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Sturm "Herwart": Frachter vor Langeoog manövrierunfähig auf Grund gelaufen


Sturm "Herwart"
Frachter vor Langeoog manövrierunfähig auf Grund gelaufen

Von dpa, afp, rok, jmt

Aktualisiert am 30.10.2017Lesedauer: 5 Min.
Der Frachter "Glory Amsterdam" treibt vor Langeoog.Vergrößern des Bildes
Der Frachter "Glory Amsterdam" treibt vor Langeoog. (Quelle: Havariekommando/dpa)
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Bei starkem Seegang durch Sturm "Herwart" hat sich in der Nordsee ein Frachter losgerissen und ist in der Deutschen Bucht vor Langeoog auf Grund gelaufen. Versuche, die 225 Meter lange "Glory Amsterdam" zu bergen, blieben zunächst erfolglos. Nach bisherigen Erkenntnissen seien die 22 an Bord befindlichen Menschen unverletzt. In Niedersachsen und Mecklenburg forderte der Sturm Todesopfer.

Aufgrund des starken Seegangs konnten die Anker zunächst nicht gehievt werden, wie das deutsche Havariekommando mitteilte. Das Lagezentrum hat die Einsatzleitung übernommen. Ein Hochseeschlepper sollte das havarierte Schiff sichern, doch Leinenverbindungen brachen. Auch Spezialisten, die per Hubschrauber bei Windstärke 8 bis 9 bei Wellen bis zu sieben Metern auf das Schiff gelangen sollte, konnten wenig ausrichten.

Der Frachter hatte keine Ladung an Bord, allerdings 1800 Tonnen Schweröl und 140 Tonnen Marinediesel als Treibstoffe geladen. Im Moment sei das Schiff, das mit einem Doppelboden ausgestattet sei, stabil, sagte eine Sprecherin des Havariekommandos. Das Havariezentrum bereitet nach eigenen Angaben einen erneuten Freischleppversuch vor, der voraussichtlich nicht vor Montagmorgen erfolgen kann. Dafür seien bereits der Hochsseschlepper "Nordic" und das Mehrzweckschiff "Mellum" vor Ort. Ein Hubschrauber hatte zudem ein Team des Havariezentrums auf der "Glory Amsterdam" abgesetzt.

Sturmflut lässt Strand verschwinden

Die schwere Sturmflut in der Nacht zum Sonntag hat auf der ostfriesischen Insel Wangerooge Massen an Sand weggespült. Der Sand am Bade- und Burgenstrand sei zu 80 Prozent verschwunden, sagte Insel-Bürgermeister Dirk Lindner. "Wir warnen seit Jahren, aber Land und Bund schieben sich gegenseitig die Verantwortung zu", kritisiert er.

Wegen der meterhohen Abbruchkante seien zwei Strandübergänge gesperrt. Der Lokalpolitiker fühlt sich alleingelassen. Den Bade- und Burgenstrand habe die Gemeinde vom Bund gepachtet und müsse jetzt auch für die Kosten aufkommen, wieder Sand aufzuschütten. Die Schäden in anderen Bereichen der Insel könne man erst am Montag beurteilen, wenn das Nachthochwasser weg sei, sagte der Bürgermeister.

Die Sturmflut hat einen Mann in der niedersächsischen Wesermarsch das Leben gekostet. Der 63-Jährige übernachtete mit seinem Bruder in einem Camping-Bus am Deich, als die schnell steigenden Wassermassen sie überraschten. Der Bruder konnte sich nur mit Not retten.

Den Campingbus hatten die Geschwister aus NRW vor dem Deich auf dem Gelände des Strandbads Sehestedt am Jadebusen abgestellt. In den frühen Morgenstunden brauste dann die Sturmflut heran. Um 4.21 Uhr setzten sie einen Notruf ab.

Bruder klammerte sich an einen Mast

Als die Polizei eintraf konnten die Beamten das Gelände allerdings wegen der vordringenden Wassermassen nicht mehr auf dem Landweg erreichen. Daraufhin leiteten Feuerwehr und Wasserschutzpolizei eine Rettungsaktion ein, bei der auch ein Hubschrauber zum Einsatz kam.

Der überlebende 59-Jährige wurde dann kurz nach 7 Uhr mit starken Unterkühlungen, aber ansonsten unverletzt per Schlauchboot gerettet. Er gab an, er habe noch mit seinem Bruder versucht, den nahen Deich zu erreichen, was aber an einem Wassereinbruch auch von dieser Seite gescheitert sei. Er habe sich noch an einen Mast klammern können, seinen Bruder aber aus den Augen verloren. Dessen Leiche wurde gegen 8.30 Uhr vom Hubschrauber aus entdeckt.

Eine Frau tot, ein Urlauber verletzt, ein Passagier vermisst

Am Sonntag dann kenterte auf dem Peenestrom in Mecklenburg-Vorpommern ein Motorboot mit drei Urlaubern aus Sachsen bei stürmischem Wetter. Eine Frau und ein Mann konnten bei Wolgast im Kreis Vorpommern-Greifswald mit lebensbedrohlichen Verletzungen gerettet werden, ein Mann wird noch vermisst, wie ein Polizeisprecher sagte. Die Frau verstarb später im Krankenhaus.

Die Urlauber aus der Region Chemnitz waren trotz Sturmwarnung auf den Peenestrom hinausgefahren. Der gerettete 56-Jährige und die 48 Jahre alte Frau seien mit starken Unterkühlungen in Kliniken gebracht worden. Die Suche nach dem dritten Passagier soll am Montag fortgesetzt werden.

