CSU-Politiker kritisieren Seehofer "Sein Agieren verwundert und befremdet viele"
Wie lange kann sich Horst Seehofer noch als Bundesinnenminister halten? Inzwischen schwindet auch sein Rückhalt in der CSU-Basis, ein Ex-Parteichef kritisiert ihn scharf.
Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) gerät wegen seines Kurses in der Migrationspolitik in den eigenen Reihen weiter unter Druck. "Sein Agieren verwundert und befremdet mittlerweile viele", sagte Seehofers Vorgänger als CSU-Chef, Erwin Huber, dem "Spiegel". "Im Landtag ist bei der CSU die anfänglich volle inhaltliche Zustimmung zu Seehofers Asylpolitik einem Ratespiel gewichen."
Viele hätten ihn gefragt, ob der Bundesinnenminister die Landtagswahl im Oktober und damit Bayerns Ministerpräsidenten Markus Söder belasten wolle – oder ob er das billigend in Kauf nehme. Mit Blick auf Seehofers Tendenz, einsame Entscheidungen zu fällen, fügt Huber hinzu: "Man kann eine Volkspartei nicht vom Raumschiff aus steuern."
"Flüchtlinge sind keine Sündenböcke"
Dem Bericht zufolge ist an der CSU-Basis wachsender Widerstand gegen die Parteiführung zu erkennen, der sich auch in regem Zulauf für die "Union der Mitte" niederschlage. Diese von liberalkonservativen CSU-Mitgliedern sowie Amts- und Mandatsträgern gemeinsam mit Gleichgesinnten aus der CDU gegründete Initiative sei in den vergangenen drei Wochen auf rund 1200 Unterstützer angewachsen.
Gründer Stephan Bloch (CSU) sagte dem "Spiegel": "Flüchtlinge sind keine Sündenböcke für Entwicklungen, die in unserer Gesellschaft schieflaufen." Bloch forderte demnach eine Entschuldigung Seehofers für dessen Äußerungen über 69 Menschen, die an seinem Geburtstag nach Afghanistan abgeschoben worden waren.
Entrüstung über zur Schau gestellte Freude
Der Innenminister hatte am Dienstag bei der Vorstellung seines "Masterplans Migration" gesagt: "Ausgerechnet an meinem 69. Geburtstag sind 69 – das war von mir nicht so bestellt – Personen nach Afghanistan zurückgeführt worden. Das liegt weit über dem, was bisher üblich war."
Die Äußerung löste sofort einen Sturm der Entrüstung aus. Dieser gewann einen Tag später noch an Heftigkeit, als bekannt wurde, dass sich einer der 69 Männer in Kabul erhängt hatte.
- dpa, AFP