Beschluss der Gesundheitsminister Ungeimpfte verlieren Recht auf Lohnfortzahlung bei Quarantäne
Für Menschen, die sich nicht gegen das Coronavirus impfen lassen wollen, wird der Alltag bald schwieriger. Kostenlose Tests und Lohnfortzahlung im Quarantäne-Fall werden bald gestrichen. Was Sie dazu wissen sollten.
In der Corona-Krise müssen sich Nicht-Geimpfte im Herbst auf mehr finanzielle Erschwernisse gefasst machen: Für Verdienstausfälle wegen einer angeordneten Quarantäne soll es für die meisten spätestens ab 1. November keine Entschädigung mehr geben. Das beschlossen die Gesundheitsminister von Bund und Ländern. Greifen soll das für alle, für die es eine Impfempfehlung gibt und die sich auch impfen lassen können. Ab 11. Oktober müssen zudem Schnelltests, die etwa beim Zugang zu Restaurants oder Veranstaltungen zu nutzen sind, meist selbst bezahlt werden.
Aus Gewerkschaften, von Patientenschützern und der Opposition kam Kritik. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) verteidigte hingegen die Entscheidung und der Vorsitzende der Länderminister, Klaus Holetschek aus Bayern, sprach von einem Zeichen, dass auch Ungeimpfte im Kampf gegen die Pandemie Verantwortung übernehmen müssten.
Wer krank wird, bekommt weiter Geld
Konkret geht es um Nicht-Geimpfte, für die als Kontaktpersonen von Corona-Infizierten oder Reiserückkehrer aus einem Risikogebiet im Ausland ein Tätigkeitsverbot oder eine Quarantäne angeordnet wird. Die Länder wollen ihnen nun keine Entschädigung für Verdienstausfälle mehr zahlen, wenn sie keine vollständige Impfung haben, obwohl für sie eine Impfempfehlung vorliegt. Für vollständig Geimpfte gelten in der Regel keine Quarantäne-Anordnungen. Alle Beschäftigten – geimpft und ungeimpft – haben weiterhin Anspruch auf Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber bei Krankheit, also wenn man sich mit Corona infiziert.
Erste Länder hatten bereits zuvor entschieden, dass Nicht-Geimpfte bei Quarantäne bald keinen Entschädigungsanspruch mehr haben sollen. Die Bundesländer wollten deswegen bei den Beratungen am Mittwoch eine einheitliche Linie finden. Die Einzelheiten aber regeln die Länder selbst. Bremen und Thüringen enthielten sich bei der Abstimmung.
Wie Spahn erläuterte, wurde das Datum 1. November gewählt, damit auch Menschen, die sich jetzt noch für Impfungen entscheiden, Zeit bleibt – und sie nicht von der Regelung betroffen sind. Thüringens Ministerin Heike Werner (Linke) sagte, sie hätte sich einen späteren Zeitpunkt gewünscht, um noch mehr Menschen durch Aufklärung und die richtigen Argumente von einer Impfung überzeugen zu können".
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Lauterbach kritisiert Entscheidung
Die IG Metall erklärte, Impfen laute das Gebot der Stunde. "Aber den Konflikt um Impfungen in die Betriebe zu verlagern und so die Belegschaften zu spalten war, ist und bleibt falsch", sagte Vorstandsmitglied Hans-Jürgen Urban. Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, kritisierte, die Entscheidung habe "Tür und Tor geöffnet, dass gesellschaftliche Mehrheiten über individuelle Ansprüche der Grundversorgung entscheiden".
SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach teilte mit: "Natürlich kann man versuchen, so auf Ungeimpfte Druck zu machen". Es könne aber bedeuten, dass keiner mehr Kontaktpersonen nenne und sich Kontakte unter Falschnamen eintragen, schrieb er auf Twitter. Linke-Experte Achim Kessler kritisierte, mit dem Ende kostenloser Tests und der Entschädigungen lasse sich die Pandemie nicht bekämpfen. "Im Gegenteil führt das zu mehr unentdeckten Ansteckungen und zu weniger Bereitschaft, die notwendigen Quarantänezeiten auch einzuhalten."
"Da geht es übrigens nicht um Druck"
Spahn verteidigte das Ende des finanziellen Ausgleichs bei Ungeimpften. "Da geht es übrigens nicht um Druck, sondern um Fairness gegenüber auch den Geimpften. Warum sollen andere dafür zahlen, dass jemand für sich entscheidet, sich nicht impfen zu lassen?", sagte der CDU-Politiker vor den Beratungen im ZDF. Zudem sei es wichtig, so Spahn, dass "wenn Menschen sagen, es ist ihre freie, persönliche Entscheidung – das bleibt es auch – ob sie sich impfen lassen oder nicht, dass mit dieser Entscheidung dann eben auch die Verantwortung kommt, finanzielle Folgen zu tragen."
Der Vorsitzende der Länder-Gesundheitsminister, Klaus Holetschek (CSU) aus Bayern, sagte der "Rheinischen Post" (Mittwoch): "Das bundesweit geltende Gesetz legt ganz klar fest: Wer sich bewusst nicht impfen lässt, obwohl es keine medizinischen Hindernisse dafür gibt und durch die Impfung eine Quarantäne hätte vermeiden können, hat bei einer Quarantäne keinen Anspruch auf Verdienstausfallentschädigung." Wer selbst erkranke – was übrigens ja auch mit Impfung in manchen Fällen möglich sei – bekommt natürlich weiterhin sein Geld vom Arbeitgeber, wie bei jeder anderen Krankheit auch.
Gratistests weiter für Kinder und Schwangere
Bereits beschlossen war das Ende der sogenannten Bürgertests ab dem 11. Oktober, also denen seit Anfang März vom Bund finanzierten Schnelltests. Dies setzt nun eine neue Verordnung um. Kinder von zwölf bis 17 Jahren und Schwangere können demnach aber noch bis 31. Dezember mindestens einen kostenlosen Test pro Woche machen. Grund ist, dass für sie erst seit kurzem eine allgemeine Impfempfehlung der Ständigen Impfkommission vorliegt.
Generell weiter gratis testen lassen können sich Kinder, die das 12. Lebensjahr noch nicht vollendet haben oder erst in den letzten drei Monaten vor dem Test zwölf Jahre alt geworden sind. Gratis bleibt es unter anderem auch für Menschen, die zum Beenden einer Quarantäne wegen einer Corona-Infektion einen Test brauchen. Um weiterhin kostenlose Schnelltests zu bekommen, muss man bei der Teststelle einen amtlichen Ausweis mit Foto vorlegen – bei Kindern ist so auch das Alter nachzuweisen. Extra Nachweise wie ein ärztliches Zeugnis sind nötig, wenn man sich aus medizinischen Gründen nicht impfen lassen kann – eine Diagnose muss nach Ministeriumsangaben nicht angegeben werden. Zum Nachweis einer Schwangerschaft kann demnach der Mutterpass genutzt werden.
- Nachrichtenagentur dpa