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Zum journalistischen Leitbild von t-online."Sicherheit kostet Geld" Nach IS-Drohung: Wie schützen kleine Gemeinden Karnevalsumzüge?
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Nach einer Anschlagsdrohung gegen den Karneval in Köln sind die Faschingshochburgen um noch bessere Sicherheitskonzepte bemüht. Doch wie sieht die Lage aus bei Fastnachtsveranstaltungen in kleineren Gemeinden?
Die Terrorgruppe "Islamischer Staat" (IS) hat mit einem Anschlag auf den Kölner Karneval gedroht. Infolge der angespannten Sicherheitslage werden die Karnevalszüge in Hochburgen wie Köln und Düsseldorf in diesem Jahr deshalb ganz besonders geschützt. Doch wie sieht die Lage in kleineren Städten und Gemeinden aus, in denen in den nächsten Tagen ebenfalls Fastnachts-, Faschings- und Karnevalsumzüge anstehen? Hat die Polizei überhaupt genug Einsatzkräfte, um auch dort die Sicherheit der Jecken zu gewährleisten?
"Für die Erstellung und Umsetzung der Sicherheitskonzepte auf Karnevalsveranstaltungen sind in erster Linie die Ordnungsämter zuständig", sagt Heiko Teggatz, stellvertretender Vorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), zu t-online. Die Polizei kommt laut Teggatz erst zum Einsatz, wenn sie Teil des Sicherheitskonzepts ist. Das wiederum ist dann eine Frage der allgemeinen Lage und hängt davon ab, wo in kleineren Gemeinden Karneval gefeiert wird, erklärt Teggatz. Sprich: In einem Raum ist die Bedrohungslage geringer als bei einem Karnevalsumzug. Eine Rolle für den möglichen Einsatz von Polizeikräften spielt außerdem, ob es eine konkrete Bedrohungslage für eine Region gibt.
Bei der Erstellung der Sicherheitskonzepte spielt aber auch eine Rolle, wie viele Personen an den Karnevalsveranstaltungen teilnehmen und wie die örtlichen Gegebenheiten aussehen, also ob ein Karnevalsumzug etwa entlang einer Bundesstraße führt und es Zufahrten gibt.
Teggatz: "Auch bei der Polizei ist das Personal endlich"
"Werden Einsatzkräfte der Polizei gebraucht, wird das Personal ausgewogen eingesetzt", sagt Teggatz weiter. Denn: "Auch bei der Polizei ist das Personal endlich". Können keine Polizistinnen und Polizisten für Faschingsveranstaltungen abgezogen werden, müssen die Ordnungsämter oder die betroffenen Veranstalter private Sicherheitsunternehmen beauftragen. Teggatz: "Sicherheit kostet Geld".
Wie viele Beamte während der Karnevalsumzüge zum Einsatz kommen, lässt sich Teggatz zufolge nicht sagen. Das hängt zum einen mit der konkreten Anschlagsbedrohung zusammen. Zum anderen muss jedes Bundesland selbst entscheiden, wie viele Einsatzkräfte es für die eigene Sicherheit einplant und ob es Kräfte an andere Bundesländer abgeben kann. "Die Innenminister stimmen sich dann ab, um gegebenenfalls Kräfte zu entsenden", führt Teggatz aus.
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Weisen die Sicherheitskonzepte der Ordnungsbehörden allerdings Lücken auf, wie es etwa beim Anschlag auf dem Weihnachtsmarkt in Magdeburg der Fall war, ist es nicht Aufgabe der Polizei, diese Lücken zu stopfen, betont Teggatz. Fachleute der Polizei unterstützen die Behörden aber jederzeit bei Fragen zu Sicherheitskonzepten. Das betrifft etwa den Einsatz von Pollern, um unkontrollierte Zufahrten von Autos zu unterbinden. Oder Absperrmaßnahmen durch Rettungs- und/oder Streifenwagen oder Fahrzeuge von anderen Sicherheitsdiensten.
Mertens: "Keine Kostüme mit Bewaffnung tragen"
Ähnlich sieht es auch Michael Mertens, Stellvertretender Bundesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP). Neben den Ordnungsämtern, die vor allem für den öffentlichen Raum zuständig sind, und der Polizei sieht er auch die Veranstalter von Karnevalspartys in der Pflicht, die Sicherheit zu gewährleisten und entsprechende Konzepte auszuarbeiten. Mertens betont, dass Schwachpunkte in Sicherheitskonzepten "immer neu nachjustiert" werden. Verantwortlich sind dabei alle drei Akteure: Veranstalter, Ordnungsämter und Polizei, sagt Mertens t-online. "Jeder einzelne Karnevalsumzug hat sein eigenes Konzept. Je nach Lage kann stufenweise und dynamisch mit entsprechenden Maßnahmen reagiert werden. Etwa indem Poller aufgestellt werden, personell oder durch das Bereitstellen von Einsatzfahrzeugen, die Wege überprüfen", erklärt Mertens und fügt hinzu, dass Sicherheitskonzepte final auch noch einmal am Tag der Veranstaltung überprüft werden.
Zwei Dinge sind Mertens, der als Rheinländer selbst ein bekennender Karnevalist ist, noch wichtig: "Die Menschen sollten bitte keine Kostüme mit Bewaffnung tragen", sagt er und betont, trotz aller Feierlichkeiten eine "Restaufmerksamkeit mit wachem Blick" zu haben, für das was rechts und links der Umzüge passiert, und gegebenenfalls sofort die Polizei zu rufen . "Lieber die Polizei einmal zu viel informieren als zu wenig", rät er. "Wir sollten uns den Karneval und die Lebensfreude nicht vermiesen lassen."
- Eigene Recherche
- Telefonat mit Heiko Teggatz (26.02.2025)
- Telefonat mit Michael Mertens (26.02.2025)