadini zufolge war die Gabel-Lösung nicht nur ihm bekannt. Auch andere im Unternehmen sollen von der Manipulation gewusst und sie befürwortet oder zumindest nicht verhindert haben. Darunter: Enrico Perocchio, Direktor der Seilbahn. Perocchio allerdings wies die Vorwürfe in seinen Befragungen bisher weit von sich: "Ich wusste nichts von den Gabeln, er hat entschieden."
Trauertag und Schweigeminute in Piemont
Die italienische Region Piemont hat derweil einen Trauertag für die Opfer des schweren Seilbahnunglücks vor einer Woche ausgerufen. Regionalpräsident Alberto Cirio rief die Bevölkerung in einem Erlass dazu auf, am Sonntag um 12 Uhr eine Schweigeminute einzulegen.
"Eine Woche nach dem, was am Morgen des 23. Mai passiert ist, ist das Piemont einmal mehr ganz nahe bei den Familien der Opfer der Tragödie, die unser Gebiet erschüttert hat", hieß es in einer Mitteilung vom Samstag.
Bei dem Seilbahn-Unglück am Pfingstsonntag kamen 14 Menschen ums Leben, ein fünfjähriger Junge wurde schwer verletzt. Nach bisherigem Ermittlungsstand riss kurz vor der Ankunft an der gut 1.300 Meter über dem Meer gelegenen Bergstation aus bisher unbekannter Ursache das Zugseil. In diesem Fall hätte eine Notbremse greifen müssen, was nicht geschah. Die Gondel raste mit hoher Geschwindigkeit an den Tragseilen zurück Richtung Tal, knallte an einen Seilbahn-Pfeiler und überschlug sich mehrfach. Nach dem Unglück wurden der Chef der Seilbahngesellschaft und zwei weitere leitende Mitarbeiter festgenommen.
Richter lässt Verdächtige frei
Ein italienischer Richter hat am Samstagabend die drei inhaftierten Männer wieder auf freien Fuß gesetzt. Das erklärte die Oberstaatsanwältin der Stadt Verbania, Olimpia Bossi, gegenüber dem Fernsehsender RAI.Wie die Tageszeitung "La Stampa" vermeldete, habe der Richter keine Gründe gesehen, die Männer weiterhin in Haft zu lassen, da sie nicht fliehen könnten und keine Gefahr auf Manipulation von Beweisen bestünde. Einer der Männer sei allerdings unter Hausarrest gestellt worden.