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AfD-Wahlprogramm: Gegen "globale Eliten" und Homo-Ehe – und für Moskau


AfD-Pläne für Europa
Gegen "globale Eliten" und Abtreibungen – und für Russland

Von afp, cry

Aktualisiert am 28.07.2023Lesedauer: 4 Min.
Alice Weidel und Tino Chrupalla, AfD-Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl.Vergrößern des Bildes
Parteichefs Alice Weidel und Tino Chrupalla: EU auflösen oder doch nicht? (Quelle: Sebastian Kahnert/dpa)

Die AfD ist weiter im Auftrieb, doch inhaltlich hakt es an vielen Stellen. So forderte die Partei kürzlich "versehentlich" die Auflösung der EU. Auch in anderen Punkten gibt es Widersprüche.

Inhaltsverzeichnis

In den Umfragen erlebt die AfD derzeit einen Höhenflug, doch inhaltlich steht die Partei noch auf tönernen Füßen – vor allem in der Europapolitik: Auf dem am Freitag beginnenden Parteitag in Magdeburg will sich die rechte Partei daher für die Europawahl aufstellen. Neben Satzungsfragen und Bestimmung der Kandidaten für die EU-Wahl wollen die AfD-Delegierten insgesamt sechs Tage an diesem und am kommenden Wochenende über Inhalte beraten.

Im Zentrum steht dabei die Verabschiedung eines Programms für die Europawahl 2024. Der 92-seitige Entwurf der Programmkommission läuft auf eine radikale Umgestaltung der europäischen Politik hinaus.

Was steht drin und wie will die AfD Europa umgestalten? Das sind die zentralen Punkte:

EU auflösen – oder nicht?

Mit einer angeblich "versehentlichen" Forderung nach Auflösung der EU hat die AfD-Führung vor dem Parteitag für Verwunderung gesorgt: "Wir streben daher die geordnete Auflösung der EU an", heißt es in dem Leitantrag.

Davon rückte die Parteispitze wieder ab: Die Forderung sei durch ein "redaktionelles Versehen" in den Text geraten. Vor dem Parteitag konnte der Antrag allerdings aus Fristgründen nicht mehr geändert werden. Nun wird es den Delegierten in Magdeburg obliegen, den Satz auf Bitten der AfD-Spitze per Parteitagsvotum wieder zu streichen.

Welches Europa schwebt der AfD vor?

Keine Auflösung also – aber eine Art Neugründung der EU: "Wir wollen eine neue europäische Wirtschafts- und Interessengemeinschaft gründen, einen Bund europäischer Nationen", heißt es im Programmentwurf. Ausdrücklich lehnt die AfD das Ziel eines "europäischen Bundesstaats" ab: "Ein solches Gebilde verfügt weder über ein Staatsvolk noch über das erforderliche Mindestmaß an kultureller Identität, welche notwendige Voraussetzungen für gelingende Staaten sind."

Hier scheint auch eine Kernposition des Grundsatzprogramms der AfD mit Blick auf Deutschland durch: Multikulturalismus, also das friedliche, gleichberechtigte Miteinander verschiedener Kulturen, lehnt die Partei explizit ab.

Welches sind die Schlüsselbegriffe des Programms?

Die Argumentation der AfD dreht sich stark um Begriffe wie "Nation", "Souveränität" und "Identität". Allein die Begriffe "Nation" und "national" tauchen 145 Mal in dem Wahlprogramm auf. Entscheidungen sollen nicht in Brüssel gefällt werden, sondern von den Nationalstaaten.

(Quelle: IMAGO/Nicolas Landemard / Le Pictorium)

Faktencheck: "Brüssel" kann nichts allein entscheiden

"Brüssel", sprich die Europäische Kommission, kann Beschlüsse nicht im Alleingang entscheiden. Jedes Mitgliedsland ist über den Rat der Europäischen Union und das Europäische Parlament an allen Gesetzgebungsverfahren direkt beteiligt. Im Rat der EU beraten und entscheiden die jeweiligen Staats- und Regierungschefs sowie bei Fachfragen deren 27 Minister, beispielsweise eine Runde aller Wirtschafts- oder Umweltminister. Im EU-Parlament diskutieren und stimmen Abgeordnete von nationalen Parteien ab, die von der Bevölkerung der Mitgliedsländer gewählt sind. Ohne Zustimmung beider Institutionen sind der EU-Kommission in nahezu allen Fällen die Hände gebunden.

