t-online beim Test Feueralarm beendet Probebetrieb am Pannenflughafen BER
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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Etwas mehr als 100 Tage sind es noch bis zur geplanten Eröffnung des Flughafens BER. t-online war zum Testen dort. Doch der Probebetrieb mit Komparsen endete am Donnerstag vorzeitig.
Wieder einmal Alarmstimmung am Pannenflughafen BER: Ein auf- und abschwellender Heulton, dann die Durchsage, man solle sofort das Gebäude verlassen. Ein Feueralarm hat am Donnerstag zum Abbruch des Probebetriebs mit Komparsen geführt. t-online wollte erleben, wie der neue Flughafen funktionieren wird. Doch die 230 Test-Fluggäste erlebten nur das halbe Programm – und bekamen den Eindruck, dass noch nicht alles rund läuft.
Am 31. Oktober soll der Flughafen neun Jahre verspätet mit den ersten Landungen auf der Nordbahn offiziell in Betrieb gehen. Tags darauf sollen auch die ersten Maschinen vom BER starten. Alle erforderlichen Genehmigungen sind da. Es geht dem Flughafen nun darum, für den Betrieb fit zu werden. Schon seit Ende April gab es erste Probeläufe mit Personal.
Komparsen testen mit Waffe und Surfbrett
Am Donnerstag fand der erste öffentlich ausgeschriebene Termin mit Komparsen statt. 230 Männer und Frauen, die sich online angemeldet hatten, um Fluggäste zu spielen. "Wir wollen sehen, ob Menschen von außerhalb den Flughafen so verstehen, wie wir ihn verstehen", so ein Flughafensprecher zu t-online. So sollen Schwächen auffallen. Es gibt noch weitere Termine unter BER-testen.de.
Unter den Testern ist der t-online-Reporter. Der bekommt am Empfang zur grünen Warnweste seinen Reiseplan: Erst Köln, dann Antalya, ein Gepäckstück ist laut seinem Regiezettel mitzunehmen. Koffer stehen dafür massenhaft parat. Beim Warten auf den Probelauf kommt Engelbert Lütke Daldrup, vierter Flughafenchef seit dem Spatenstich 2006, vorbei.
Die Reisenden sollen sich ihre Check-In-Schalter selbst suchen. Und da fällt schon einigen beim Warten etwas auf: Vom Hauptgang im Wartebereich ist nur die Rückseite der Anzeigetafel mit Abflügen zu sehen. Die Bildschirme sind schlecht zu erkennen. Solches Feedback will der Flughafen auch. "Grenoble" sucht ein Mann unter den Abflügen. Er hat auf seinem Wagen eine lange Tasche, ein Repetiergewehr. Der Mann hatte eine "Ereigniskarte" vom Flughafen erhalten, hat deshalb das Gepäckstück und einen Waffenschein ("Muster") erhalten. Auch so etwas soll eingespielt werden. Andere haben Surfbretter oder einen Platz in einem Rollstuhl.
t-online-Reporter löst Alarm aus
Startschuss um 11.30 Uhr: Es geht für alle zum Check-In. Echtes Eurowings-Personal am Schalter nach Köln checkt die Passagiere unter Fantasienamen ein, das Gepäck wird aufgegeben. Jetzt zur Sicherheitskontrolle. Bei der Einführung hat ein Flughafen-Mitarbeiter gewarnt: "Die Behörden kontrollieren wirklich. Sollten Sie entsprechende Gegenstände dabei haben, kann das zu einer Anzeige führen."
Das iPad aus dem Rucksack holen? Ja, lobt die Mitarbeiterin dort, wo Jacken und Handgepäck in Wannen gelegt werden. "Haben Sie noch Flüssigkeiten?" Als routinierter Flugreisender hat der Journalist die natürlich nicht..., oh... in der Seitentasche ist noch ein Smoothie. Die Dame von der Security erlaubt, diesen noch schnell zu trinken. Dann wird es ein bisschen hektisch.
