Provokanter Po in Köln Obszöne Rathaus-Figur sorgt für Rätselraten
Ein nackter Hintern
Weit mehr als hundert Steinfiguren zieren die Fassade des Kölner Rathauses. Jahrelang fiel es niemandem auf: Unter der Statue von Erzbischof Konrad von Hochstaden, der einst den Grundstein für den Kölner Dom gelegt hat, zeigt ein kleiner Mann seinen nackten Hintern. Und nicht nur das: Das Männlein streckt den Kopf zwischen die Beine und hat dabei offenbar sein eigenes Geschlechtsteil im Mund.
In der vergangenen Woche veröffentlichte der englischsprachige Twitter-Kanal "Whores of Yore" (deutsch: "Huren von einst") Fotos von der schrägen Steinskulptur. Hunderte Nutzer spekulierten über die Bedeutung des kleinen Mannes. Niemand wisse, warum die Figur wirklich dort am Rathaus sei, hieß es in dem Tweet, der Zehntausende Male gelikt wurde.
Hält er wohl "der Obrigkeit den Arsch hin"?
Tatsächlich ist es so, dass selbst viele Kölner nicht wissen, was da genau von ihrem Rathaus herabhängt. Gänzlich unbekannt ist der kleine Mann allerdings nicht. Er tauchte bereits in der Lokalberichterstattung auf, auch Kunstkenner haben schon ein Auge auf ihn geworfen.
Will man sich dem Rätsel annähern, fällt zunächst auf, dass die Figur direkt unter dem Bildnis von Erzbischof Konrad von Hochstaden (um 1205–1261) angebracht wurde. Das legt die Vermutung nahe, dass der Kirchenfürst einst kein allzu keusches Leben geführt haben könnte.
Das kann aber nicht sein, schaut man sich die Geschichte beider Figuren an. Die Statue des Erzbischofs stammt aus jüngerer Zeit als der nackte Mann. Nach der weitgehenden Zerstörung des Kölner Rathausturms im Zweiten Weltkrieg hatte die Stadt beschlossen, ihn nach dem Wiederaufbau mit Größen der Stadtgeschichte zu schmücken. Im Mittelalter standen an diesen Stellen wohl Heilige.
Die Figur unterhalb des Erzbischofs ist zwar auch erst einige Jahrzehnte alt – aber die Kopie eines viel älteren Originals von etwa 1410. Sie ist also keine Fantasie aus moderner Zeit, sondern wurde tatsächlich im Mittelalter so geschaffen. "Das ist ein ganz beliebtes Motiv gewesen", sagt der ehemalige Stadtkonservator Ulrich Krings. "Dabei ging es darum, der Obrigkeit quasi den Arsch hinzuhalten. Mit derber, zur Schau gestellter Sexualität sollte gezeigt werden, dass einem die Moral- oder auch Ordnungsvorstellungen der Obrigkeit wurscht waren."
Ein bisschen wie beim Karneval
Der Kölner Stadtrat ließ derart spöttische Skulpturen durchaus gewähren – allerdings nur an versteckten Stellen. Dazu kam ein zweiter Aspekt: Solch provokante Figuren spielten oft auf die sieben Todsünden an, in diesem Fall auf die Wollust, wie Walter Geis vom Kölner Denkmalschutz erklärt.
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Die ehemalige Dombaumeisterin Barbara Schock-Werner fasst zusammen: Das Männlein aus Stein sei "eine lustige Provokation", doch überinterpretieren sollte man sie nicht.