Kurz vor der Europawahl Über 70 YouTube-Stars fordern: "Wählt nicht Union, SPD, AfD!"
Die deutsche Influencer-Szene stellt sich hinter die CDU-Kritik von YouTuber Rezo. In einem gemeinsamen Video rechnen die Internetstars aber nicht nur mit der Union ab, auch SPD und AfD kriegen ihr Fett weg.
Nach seiner vielbeachteten CDU-Abrechnung erhält der YouTuber Rezo Rückendeckung aus der Influencer-Szene. In einem gemeinsamen Video erneuern mehrere Dutzend Internetstars, unter ihnen Rezo, die Kritik an der Union, greifen aber auch SPD und AfD scharf an. Ihr "Statement" genannter Drei-Minuten-Clip gipfelt in dem Aufruf, bei der Europawahl am Sonntag keine dieser Parteien zu wählen.
Die gemeinsame Kritik der YouTuber richtet sich insbesondere gegen die Klimapolitik von CDU/CSU und SPD. "Die irreversible Zerstörung unseres Planeten ist leider kein abstraktes Szenario sondern das berechenbare Ergebnis der aktuellen Politik", heißt es in dem Video. Die Folgen seien ein Aussterben zahlreicher Tierarten, eine Zunahme von Krankheiten, wirtschaftliche Schäden in Billionenhöhe und ein Exodus Hunderter Millionen Flüchtlinge. Dies behaupteten nicht sie, sagen die Influencer, sondern sei der "unfassbar große Konsens in der Wissenschaft".
Sehen Sie hier das Video-Statement der über 70 YouTuber:
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Wer diesen Konsens leugne, so wie die AfD, oder nicht danach handle "wie die aktuelle Regierung", habe nichts in der Führung eines aufgeklärten Landes zu suchen, sagen die YouTuber. Ihren Unmut sollen die Parteien am Sonntag zu spüren bekommen. Ihre Follower rufen sie deshalb auf: "Wählt nicht die CDU/CSU, wählt nicht die SPD. Wählt auch keine andere Partei, die so wenig im Sinne von Logik und der Wissenschaft handelt ... Und wählt schon gar nicht die AfD, die diesen Konsens sogar leugnet." Zugleich betonen sie, dass es wichtig sei, wählen zu gehen.
Das Video wurde am Nachmittag auf dem Kanal "Rezo ja lol ey" veröffentlicht. Rund 30 YouTuber – darunter Julien Bam, Dagi Bee, Simon Unge, Alexi Bexi und Julia Beautx – kommen darin zu Wort. Den Aufruf hatten zunächst mehr als 70 Influencer unterstützt. Inzwischen ist ihre Zahl laut Angaben auf der Seite des Videos auf über 80 gestiegen. CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer erklärte in einer Stellungnahme, ihre Partei stehe zum Klimaschutz.
YouTube-Video über sieben Millionen Mal aufgerufen
Der YouTuber Rezo hatte am Samstag ein Video auf seinem Kanal "Rezo ja lol ey" veröffentlicht, in dem er massive Kritik an der CDU übt und ihr vorwirft, sie zerstöre "unser Leben und unsere Zukunft". Unter anderem behauptet er, die Union sei beim Klimawandel untätig, mache Politik für Reiche und lege "krasse Inkompetenz" bei den Themen Urheberrecht und Drogenpolitik an den Tag. Das Video wurde bis Freitagmittag über sieben Millionen mal geklickt.
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Nach zunächst verärgerten Reaktionen lud die Union den YouTuber am Donnerstag zu einem Meinungsaustausch ein. "Lass uns über Deine Kritik an der CDU sprechen, aber bitte höre auch uns zu, wie wir die Dinge sehen", schrieb Generalsekretär Paul Ziemiak auf Twitter. Zugleich veröffentlichte die Partei einen Offenen Brief an Rezo, in dem sie einzelne Punkte aus der Videokritik aufnimmt und dazu Stellung bezieht.
Nach dem neuen Kritik-Video der Influencer erklärte CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer, ihre Partei wolle sehrwohl Klimaschutz, aber auch eine starke Wirtschaft. "Egal ob auf Youtube oder anderswo, Klimaschutz geht uns alle an", sagte Kramp-Karrenbauer zu t-online.de. "Die CDU steht zum Klimaschutz, zum Pariser Abkommen. Wir wollen Klimaschutz, eine starke Wirtschaft, gute Arbeitsplätze und soziale Ausgewogenheit." Sie und ihre Partei seien überzeugt, das gehe zusammen, und wollten in Deutschland und Europa politisch dafür kämpfen. "Wer das alles zusammen auch will, kann CDU wählen."
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Am Mittwoch hatte die CDU noch abwehrend auf das Video von Rezo reagiert. Generalsekretär Ziemiaks erhob den Vorwurf, Rezo würde Falschbehauptungen verbreiten und so tun, als sei nur seine Meinung richtig. CDU-Chefin Kramp-Karrenbauer hatte Rezos Video spöttisch kommentiert: "Ich habe mich gefragt, warum wir nicht eigentlich auch noch verantwortlich sind für die sieben Plagen, die es damals in Ägypten gab." Allerdings: Im Alten Testament ist nicht von sieben, sondern von zehn biblischen Plagen die Rede.
Wichtig zu erwähnen ist, dass nicht alle Influencer die Kampagne um Rezo unterstützen. Mehrere Influencer wie Yvonne Pfeffer, Regina Hixt oder Vanessa Eichholz veröffentlichten in den vergangenen Tagen Fotos und Clips bei Instagram, auf denen sie blaue Hoodies der Jungen Union (JU) tragen. Die Jugendorganisation der Union bestätigte auf Nachfrage, dass sie die Hoodies an die Influencer verschickt hat. Sie erhielten dafür kein Geld.
- Eigene Recherchen
- Nachrichtenagentur dpa