Paradox: Die AfD fordert in dem Wahlprogramm die Auflösung des EU-Parlaments – also jenes Parlaments, in dem gewählte Volksvertreter aus den Mitgliedsländern entscheiden und in dem die AfD mit ihrem EU-Wahlprogramm viele Sitze gewinnen will. Dennoch heißt es in ihrem Entwurf: Die Kompetenzen des Parlaments sollen bis zu einer nicht näher erläuterten "Neuordnung der Verhältnisse" an die Nationalstaaten übergehen.

Welche Feindbilder formuliert die AfD?

Gleich in der Präambel des Programms ist von "globalistisch eingestellten Eliten" die Rede, die sich der EU bemächtigt hätten. Es greift damit einen in Rechtsaußen-Kreisen gängigen Feindbildbegriff auf: "globale Eliten", die sich gegen die "normalen Bürger" verschworen hätten.

Ein weiteres Feindbild sieht die AfD im Islam, den sie als "Gefahr für Europa" einstuft. Der Islam sei "mit den europäischen Grundprinzipien von Recht, Freiheit und Demokratie nicht in Einklang zu bringen". Auch deshalb müsse die Zuwanderung "massiv beschränkt" werden – auch mithilfe der "Errichtung physischer Barrieren" an den EU-Außengrenzen.

Was sagt die AfD zum Krieg in der Ukraine?

Eine ausdrückliche Verurteilung des russischen Angriffskriegs findet sich in dem Wahlprogramm nicht. Es enthält lediglich die Feststellung: "Die russische Invasion in der Ukraine hat unter den Betroffenen viel Leid erzeugt." Die AfD fordert eine Wiederannäherung an Russland.

Die Wirtschaftssanktionen müssten "sofort" beendet werden. Zu den USA geht die AfD auf Distanz: Deren Interessen "unterscheiden sich in zunehmendem Maße von denen Deutschlands". Und weiter: "Deutschland und Europa dürfen sich nicht zu Gefolgsleuten einer Großmacht reduzieren lassen."

Welches Familienbild verfolgt die AfD?

"Wir unterstützen es, wenn Menschen traditionelle Geschlechterrollen leben": In dem Programm gibt sich die AfD als Hüterin traditioneller Familienbilder. Das Recht auf Abtreibung will sie weitgehend einschränken auf "absolute Ausnahmen" – etwa aus medizinischen Gründen oder bei Vergewaltigungen.

Die Ehe für alle lehnt die AfD ab, fordert aber auch "Respekt" für "andere Formen des Zusammenlebens als die Ehe zwischen Mann und Frau".

Was sagt die AfD zum Klimawandel?

Die AfD lehnt Maßnahmen im Kampf gegen die Erderhitzung ab und bestreitet deren schwerwiegende globale Folgen. "Wir teilen die irrationale CO2-Hysterie nicht, die unsere Gesellschaft, Kultur und Lebensweise strukturell zerstört", heißt es in dem Programm. Das Klima habe sich "seit dem Bestehen der Erde" stets gewandelt.

"Die jetzigen klimatischen Veränderungen ordnen sich vollkommen normal in diese Wechsel ein." Diese Behauptung steht in krassem Widerspruch zum aktuellen Forschungsstand sowie der Einschätzung der meisten Klimaforscher, Meteorologen und Umweltwissenschaftler weltweit. Auch der Weltklimarat, ein Gremium renommierter Fachexperten, sagt: Die globale Erderhitzung sei "eindeutig" menschengemacht und berge massive Gefahren für den Menschen.

Das gilt besonders auch in Europa, das sich schneller erhitzt als alle anderen Kontinente. Mehr zu den drohenden Folgen für Europa lesen Sie hier.

Die EU-Vorgaben zur Reduzierung des CO2-Ausstoßes, das laut Wissenschaftlern wichtigste Mittel, um die fortschreitende Erderhitzung aufzuhalten, wertet die AfD dennoch als "Dystopie eines ökosozialistischen Brüsseler Haftungs- und Umverteilungsstaats".

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagenturen AFP
  • afd.de: "Grundsatzprogramm"
  • Pressemitteilung des IPCC: "Climate change: a threat to human wellbeing and health of the planet. Taking action now can secure our future"
  • worldweatherattribution.org: "Heavy rainfall which led to severe flooding in Western Europe made more likely by climate change"
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