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Papst Franziskus-Nachfolger: Er ist der heimliche Favorit auf Thron


Stiller Stratege und mächtigster Kardinal
Er ist der heimliche Favorit auf die Papst-Nachfolge


26.02.2025 - 15:24 UhrLesedauer: 4 Min.
Kardinal Pietro Parolin: Der Staatssekretär des Vatikans steht im Zentrum eines erbitterten Machtkampfs.Vergrößern des Bildes
Kardinal Pietro Parolin: Der Staatssekretär des Vatikans steht im Zentrum eines erbitterten Machtkampfs. (Quelle: Andrea Calandra/imago-images-bilder)
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Er lenkt seit Jahren die Geschicke der Kirche im Verborgenen: Pietro Parolin. Als mächtigster Kardinal im Vatikan gilt er als logischer Nachfolger von Franziskus. Doch reicht das, um Papst zu werden?

Pietro Parolin gilt als der mächtigste Kardinal im Vatikan – und als logischer Nachfolger von Papst Franziskus. "Die Zukunft der Kirche erfordert Weisheit und Geduld", sagte Parolin einmal – Eigenschaften, die ihn in einem möglichen Konklave unter die Favoriten bringen könnten.

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Seit 2013 lenkt Kardinal Parolin als Staatssekretär des Vatikans die diplomatischen Geschicke der katholischen Kirche. Der 70-jährige Italiener gilt als pragmatischer Stratege, geschickter Diplomat und enger Vertrauter von Papst Franziskus. Seine Verbindungen reichen von Peking bis Washington.

Der schlechte gesundheitliche Zustand von Papst Franziskus befeuert aktuell die Diskussion über eine mögliche Papstwahl in naher Zukunft. Zwar betonte Parolin zuletzt: "Der Heilige Vater denkt nicht an Rücktritt." Doch hinter den Kulissen formieren sich bereits mögliche Mehrheiten für das nächste Konklave.

Auf dem Sprungbrett für das Papstamt

Unter den Kardinälen genießt Parolin großen Respekt. "Er hat eine einzigartige Fähigkeit, auf Menschen zuzugehen und gleichzeitig die Interessen der Kirche zu wahren", sagte ein hochrangiger Vatikanbeamter. Seine lange Erfahrung als Diplomat und sein besonnener Führungsstil könnten ihn zum idealen Kandidaten für das höchste Amt der Kirche machen.

"Als traditionell aussichtsreicher Kandidat gilt Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin, der als Nummer zwei im Vatikan eine zentrale Rolle einnimmt. Historisch gesehen wurde dieses Amt häufig zum Sprungbrett für das Papstamt", sagte Vatikan-Experte Andreas Englisch im Interview mit t-online. Doch seine körperliche Verfassung und sein Alter könnten zum Problem werden. "Es gibt Unsicherheiten bezüglich seiner Gesundheit, da er eine schwere Krebserkrankung überstanden hat. Aber er ist definitiv ein Kandidat", so die Einschätzung des Journalisten und Buchautors, der seit 40 Jahren über den Vatikan schreibt.

Meister der stillen Verhandlungen

Als Staatssekretär bewies Parolin zudem, dass er die komplexe vatikanische Bürokratie im Griff hat. "Eine gut funktionierende Kurie ist essenziell für die Einheit der Kirche", so Parolin.

Er gilt als jemand, der den Kurs von Papst Franziskus weiterführen würde, aber dabei diplomatischer und gemäßigter vorgehen würde. Parolin gilt als ein Meister der stillen Verhandlungen. Unter anderem spielte er eine zentrale Rolle bei den heiklen Gesprächen zwischen dem Vatikan und China, die 2018 in einem umstrittenen Geheimabkommen über die Ernennung von Bischöfen mündeten. "Es geht darum, Brücken zu bauen, nicht Mauern zu errichten", betonte er damals.

Mit seinem Reformismus macht sich Parolin Feinde

Kritiker werfen ihm jedoch vor, zu sehr Pragmatiker zu sein, der diplomatische Lösungen über Glaubenswahrheiten stellt. Ausgerechnet das China-Abkommen brachte ihm scharfe Kritik von Kardinal Joseph Zen Ze-kiun, dem emeritierten Bischof von Hongkong, und vielen katholischen Gläubigen ein, die darin eine gefährliche Annäherung an die chinesische Regierung sehen.

