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Australien: Eine Fläche so groß wie ein Fünftel von Deutschland brennt


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MeinungVon Florian Harms

Aktualisiert am 10.01.2020Lesedauer: 5 Min.
Viele Bewohner des Bundesstaates New South Wales verlieren ihre Häuser, Hab und Gut.Vergrößern des Bildes
Viele Bewohner des Bundesstaates New South Wales verlieren ihre Häuser, Hab und Gut. (Quelle: Tracey Nearmy/reuters)
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Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser,

hier ist der kommentierte Überblick über die Themen des Tages:

WAS WAR?

Die Erleichterung war groß, dass die iranischen Rache-Raketen gegen US-Stützpunkte im Irak keine Toten forderten. Die Eskalation im Nahen Osten könne einigermaßen glimpflich auslaufen, hieß es.

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Von wegen glimpflich. Seit gestern Abend mehren sich die Hinweise, dass das Duell zwischen Donald Trump und den Mullahs viele unschuldige Menschenleben gekostet haben könnte. Alle 176 Passagiere der ukrainischen Passagiermaschine, die am Mittwoch bei Teheran abstürzte, kamen ums Leben. Nun deutet sich an: Sie könnten Opfer von Flugabwehrraketen geworden sein. Womöglich versehentlich. Womöglich, weil das iranische Luftabwehrsystem aktiv war. Womöglich aus Furcht vor weiteren US-Angriffen. Noch ist nichts bewiesen, aber die Informationen von Geheimdiensten scheinen stichhaltig zu sein. So stichhaltig, dass der kanadische Ministerpräsident Justin Trudeau, der 63 tote Landsleute zu beklagen hat, sie sich zu eigen macht: "Die Informationen deuten darauf hin, dass das Flugzeug von einer iranischen Boden-Luft-Rakete abgeschossen wurde."

Bestätigen sich die Indizien, haben wir es schwarz auf weiß: Die Haudrauftaktik des amerikanischen Präsidenten und der iranischen Machthaber ist nicht nur unverantwortlich und destruktiv – sondern auch tödlich. Man weiß nicht, was erschreckender ist: Das Schicksal der Opfer und das Leid ihrer Angehörigen oder die kaltblütige Ignoranz, mit der die Betonköpfe in Washington und Teheran ihre Machtspiele auf Kosten von Zivilisten austragen.


WAS STEHT AN?

Wünscht man sich einen Perspektivwechsel, ist eine Reise keine schlechte Idee. Deshalb möchte ich Sie heute nach Australien mitnehmen, wo sich Dinge abspielen, die uns fremd und geradezu absurd erscheinen. Auf dem Kontinent brennt eine Fläche so groß wie ein Fünftel von Deutschland. Siedlungen sind von der Außenwelt abgeschnitten, ganze Landstriche werden evakuiert, an der Küste retten sich Menschen vor den Feuerwalzen an den Strand oder ins Wasser. Die Feuerwehr kann die Situation nicht mehr beherrschen, Armee und Marine schuften im Dauereinsatz. Ein Inferno mit apokalyptischen Bildern:

Klimawandel! rufen wir aus der Ferne, und zu unserer Überraschung schallt es zurück: So ein Quatsch! Alles ganz normal, ist halt heiß: So tönen die führenden Politiker des Landes, und sie sind damit nicht allein. Für die Mehrheit der Australier haben Hitze, Dürre und Feuer mit menschengemachten Emissionen nichts zu tun. Eine solche Haltung unter Schwerstbetroffenen des Klimaschocks? Welch ein Kontrast zum breiten gesellschaftlichen Konsens bei uns, wo selbst im heißesten Sommer nur wenige Wälder kokeln, aber die Klimakrise nur noch von wenigen bestritten wird. Was ist da los in Australien? Oder etwa: bei uns?

Wir sollten es uns nicht zu einfach machen. Für Hitze und Dürre kann man Klimaschwankungen verantwortlich machen, die es auch ohne den Dreck, den wir in die Atmosphäre pusten, schon gegeben hat. Denn im Indischen Ozean ist die Temperatur gegenwärtig weniger gleichmäßig verteilt als zu anderen Zeiten – ein wiederkehrendes natürliches Phänomen. Warmes Wasser konzentriert sich vor Ostafrika, verdunstet dort reichlich in die Luft und überschwemmt die Küstenstaaten mit verheerenden Regenfällen. Am anderen Ende des Ozeans dagegen, in den Gewässern vor Australien, ist das Wasser vergleichsweise kalt, und was als Dampf nicht in die Atmosphäre steigt, kann an Land auch nicht wieder vom Himmel herunterregnen. Australien dörrt aus, und das Feuer lässt nicht lange auf sich warten. "Indischer-Ozean-Dipol" heißt das Ungleichgewicht im Meer, es ist der Motor hinter der australischen Malaise. In dieser isolierten Betrachtung kommen die extremen Zustände auf dem Kontinent also tatsächlich ganz ohne Klimakrise aus.