Die Wanne mit dem Handgepäck fährt auf dem Band zum Röntgen, und dann tut sich nichts. Warten vor dem Ganzkörperscanner. Auf der anderen Seite wird ein älterer Herr besonders intensiv kontrolliert, eine Minute, zwei. Er wird befragt, schüttelt den Kopf, es wird diskutiert. Von einem Verdachtsfall ist die Rede. Auf dem Bildschirm ist ein Röntgenbild eingefroren mit einem offenbar verdächtigen Gegenstand.
Es ist das große, mit Solarzellen beschichtete Akku-Pack im Rucksack des t-online-Reporters, zusammen mit Kabeln und dem iPad, das in der Hektik irgendwie doch in der Tasche geblieben ist. Diese Gepäck-Wanne auf dem Band war zunächst dem älteren Herrn falsch zugeordnet worden. Jetzt wird der Journalist penibel abgetastet, muss die Schuhe ausziehen. Polizisten diskutieren kurz, ob sie den echten Namen durch den Computer laufen lassen sollen, ehe der Rucksack gemeinsam geöffnet wird. "Wir nehmen Mustermann."
Noch viel Baustelle auf dem Gelände
Direkt hinter der Sicherheitsschleuse geht es durch eine Baustelle. Abgeklebter Fußboden, Bauzäune rechts und links, Gerüste unter der Decke. Hier entsteht ein Duty-Free-Shop. Unter den Komparsen am Abflug-Gate ist das ein Gesprächsthema. Ein Architekt ist darunter und beruhigt. "Das ist normal. In einem Kino zwei Tage vor der Eröffnung glauben Sie auch nicht, dass da Filme gezeigt werden können." Aber hier wird seit 2006 gebaut ...
Unter den Komparsen gibt es auch manche, die 2012 schon einmal Tester waren oder es werden wollten. Der Berliner Steffen Antos hat die E-Mail vom 9. Mai 2012 um 16.57 Uhr aufgehoben: "ABSAGE: Ihre Probebetriebsteilnahme am BER". Der Flughafen informierte, dass der Flughafen noch nicht am 3. Juni 2012 eröffnen wird, weil "Fertigstellung und anschließende bauliche Abnahme der sicherheitstechnischen Anlagen bis zum geplanten Eröffnungstermin nicht mehr zu realisieren ist". 2012 an Komparsen verteilte Gutscheine für die Besucherterrasse sollen bis ein Jahr nach Eröffnung gültig sein.
Aus den Erfahrungen von damals kann der Flughafen nur zum Teil Schlüsse ziehen, so ein Sprecher: "Der Flughafen ist noch der gleiche wie damals", erklärt der Flughafensprecher und meint die Wege für die Reisenden. "Aber die Rahmenbedingungen haben sich geändert." In Billigflieger steigen mehr Passagiere mit weniger Gepäck ein, das Selbsteinchecken ist viel verbreiteter. In Corona-Zeiten ist ohnehin noch mal alles anders, durch den eingebrochenen Flugverkehr wird die Eröffnung weicher.
2020 gibt es keine Gutscheine als Entlohnung für die Teilnehmer, dafür aber 27.158 Äpfel und 16.295 Liter Kaffee. So steht es auf einer Sammlung mit Fakten, und bei diesem Punkt ist es nicht schlimm, wenn die Flughafen-Zahlen nicht stimmen sollten. Lediglich die Initiative "Faire Gagen für Komparsen und Darsteller" sah in Äpfeln, Werbegeschenken und dem Flughafen-Erlebnis zu wenig Entlohnung und forderte eine gesetzeskonforme Bezahlung. Unwissenheit und Leidenschaft der "Gäste" würden für unternehmerische Zwecke einfach ausgenutzt.
Reise nach Köln nach 4.27 Minuten vorbei
Der Flug nach Köln-Bonn wird am Gate A34 aufgerufen, eine Mitarbeiterin scannt die Bord-Pässe, es geht eine Treppe runter. Einsteigen. Der Motor startet, die Reise beginnt. 4 Minuten und 28 Sekunden später ist sie vorbei. Auf einer Reiseflughöhe von Null Metern haben die 450 PS eines Mercedes-Busses die Komparsen zum Ankunftsterminal gebracht. Am Band dort muss niemand warten – jeder schnappt sich entsprechend des Regieplans eines oder mehrere der Gepäckstücke des "Flugs" aus Kittila in Lappland.
