Showdown in Leipzig CDU-Parteitag: Das sind die Streitpunkte
Urwahl, Kopftuchverbot für kleine Mädchen, Frauenquote: Auf dem Bundesparteitag der CDU gibt es, neben dem Machtkampf an der Spitze, reichlich Zündstoff für Streit. Das sind die größten Knackpunkte.
Annegret Kramp-Karrenbauer hat auf dem CDU-Parteitag in Leipzig die Machtfrage in der Partei gestellt. Wenn die Partei ihren Kurs nicht mittragen würde, könne man die Sache an Ort und Stelle beenden, sagte sie. Aber auch sonst gibt es auf dem Parteitag genug Konfliktpotenzial. Die 1.001 Delegierten werden an diesem Freitag und Samstag über zahlreiche Vorschläge diskutieren. Eine Übersicht über die wichtigsten Anträge, jeweils mit den wesentlichen Empfehlungen der Antragskommission:
Leitantrag des Bundesvorstands zur Marktwirtschaft: "Steuerlast von Unternehmen bei maximal 25 Prozent deckeln"
Der Bundesvorstand wirbt für ein sogenanntes Steuerentlastungspaket. Es soll ohne neue Schulden auskommen, die Bürger sollen den wegfallenden Soli-Beitrag zu spüren bekommen, Forschung soll steuerlich gefördert werden. Außerdem will der Bundesvorstand eine Unternehmenssteuerreform. Bürokratische Hemmnisse sollen abgebaut und Personenunternehmen mit Kapitalgesellschaften gleichgestellt werden. "Insgesamt soll damit die Steuerlast von Unternehmen in Deutschland auf höchstens 25 Prozent gedeckelt werden."
Der Antrag befasst sich auch mit dem Klimaschutz: "Im Sinne umfassender Nachhaltigkeit brauchen wir einen Doppel-Deckel für Emissionen und für Steuern." Heißt: Wer in Klimatechnologien investiert und seinen CO2-Abdruck verkleinert, soll das steuerlich schneller und besser absetzen können.
Antrag des Bundesvorstands zum Planungsrecht für Bauprojekte: "Instanzenweg verkürzen"
Das Planungsrecht ist nach den Vorstellungen des CDU-Vorstands nicht mehr zeitgemäß. Rechtliche Vorgaben sollen deshalb angepasst werden, damit schneller geplant und gebaut werden kann. Planungs- und Genehmigungsverfahren sollen verkürzt werden, für bundesweit relevante Bauprojekte soll der Bundestag nach dem Willen des CDU-Vorstands ein Genehmigungsrecht bekommen. Der Instanzenweg solle verkürzt werden und das Verbandsklagerecht soll nur nutzen, wer auch direkt betroffen ist.
Antrag der Frauen-Union zur Frauenquote: "Wollen Reißverschlussprinzip"
Die Frauen-Union will den bestehenden Zielwert von einem Drittel Frauenanteil als verbindliche Mindestvorgabe festschreiben. Im Parteistatut soll demnach "unter zwei aufeinanderfolgenden Listenplätzen jeweils mindestens eine Frau vorgeschlagen sein", also ein Reißverschlussprinzip.
Die Antragskommission empfiehlt, den Antrag an den Bundesvorstand sowie an die Struktur- und Satzungskommission der Partei zu überweisen. Andererseits wird aber damit gerechnet, dass der Antrag in seiner ursprünglichen Fassung keine Mehrheit findet und die Debatte über mehr Frauen in Ämtern und Mandat auf längere Zeit gelähmt ist.
Mitgliederbeteiligung
Die Junge Union plädiert für eine Urwahl innerhalb der Partei, um den nächsten Kanzlerkandidaten festzulegen. Auch der Kreisverband Mittelsachsen hat sich dieser Forderung angeschlossen. Andere Verbände werben für Mitgliederbefragungen dazu oder sogar eine Direktwahl des Spitzenkandidaten. Tenor aus der Antragskommission hierzu: Diese Anträge sollen gemeinsam behandelt und abgelehnt werden. Dies dürfte auf großen Widerstand in Leipzig stoßen.
Ausschluss von Huawei vom 5G-Netz
Der Kreisverband Lahn-Dill sowie der Chef der Werteunion, Alexander Mitsch, und 499 weitere Mitglieder fordern, den chinesischen Telekomzulieferer Huawei vom Ausbau des deutschen 5G-Netzes auszuschließen. Mitsch ist nicht Delegierter, kann aber wie jedes Mitglied einen Antrag an den Parteitag richten, wenn er dafür 499 andere Mitglieder als Unterstützer vorweisen kann. Haltung der Antragskommission: Die Anträge sollen angenommen werden, wenn auch in entschärfter Fassung. Demnach soll das Thema zunächst im Bundestag beraten werden, wenn es um die Novelle der Telekommunikationsgesetze geht. Damit dürften sich die Antragsteller kaum zufrieden geben.
Leistungen für Asylbewerber
Junge Union und Mittelstandsvereinigung (MIT) wollen das Sachleistungsprinzip im Asylbewerberleistungsgesetz verpflichtend vorschreiben. Die Gewährung der Sachleistungen soll demnach über Prepaid-Debitkarten erfolgen, deren Guthaben nicht auf andere Personen übertragbar ist und das nicht bar ausgezahlt werden kann. Eine entschärfte Fassung des Antrags könnte durchgehen, mit dem Zusatz "soweit dies mit vertretbarem Verwaltungsaufwand möglich ist".
Kopftuchverbot
Wenn es nach dem Willen der Seniorenunion geht, kommt ein gesetzliches Kopftuchverbot in Schulen. Die Gruppierung will die CDU-Fraktionen der Landtage, Bürgerschaften und des Berliner Abgeordnetenhauses dazu auffordern lassen, darauf hinzuwirken. Die Antragskommission hat den Vorstoß entschärft, fügt aber als letzten Satz an: "Wir schließen allerdings als letztmögliche Maßnahme auch ein Verbot nicht aus."
Türkei
Der Kreisverband Heinsberg und das Mitglied Alexander Mitsch (gleichzeitig Chef der Werteunion) sowie 499 weitere Mitglieder sprechen sich dafür aus, die EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei abzubrechen.
Die Antragskommission empfiehlt, die Anträge in geänderter Fassung anzunehmen. So soll die CDU-Position bekräftigt werden, dass es eine Vollmitgliedschaft der Türkei in der EU nicht geben solle. "Wir streben eine andere Form der Partnerschaft an." Zugleich soll bekräftigt werden, dass die Partei zur Beitrittsperspektive der Staaten des Westbalkans steht, allerdings unter dem Vorbehalt der vollständigen Erfüllung aller Beitrittskriterien und "soweit die Aufnahmefähigkeit der EU gewährleistet ist". Das dürfte auf Albanien und Nordmazedonien zielen. Bei beiden Ländern blockiert Frankreich in der EU die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen.
- Nachrichtenagentur dpa