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Und isoliert betrachtet man die Dinge in Down Under gern. Seit Menschengedenken haben die Buschfeuer gebrannt, heißt es dann, auch wenn das Argument nicht wegen logischer Stringenz so viele Freunde findet. Australien ist der weltgrößte Kohle-Exporteur, was die Bergbau-Lobby zur mächtigsten Interessengruppe in der Politik gemacht hat. Gerade plant sie ein neues Bergwerk: 45 Kilometer breit, eines der größten weltweit. Jobs, Konjunktur und der Wohlstand breiter Bevölkerungsschichten hängen von dem ab, was aus dem Boden kommt. Kein Wunder, dass die Leute bei der Erwähnung erneuerbarer Energien nicht in Jubel ausbrechen. Dass die Kohle schwer in Ordnung ist und das Klima übrigens eigentlich auch, vermittelt ihnen außerdem ein Landsmann, dessen Name auch im Rest der Welt ein gewaltiges Echo hat: Rupert Murdoch. Sein Medienimperium hat die australische Presselandschaft fest im Griff. Und nirgendwo wird so intensiv und so schamlos gelogen wie in seinen Zeitungen, Fernsehsendern und Onlineportalen.

Aber die Brände? Das Klima? Der Dipol? Nun, der ozeanische Dipol ist zurzeit so stark wie seit sechzig Jahren nicht mehr. Die von ihm getriebene Dürre sattelt sich auf ein gestiegenes Niveau von Temperaturen, die ohne Frage auf menschengemachte Effekte zurückzuführen sind. Verabschiedet man sich von der Nabelschau, dann sind die australischen Rekorde eingebettet in eine Welt, in der sich neue Höchststände, anomale Trockenheit und extreme Wetterlagen zu einem Dauerinferno potenzieren. Selbst die gemäßigten Zonen Mitteleuropas bleiben nicht verschont. Die Gletscher der Alpen? Sind bald weg. Kanonen für künstlichen Schnee? Sind schon da. In Australien aber, da war es immer schon heiß. Jetzt ist es bloß ein bisschen heißer. Da fällt gar nicht so auf, wie sehr die Hütte wirklich brennt.

Wirklich erschreckend, oder?


Darf man sich trotz der Brände in Australien am Dschungelcamp-Spektakel erfreuen, das heute Abend beginnt? Man darf, das hat mein Kollege Steven Sowa gestern an dieser Stelle treffend begründet. Während die zwölf C-, Pardon: D-Promis im Dschungel auf so ziemlich alles verzichten müssen, versorgt Sie unser Unterhaltungsressort deshalb mit vielen fröhlichen Berichten. Wir halten Sie auf dem Laufenden über die wohl meistdiskutierte Sendung im deutschen Showgeschäft – so gut, dass Sie fast selbst gar nicht mehr einschalten müssen. Es sei denn, Sie möchten unbedingt.


WAS LESEN UND ANSCHAUEN?

Lernt Deutsch, haltet die Gesetze ein und passt euch an, dann stehen euch alle Wege offen: So lautet das deutsche Integrationsversprechen an Menschen mit ausländischen Wurzeln. Trotzdem kann Sener Sahin in Bayern wegen seines islamischen Glaubens und seiner türkischen Herkunft nicht CSU-Bürgermeister werden – obwohl Ministerpräsident Söder und der Rest der CSU-Führungsriege ihn unterstützen. Da läuft etwas grundsätzlich schief in Deutschland, analysiert unsere Kolumnistin Lamya Kaddor.


Die AfD hat eine empfindliche Niederlage vor Gericht erlitten: Sie muss Strafbescheide der Bundestagsverwaltung in Höhe von fast 270.000 Euro bezahlen; Hintergrund ist eine undurchsichtige Wahlhilfe. Als die Details nun im Gerichtssaal zur Sprache kamen, spielten sich kuriose Szenen ab. Unser Reporter Jonas Mueller-Töwe war dabei.


Nach dem Schrecken des Ersten Weltkriegs wurde heute vor 100 Jahren der Völkerbund gegründet, Vorläufer der Vereinten Nationen. Er sollte künftige Kriege vermeiden, schürte stattdessen aber neue Konflikte. Zu den Gründen, aus denen wir auch viel für unsere heutige Zeit lernen können, erfahren Sie mehr bei den Kollegen der "Welt".


Mit ihrem royalen Rückzug wirbeln Prinz Harry und Herzogin Meghan die britische Monarchie durcheinander. So etwas gab es in dieser Art noch nie. Die beiden haben das einzig Richtige gemacht, kommentiert meine Kollegin Janna Specken.


WAS AMÜSIERT MICH?

Es ist ein schwarzer, aber treffender Humor, den unser Cartoonist Mario Lars heute zu Australien zeichnet:

Ich wünsche Ihnen trotzdem einen fröhlichen Tag. Am Montag schreibt mein Kollege Peter Schink den Tagesanbruch, mich lesen Sie am Dienstag wieder. Herzliche Grüße

Ihr

Florian Harms
Chefredakteur t-online.de
E-Mail: t-online-newsletter@stroeer.de

Mit Material von dpa.

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