Jetzt soll es nach Antalya gehen. Doch während sich die Schlange am Schalter bildet, heult die Sirene: Feueralarm! Die Menschen strömen nach draußen. Flughafen-Mitarbeiter rätseln, ob das Teil einer Übung ist. Ist es nicht: Ein Brandmelder hat tatsächlich angeschlagen. Ausgerechnet. Der Brandschutz war das ganz große Problem, das die Eröffnung so lange verzögerte.
Ein Flughafensprecher wiegelt auf t-online-Anfrage ab: "Fehlalarme gibt es überall." Am BER habe es bisher keine Häufung gegeben. Die genaue Ursache, warum der Alarm ausgelöst wurde, ist nicht klar. Der Vorfall sei kein Grund zur Beunruhigung.
Draußen vor dem Terminal gibt es zunächst keine klaren Ansagen. Eigentlich gibt es festgelegte Räumungshelfer, die auch Zugriff auf Megafone in Räumungsboxen haben. Aber hier ist niemand mit Megafonen. Eine Frau in roter Weste muss laut brüllen, um die 230 Komparsen, Mitarbeiter von Flughafen und Fluggesellschaften zu dirigieren. "Bitte weiter nach hinten gehen, damit wir den Corona-Abstand einhalten." Wenn hier tausende Menschen wären, es würde jetzt sehr chaotisch sein. Im Regelbetrieb sei das Management im Gebäude anders besetzt, erklärt der Flughafensprecher.
Gepäck-Aufklebern fehlt ein Zeichen
Fünf Minuten vergehen. Eine Flughafen-Mitarbeiterin wundert sich über den Gepäckaufkleber an der Tasche mit der Waffe, die nun nach Antalya reisen soll. "YT" steht dort in zwei großen Buchstaben. Die internationalen Kürzel für Flughäfen heißen aber nicht ohne Grund "Drei-Letter-Code", der von Antalya ist "AYT". "Vielleicht die falsche Schriftgröße", sagt sie. Wieder etwas entdeckt im Probebetrieb.
Nach rund 15 Minuten gibt die Flughafen-Feuerwehr Entwarnung. Zunächst darf das Flughafenpersonal zurück ins Terminal. Draußen stehen nun nur noch die Menschen in den grünen Westen mit dem Aufdruck ORAT. "ORAT" steht für "Operational Readiness and Airport Transfer". Es sind also Mitarbeiter für den Umzug und die Inbetriebnahme des neuen Flughafens.
BER hat in dieser Phase jemanden, der damit viel Erfahrung hat. Betriebsleiter Muller kam vom Münchner Flughafen, war in Kairo und hat auch schon zwischen 2010 und 2014 den alten Flughafen von Doha (Katar) in einen Neubau überführt. Dieser Airport hatte schon 2009 eröffnen sollen, der Termin musste allerdings mehrfach verschoben werden. Der BER ist nicht allein, auch wenn es oft so aussieht.
Als auch die Komparsen wieder Schlangen an den Check-In-Schaltern bilden, heult der Alarm erneut los. Wieder alle raus. Weitere 20 Minuten später ist dort klar: Der Zeitplan ist nicht mehr zu schaffen. Die Komparsen machen hier heute keine "Flüge" mehr.
Immerhin: Vor der Eröffnung sind insgesamt 25 solcher Termine geplant. BER kann also noch viel üben. Dann vielleicht auch ohne Feueralarme.
- Eigene Recherchen
- ber-testen.de: Teilnahmebedingungen
- ber-heute.de: Startschuss für den Integrationsprobebetrieb: Berliner und Brandenburger testen ihren neuen Flughafen (Feb 2012)
- Facebook: Posting Flughafen vom März 2013 zu Gutscheinen
- Facebook: Posting "Faire Gagen für Komparsen & Darsteller"
- airliners.de: Orat - das komplexe Programm rund um eine Flughafeneröffnung
- Märkische Allgemeine: Der BER hat einen neuen Hoffnungsträger
- Gulf Business: Qatar Airways Shifts Operations To Hamad International Airport