Auch seine Rolle in der Affäre um den Malteserorden 2016/2017 wirft Fragen auf. Der Malteserorden erlebte damals eine schwere Führungskrise, ausgelöst durch die umstrittene Absetzung des Großkanzlers Albrecht von Boeselager. Ihm wurde vorgeworfen, den Einsatz von Kondomen in einem Hilfsprogramm in Myanmar nicht verhindert zu haben. Diese Entscheidung führte zu Spannungen innerhalb des Ordens und zu einem Konflikt mit dem Vatikan. Parolin sprach von einer "beispiellosen Krise". "In dieser Situation hat der Papst entschieden, eine Untersuchungskommission einzurichten, um Informationen zu dem Fall zu sammeln", erklärte er den Vatikan-Kurs. Der Malteserorden hatte sich gegen eine vatikanische Untersuchung zu seiner Leitungskrise gewehrt.

Zudem schien Parolin auch in die Finanzskandale des Vatikans verstrickt gewesen zu sein. Er wurde zwar nie direkt angeklagt, aber sein Name fiel mehrfach im Zusammenhang mit fragwürdigen Immobiliengeschäften.

Ein weiteres Thema, das Parolin in den Fokus der Kritik rückt, ist seine Haltung zur traditionellen Liturgie. Er gilt als Verfechter der von Franziskus angestoßenen Synodalität und sieht eine stärkere Dezentralisierung der Kirche als zukunftsweisend. Wenn es nach Papst Franziskus geht, haben in Zukunft nicht nur Kardinäle und Bischöfe das Sagen, sondern auch Ordensschwestern, Ordensbrüder, Priester, Frauen und Männer, die auf Synoden über Grundsatzfragen der katholischen Kirche entscheiden.

Aus der italienischen Provinz in den "Rat der Kardinäle"

Parolin wurde 1955 in Schiavon geboren, einer kleinen Stadt in der Provinz Vicenza in Norditalien. Er wuchs in einer katholischen Familie auf – sein Vater war Eisenwarenhändler, seine Mutter Grundschullehrerin. Als er zehn Jahre alt war, verlor er seinen Vater bei einem Autounfall, ein tragisches Ereignis, das ihn stark prägte.

Bereits früh spürte er eine Berufung zum Priesteramt und trat mit 14 Jahren in das Priesterseminar von Vicenza ein. Nach seiner Weihe im Jahr 1980 entsandten ihn seine Vorgesetzten nach Rom, um Kirchenrecht an der Päpstlichen Universität Gregoriana zu studieren.

Video | Hier schlummern die Geheimnisse des Vatikan
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Quelle: t-online

Parallel dazu begann seine Ausbildung für den diplomatischen Dienst des Vatikans. 1986 trat er in den diplomatischen Dienst der Kirche ein und arbeitete zunächst in Nigeria. Später war er in der Nuntiatur in Mexiko tätig, wo er entscheidend an der Wiederherstellung diplomatischer Beziehungen zwischen Mexiko und dem Heiligen Stuhl mitwirkte.

1992 kehrte er nach Rom zurück und arbeitete in der zweiten Sektion des Staatssekretariats, zuständig für diplomatische Beziehungen zu Spanien, Andorra, Italien und San Marino. Von 2002 bis 2009 war er Unterstaatssekretär für die Beziehungen mit Staaten und damit verantwortlich für Kontakte mit Vietnam, Nordkorea, Israel und China. 2009 wurde er von Papst Benedikt XVI. zum Erzbischof geweiht und als Nuntius nach Venezuela entsandt. 2013 ernannte ihn Papst Franziskus zum Staatssekretär des Vatikans, 2014 wurde er in den inneren Beraterkreis des Papstes, den sogenannten "Rat der Kardinäle", berufen.

"Insgesamt bleibt das Rennen um das Papstamt offen"

Auch wenn Parolin nun als einer der Favoriten für eine mögliche Nachfolge auf dem Thron Petris gilt, wird das nächste Konklave unberechenbar, betont Vatikanexperte Englisch: "Insgesamt bleibt das Rennen um das Papstamt offen. Während es einige Tendenzen gibt, die für bestimmte Regionen oder Kandidaten sprechen, gibt es keinen klaren Favoriten."

Neben theologischen und strategischen Überlegungen gebe es eine zusätzliche Herausforderung, die in früheren Jahrhunderten keine Rolle spielte, heute aber zunehmend an Bedeutung gewinnt: die persönliche Integrität eines Kandidaten. "Während in der Vergangenheit persönliche Verfehlungen von Kardinälen kaum öffentlich wurden, ist dies im digitalen Zeitalter völlig anders. Heute besteht das Risiko, dass nach der Wahl eines neuen Papstes plötzlich kompromittierende Aufnahmen oder Berichte auftauchen, die seiner Glaubwürdigkeit und der Kirche schaden könnten."

Verwendete Quellen
  • Interview mit Andreas Englisch
  • collegeofcardinalsreport.com: "Pietro Parolin" (englisch)

Quellen anzeigenSymbolbild nach unten

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