Ampelkoalition im Bund? SPD umwirbt die FDP – aber Lindner geht auf Abstand
Nach der Chance auf eine Ampelkoalition im Südwesten schauen viele auf die FDP, auch im Bund. Doch Parteichef Christian Lindner ziert sich – und teilt gegen die Union aus.
Nach den Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz dämpft FDP-Chef Christian Lindner Erwartungen zur Bildung einer Ampelkoalition im Bund. Bei der Frage einer Regierungsbeteiligung zählen vor allem die Inhalte, sagte Lindner in Berlin. Mit Blick auf die gescheiterten Verhandlungen über ein Jamaika-Bündnis fügte er hinzu: "Wir haben 2017 auch gezeigt, dass wenn wir keine Akzente setzen können, wir die Kraft und den Mut haben, auch Nein zu sagen."
- Meinung: Nichts scheint mehr sicher
Was für die Jamaika-Koalition gelte, gelte in gleicher Weise selbstverständlich auch für eine Ampel, "unter welcher Führung auch immer", betonte der FDP-Partei- und Fraktionschef. Aus der SPD kommen dagegen laute Rufe nach einem Dreierbündnis nach den Bundestagswahlen im Herbst.
SPD würde auch als Juniorpartner mitregieren
"Ich halte die Ampel für vorstellbar auf Bundesebene", sagte Generalsekretär Lars Klingbeil dem TV-Sender Phoenix. "Wir brauchen jetzt ein Zukunftsbündnis in diesem Land, und da glaube ich, dass das mit der FDP möglich ist." Auch der zur Parteilinken gehörende SPD-Vizechef Kevin Kühnert erklärte, sowohl die Ampel als auch ein Bündnis mit Grünen und Linken seien denkbar. "Auf Bundesebene sehen wir, dass beide Dreier-Optionen, eine Ampel, wie auch Rot-Rot-Grün, nicht im Bereich des Unmöglichen liegen", sagte der frühere Juso-Chef dem Südwestrundfunk. In Umfragen gibt es derzeit für beide Konstellationen keine rechnerische Mehrheit.
SPD-Chefin Saskia Esken schloss für ihre Partei auch die Rolle einer Juniorpartnerin in einer Ampel auf Bundesebene nicht aus. "Wir schließen hier gar nichts aus", sagte Esken im ARD-Fernsehen.
FDP-Chef Lindner steht einem Ampelbündnis eher ablehnend gegenüber. Die "Spekulationen von SPD und Grünen" hätten einen "stark instrumentellen Charakter". Bei beiden Parteien gebe es eine Nähe zur Linken. SPD und Grüne fänden "nur Spurenelemente der FDP-Politik gut". In der Sache stehe die FDP der Union trotz ihrer "Ambitionslosigkeit" näher als SPD und Grünen.
In Baden-Württemberg ist die FDP weniger zurückhaltend
Der baden-württembergische FDP-Spitzenkandidat Hans-Ulrich Rülke bekundete allerdings seine Bereitschaft, über die Bildung einer Ampelkoalition in dem Bundesland zu sprechen. Die dortigen Grünen mit Ministerpräsident Winfried Kretschmann seien anders als die in anderen Ländern oder dem Bund.
Im Bund könne er sich eine Ampel allenfalls dann vorstellen, "wenn es mehr Kretschmann und weniger Trittin und Hofreiter gäbe", sagte Rülke mit Blick auf den früheren Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin und jetzigen Amtsinhaber Anton Hofreiter. Die FDP sei bereit, in Stuttgart Verantwortung zu übernehmen, Kretschmann wolle sie für Freitag zu Sondierungen einladen.
Landtagswahlen liefen gut für die FDP
Lindner führte die Erfolge der FDP bei den beiden Landtagswahlen vom Sonntag auch auf den Kurs seiner Partei in der Corona-Politik zurück. Die Liberalen sähen die gesundheitlichen Risiken in der Pandemiepolitik, aber auch die sozialen und wirtschaftlichen. Zudem habe die FDP eine größere Sensibilität gegenüber Eingriffen in die Grundrechte. "Das ist von den Bürgerinnen und Bürgern am Sonntag auch gewürdigt worden."
In Baden-Württemberg erreichte die FDP 10,5 Prozent, dort ist auch eine Fortsetzung von Grün-Schwarz möglich. In Rheinland-Pfalz schafften die Liberalen 5,5 Prozent, dort dürfte es zur Fortsetzung der Ampelkoalition unter Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) kommen.
- Nachrichtenagenturen dpa, AFP