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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Erdbeben-Risikogebiete Unterschätzte Gefahr? Wo in Deutschland die Erde beben kann
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Ein geologisches Relikt erwacht kurz zum Leben: In der Elbezone bei Dresden kommt es zu einem spürbaren Erdbeben. Wie ist das ungewöhnliche Ereignis einzuordnen?
Dresden, 1. Februar, 9.12 Uhr: An diesem Samstagmorgen bebt wischen Dresden und Pirna die Erde. Es werden zahlreiche Erschütterungen gemeldet. Das Erdbeben ist in einem Umkreis von 40 bis 60 Kilometern spürbar, meldet das Sächsische Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (LfULG). In der Regel verursachen Beben dieser Stärke keine Schäden, auch jetzt werden keine gemeldet.
Trotzdem sind die Erschütterungen ungewöhnlich stark. "Das aktuelle Ereignis mit einer Magnitude 2,6 gehört zu den größeren der letzten Jahrzehnte", erklärt das Landesumweltamt. "Durch die Lage im Ballungsgebiet zwischen Pirna und Dresden und der für Beobachtungen günstigen Uhrzeit wurde das Beben durch sehr viele Menschen deutlich wahrgenommen", lautet die Erklärung.
"Ein dumpfes Grollen, als ob ein Gewitter wäre oder das Haus einstürze würde", beschreibt ein Zeuge das Geschehen. Ein anderer meldet: "Dumpfer Knall (wie Explosion), danach vibrierte es, sogar die Gläser im Schrank haben geklirrt!"
Die Erdbeben-Risikogebiete in Deutschland
Es ist das stärkste Erdbeben im Raum Dresden seit 1986. Auch wenn Deutschland als ein Land erscheint, in dem Erdbeben wie ein ferner Albtraum aus anderen Teilen der Welt wirken: Auch hierzulande brodelt es unter der scheinbar ruhigen Oberfläche. Die Wahrscheinlichkeit für starke Beben in Deutschland wird als gering bis mittel eingestuft, sollte aber in Risikogebieten nicht unterschätzt werden. Risikogebiete in Deutschland liegen in der Kölner Bucht, südlich von Tübingen in der Schwäbischen Alb, im südlichen Rheingraben sowie in der Umgebung von Gera.
Die Erde ist in Bewegung, manchmal kaum spürbar, manchmal mit einem unüberhörbaren Grollen. Besonders in bestimmten Regionen – dem Rheingebiet, auf der Schwäbischen Alb sowie in Ostthüringen und Westsachsen – kommt es immer wieder zu kleineren Erdbeben. Meist sind es nur sanfte Erschütterungen, kaum mehr als ein kurzes Vibrieren unter den Füßen. Doch es gibt Momente, in denen die Kraft tief aus dem Inneren des Planeten zu spüren ist. Wenn die Erde sich ruckartig verschiebt, können Gebäude erzittern, Fensterscheiben klirren und Wände feine Risse bekommen.
Tektonische Plattenverschiebungen führen zu Erdbeben
Diese Erfahrung machten zuletzt die Menschen zwischen Dresden und Pirna. Das Beben dort ereignete sich in der Elbezone, die eine der größten tektonischen Strukturen in Sachsen ist. Auch wenn die eigentliche Hauptaktivität dieser Grabenstruktur in den vorangegangenen geologischen Zeitaltern aufgehört hat, kommt es dennoch in regelmäßigen Abständen zu leichteren Erdbeben in dieser Region. "Das ist eine geologische Großstruktur, die sich von Tschechien bis fast nach Leipzig zieht. Vor vielen Millionen Jahren hat sie sich bewegt. Jetzt steht sie eigentlich still, aber es gibt noch Restaktivitäten, die wir bei kleineren Beben bemerken", erklärt Geophysiker Lutz Sonnabend vom Landeserdbebendienst MDR SACHSEN.
Auch die Erdbeben in der Kölner Bucht sind auf tektonische Aktivitäten zurückzuführen. Das Gebiet ist ein Teil der rheinischen Erdbebenzone, die sich vom Erdbebengebiet Basel bis in die Beneluxstaaten erstreckt. Die Erde bebt hier, weil sich die Afrikanische Platte unter die Europäische Platte, auch Eurasische Platte genannt, schiebt. Die Afrikanische Platte bewegt sich dabei stetig nach Norden und trifft auf die Europäische Platte. Diese Kollision hat in der Vergangenheit unter anderem die Alpen aufgetürmt und erzeugt heute große Spannungen entlang der Plattengrenzen. Infolgedessen kommt es zu Erdbeben.
Doch nicht alle Regionen an diesen Plattenrändern sind gleich stark gefährdet. Während in Gebieten wie Zentralitalien schwere Erdbeben häufiger auftreten, gibt es andere Regionen, in denen täglich Hunderte kleinere Beben registriert werden. Dies ist zum Beispiel in der Schweiz der Fall. Diese schwachen Erschütterungen (unter Magnitude 2) helfen dabei, Spannungen im Untergrund allmählich abzubauen, ohne größere Beben auszulösen. Auch in der Kölner Bucht kommt es zu Entladungen dieser Art. Im Zuge dieser Erdbeben senkt sich die Kölner Bucht langsam ab.
Ursachen für Erdbeben sind vielfältig
Die Erdbeben im Vogtland haben hingegen eine andere Ursache: Sie haben einen Bezug zum Vulkanismus. "Da steigen Gase und Wässer auf, die Schwarmbeben auslösen. Das haben wir in der Elbezone nicht. Es sind in diesem Bereich auch keine stärkeren Beben zu erwarten", gibt der Geophysiker Lutz Sonnabend Entwarnung.
Unheimlich ist aber eine andere Art von Erdbeben – jene, die nicht aus der unberechenbaren Tiefe des Planeten stammen, sondern von Menschenhand ausgelöst werden. Bohrungen, der Abbau von Bodenschätzen, riesige Talsperren, selbst Explosionen – all das kann die Erde zum Beben bringen. Diese sogenannte induzierte Seismizität bleibt oft unbemerkt, doch gelegentlich wird sie spürbar.
- eskp.de: "Erdbebengefährdung in Deutschland"
- erdbebennews.de: "Leichtes Erdbeben (M2.6) in Pirna"
- medienservice.sachsen.de: "Leichtes Erdbeben in Pirna: Experten geben Entwarnung"
- mdr.de: "Erdbeben in Pirna: Epizentrum lag südlich der Stadt"
- bgr.bund.de: "GERSEIS – Das deutsche Erdbebendienst-System"
- bbk.bund.de: "Erdbeben – Schutz vor geologischen Gefahren"