Große Schäden und Einschränkungen des Bahnverkehrs

Der schwere Herbststurm "Herwart" hat am Sonntag in weiten Teilen Deutschlands große Schäden verursacht. In Berlin rief die Feuerwehr den Ausnahmezustand aus. Auch in Hamburg gab es erhebliche Beeinträchtigungen und Überflutungen. Die Bahn stellte in weiten Teilen Norddeutschlands den Zugverkehr ein.

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In Berlin deckte der Sturm am Morgen ein komplettes Hausdach ab. "Teile liegen auf der Straße", sagte ein Feuerwehrsprecher.

An zwei Orten in Berlin stürzten zudem Baugerüste um - ein Fußgänger wurde dabei schwer, aber nicht lebensgefährlich verletzt. Zwei S-Bahnen rammten umgestürzte Bäume. Verletzte habe es dabei jedoch nicht gegeben.

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In Hamburg machte vor allem die schwere Sturmflut den Menschen zu schaffen. Im Bereich der Hafencity liefen Tiefgaragen voll, auch am überfluteten Fischmarkt und von der Strandallee in Blankenese mussten Fahrzeuge geborgen werden.

Wegen des Sturms hatten die Einsatzkräfte mit zahlreichen umgestürzten Bäume, Baugerüsten und Dachteilen zu kämpfen. In Hamburg-Altengamme musste die Feuewehr eine Kuhherde aus dem Hochwasser retten. Im Laufe des Sonntagvormittags beruhigte sich die Lage allmählich.

Eine Übersicht aller Unwetterwarnungen im Zusammenhang mit Sturm "Herwart" finden Sie HIER.

Auch Mecklenburg-Vorpommern war stark von dem Sturmtief betroffen. In Greifswald wurde nach Angaben der Polizei ein Haus durch einen umgestürzten Baum teilweise zerstört. In den Urlaubsorten Zinnowitz und Heringsdorf auf Usedom wurden Autos durch umgestürzte Bäume beschädigt. Das Polizeipräsidium Rostock meldete über 51 umgestürzte Bäume, die teilweise Straßen blockieren. Auch Mülltonnen und Verkehrszeichen lagen auf den Straßen.

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Die Bahn stellte am Sonntag in sieben Bundesländern ihren Fernverkehr weitgehend ein. Von den Sperrungen waren insbesondere auch die Fernverkehrsstrecken Berlin-Hamburg, Berlin-Hannover, Rostock-Hamburg, Bremen-Hannover und Dortmund-Hamburg sowie die Verbindungen von Hamburg nach Westerland, Kiel und Stralsund betroffen.

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Auch in Mecklenburg-Vorpommern war der Zugverkehr auf mehreren Strecken wegen umgestürzter Bäume sowie Ästen in den Oberleitungen beeinträchtigt. Reparaturtrupps entfernten mit Kettensägen umgestürzte Bäume von den Gleisen, beschädigte Oberleitungen wurden repariert. Hubschrauber seien zur Streckenkontrolle im Einsatz.

Die Bahn bat Reisende, sich online vor Antritt der Fahrt über die aktuelle Lage zu informieren: unter m.bahn.de, über die DB-App oder bei www.bahn.de/reiseauskunft. Alle für Sonntag gekauften Tickets könnten binnen 4 Wochen kostenlos storniert oder umgetauscht werde.

Eine Auflistung der betroffenen Strecken finden sie HIER.

Nach Angaben des Deutschen Bahn soll sich die Lage im Laufe des Sonntags allmählich entspannen. Aber insbesondere für die Küsten sowie die Mittelgebirge und den Alpen waren demnach noch orkanartige Böen zu erwarten.

Berliner Zoo und Tierpark bleiben geschlossen

Zoo und Tierpark in Berlin blieben wegen der Sturmwarnung am Sonntag geschlossen. Herabfallende Äste des alten Baumbestandes könnten eine Gefahr für Besucher sein, hieß es in einer Mitteilung.

Die Berliner Feuerwehr rief den Ausnahmezustand aus. Alle Freiwilligen Feuerwehren seien zur Unterstützung alarmiert worden, teilte die Feuerwehr über den Internetdienst Twitter mit.

Airbus landet unplanmäßig in Frankfurt

Wegen starker Windböen in Frankfurt musste am Sonntag ein Airbus A380 der Lufthansa außerplanmäßig in Stuttgart landen. Nachdem die aus Houston (USA) kommende Maschine einige Zeit über dem Flughafen Frankfurt gekreist war, entschied sich der Kapitän zur Sicherheitslandung in der baden-württembergischen Landeshauptstadt, auch weil Treibstoff knapp wurde. Der SWR hatte zunächst darüber berichtet. Ein Sprecher des Flughafens Stuttgart sagte, das Flugzeug sei sicher gelandet. Ein Sprecher der Lufthansa bestätigte das ebenfalls.

Zwei Tote in Tschechien durch "Herwart"

In Tschechien hat "Herwart" zwei Menschen das Leben gekostet. Eine Frau wurde bei einem Waldspaziergang bei Trebic (Trebitsch) in Mähren von einem Baum erschlagen. Ein Mann starb, als er in der Kleinstadt Jicin (Jitschin) in Nordböhmen von einem Baum getroffen wurde. Das berichtete die Agentur CTK am Sonntag unter Berufung auf die Rettungskräfte.

Hunderttausende Haushalte waren im ganzen Land ohne Strom, weil Freileitungen beschädigt wurden. Der staatliche Wetterdienst gab Unwetterwarnungen vor extrem starkem Sturm heraus und warnte vor Hochwassergefahr im Norden Tschechiens. Die Feuerwehren waren im Dauereinsatz, um Äste und Baumstämme von Straßen und Eisenbahnstrecken zu entfernen. In Most (Brüx) wurde eine erst vor sieben Jahre eingeweihte orthodoxe Holzkirche vom das Unwetter regelrecht umgeworfen und zerstört.

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