Verdacht der Bestechlichkeit Eine Million Euro für die Vermittlung von Masken?
Die Maskenaffäre innerhalb der Union spitzt sich zu. Einem Bericht zufolge wird ein ehemaliger CDU-Bundestagsabgeordneter verdächtigt, fast eine Million Euro Provision gemacht zu haben.
In der Unionsaffäre um Geschäfte mit Corona-Schutzmasken haben die Ermittlungen neue Ausmaße angenommen. Die bayerische Generalstaatsanwaltschaft hat erstmals Haftbefehl gegen einen Beschuldigten erwirkt, bei dem es sich offensichtlich aber nicht um einen Politiker handelt. In Thüringen wird unterdessen gegen den ehemaligen CDU-Bundestagsabgeordneten Mark Hauptmann wegen des Verdachts der Bestechlichkeit von Mandatsträgern ermittelt. Einem "Spiegel"-Bericht zufolge wird der Politiker verdächtigt, mit Maskendeals eine Provision von fast einer Million Euro einkassiert zu haben.
Beamte des Landeskriminalamtes durchsuchten am Donnerstag die ehemaligen Wahlkreisbüros des Politikers und mehrere CDU-Kreisgeschäftsstellen in Thüringen, wie die Thüringer Generalstaatsanwaltschaft mitteilte. Auch Hauptmanns Büro im Bundestag und seine Wohnräume in Thüringen und Brandenburg wurden durchsucht, außerdem eine Firma im Raum Frankfurt am Main.
"Hoher sechsstelliger Euro-Betrag"
Das Unternehmen soll dem Politiker Geld für die Vermittlung von Geschäften mit Corona-Schutzmasken gezahlt haben. Dabei gehe es um "einen hohen sechsstelligen Euro-Betrag", so die Ermittlungsbehörde. Dem "Spiegel"-Bericht zufolge soll Hauptmann über eine von ihm gegründete Gesellschaft für geleistete Vermittlungstätigkeit 997.000 Euro in Rechnung gestellt haben, welche die Firma auch tatsächlich bezahlt habe. Gegen die Firma wird ebenfalls ermittelt – wegen des Verdachts der Bestechung von Mandatsträgern.
Das Thüringer Oberlandesgericht ließ das Konto, auf dem die mutmaßliche Provisionszahlung liegt, die genau der Rechnungssumme entsprechen soll, einfrieren, berichtete die "Frankfurter Allgemeine Zeitung". Hauptmann hatte zuvor in einem Zeitungsinterview bestritten, Geld für die Vermittlung erhalten zu haben. Auch hatte er eine Ehrenerklärung der Union unterschrieben. Er soll die Masken unter anderem an Landkreise in Thüringen vermittelt haben. Noch gilt die Unschuldsvermutung. Hauptmanns Anwalt hat sich zu den neuen Berichten bisher nicht geäußert.
Der "Spiegel" scheibt, Hauptmann habe womöglich einen Umsatz von 7,5 Millionen Euro für die Firma in Frankfurt generiert. An welche Abnehmer medizinisches Zubehör in dieser Größenordnung ging, wissen die Ermittler demnach noch nicht. In einer E-Mail soll Hauptmann jedoch damit geworben haben, dass auch "der Bund sowie größere Krankenhausketten" bei der Frankfurter Firma bestellt hätten.
Ließen Nüßlein und Sauter sich schmieren?
In dem bayerischen Verfahren wird wegen Korruptionsverdachts unter anderem gegen Ex-Landesjustizminister Alfred Sauter (CSU) sowie den mittlerweile aus der CSU ausgetretenen Bundestagsabgeordneten Georg Nüßlein ermittelt. Wie ein Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft am Donnerstag erläuterte, richtet sich der nun erlassene Haftbefehl aber nicht gegen Sauter oder Nüßlein.
Die Ermittlungen laufen hier ebenfalls wegen des Verdachts der Bestechlichkeit und Bestechung von Mandatsträgern. Es geht um den Verdacht, dass sich Nüßlein und der bayerische Landtagsabgeordnete Sauter dafür schmieren ließen, dass sie in der Corona-Krise Verträge für Atemschutzmasken an die öffentliche Hand vermittelt haben. Beide haben die Vorwürfe zurückgewiesen. Die drei weiteren Beschuldigten in dem Verfahren sind zwei Geschäftsleute und ein Steuerberater. Die Ermittler machten keine weiteren Angaben, gegen wen davon der Haftbefehl erlassen wurde.
Die Generalstaatsanwaltschaft hatte am Mittwoch den Haftbefehl "wegen eines dringenden Tatverdachts und des Vorliegens eines Haftgrundes" beim Oberlandesgericht in München erwirkt, am Donnerstag wurde der Verdächtige dann festgenommen. Außerdem hat die Staatsanwaltschaft nach eigenen Angaben mittlerweile "in größerem Umfang vermögenssichernde Maßnahmen veranlasst".
Maskenaffäre stürzt Union in die Krise
Das Ermittlungsverfahren gegen den 36-jährigen Hauptmann läuft seit dem vergangenen Samstag – einen Tag, nachdem Hauptmann aus dem Bundestag ausgeschieden war. Auslöser waren Lobby-Vorwürfe, in deren Folge die Maskengeschäfte bekannt wurden. "Wir sichern den Ermittlern unsere uneingeschränkte Unterstützung zu", erklärte Thüringens CDU-Generalsekretär Christian Herrgott.
Die sogenannte Maskenaffäre hat die Unionsparteien in eine tiefe Krise gestürzt. Auch der ehemalige CDU-Bundestagsabgeordnete Nikolas Löbel erhielt eine Provision für ein Maskengeschäft. Er trat inzwischen aus der CDU aus und gab sein Bundestagsmandat zurück. CDU und CSU wollen wegen der Affäre nun die Transparenzregeln für Abgeordnete verschärfen.
- Pressemeldung der Generalstaatsanwaltschaft München
- Spiegel: "Ermittler finden Hinweis auf Geschäfte über 7,5 Millionen Euro" (kostenpflichtig)
- Nachrichtenagenturen dpa und AFP