Entschuldigung per SMS Ex-"Spiegel"-Redakteur gibt seine Reporterpreise zurück
Der Ex-"Spiegel"-Redakteur Claas Relotius hat zugegeben, zahlreiche Beiträge erfunden oder verfälscht zu haben. Nun gibt er seine Deutschen Reporterpreise zurück.
Der zahlreicher Fälschungen überführte "Spiegel"-Journalist Claas Relotius hat seine vier Deutschen Reporterpreise zurückgegeben. Der Journalist habe auf die Auszeichnungen verzichtet, sagte der Journalist Cordt Schnibben vom Reporter-Forum am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur.
Relotius habe sich per SMS beim Reporter-Forum gemeldet und sich entschuldigt, so Schnibben. Damit sei er einer Aberkennung des Preises zuvorgekommen. Er war in den Jahren 2013, 2015, 2016 und 2018 ausgezeichnet worden. Die Jury beriet seit Mittwoch über Konsequenzen.
Der "Spiegel" hatte am Mittwoch bekanntgegeben, dass der 33-jährige preisgekrönte Redakteur Reportagen ganz oder teilweise systematisch gefälscht hatte. Er habe dabei Charaktere, Zitate und Begebenheiten erfunden oder die Biografien von realen Protagonisten verfälscht. Relotius schrieb für den Verlag seit 2011 knapp 60 Texte, seinen Angaben zufolge sind 14 betroffen. Der "Spiegel" kündigte umfassende Aufarbeitung an. Das Ausmaß der Fälschungen sei bisher noch unklar.
Relotius war bekannt für sehr aufwändige Reportagen über besondere Menschen, die zugleich politische und gesellschaftliche Probleme beleuchten. Von den Fälschungen betroffen sind laut "Spiegel" auch mehrere seiner preisgekrönten Erzählungen – darunter die Reportage "Löwenjungen" über zwei angeblich von der Dschihadistenmiliz IS entführte irakische Kinder und der Text "Nummer 440" über einen vermeintlich im US-Straflager Guantanamo inhaftierten Islamisten.
Auch die "Zeit", für die Relotius zwischen 2010 und 2012 sechs Beiträge auf "Zeit Online" und "Zeit Wissen" als freier Autor verfasst hatte, kündigte eine Überprüfung an.
- Betrugsfall: "Spiegel"-Reporter hat Texte erfunden
Der "Spiegel" bezeichnete die Vorgänge als Tiefpunkt in seiner 70-jährigen Geschichte. Aufgedeckt wurden die Fälschungen demnach durch einen anderen Mitarbeiter, der mit Relotius gemeinsam eine Geschichte recherchierte und Ungereimtheiten bemerkte. Der Verlag kündigte an, seine Qualitätssicherungs- und Kontrollmechanismen auf den Prüfstand zu stellen. Das bisherige System sei "lückenhaft".
- Nachrichtenagenturen dpa, AFP
- "Zeit Online": Beiträge von Relotius unter der Lupe