ARD-Sommerinterview Merz kritisiert Entlastungspaket: "Entscheidender Punkt fehlt"
"Man hätte mehr tun müssen", sagt CDU-Parteichef Friedrich Merz. Er ist in mehreren Punkten unzufrieden mit dem Entlastungspaket der Bundesregierung.
Der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz hat das dritte Entlastungspaket der Ampel-Koalition als unzureichend kritisiert. Zwar sei es etwa richtig, dass Rentner und Studierende in die Energiepreispauschale einbezogen würden, sagte Merz am Sonntag im Sommerinterview der ARD. Aber ob es wirklich ausreiche auch für diejenigen, die so gerade eben oberhalb der Wohngeld-Grenze und oberhalb der Sozialhilfesätze lägen, das müsse man sehen. "Man hätte mehr tun müssen für diejenigen, die so eben gerade oberhalb der Grenzen liegen", sagte Merz, der auch Fraktionschef der Union im Bundestag ist.
Die Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP hatte am Sonntag ein 65 Milliarden Euro schweres Paket mit Entlastungen vorgestellt, mit denen die hohen Energiepreise abgefedert werden sollen. Merz sagte, die Regierung gebe lediglich zurück, was sie an höheren Einnahmen durch die Inflation in die Kasse gespült bekomme. "Wir nehmen alleine in diesem Jahr 2022 50 Milliarden Euro höhere Mehrwertsteuer ein, zehn bis 15 Milliarden Euro höhere Einkommenssteuer ein."
Merz will Verlängerung von Atomkraft
Zudem fehle ihm ein "ganz entscheidender Punkt", sagte der CDU-Chef. "Die Koalition gibt überhaupt keine Antwort darauf, woher denn der Strom für die nächsten Wochen und Monate kommen soll." Es gebe derzeit "diesen Angebotsschock" durch das ausbleibende russische Gas, und dieser werde in dem Maßnahmenpaket "überhaupt nicht angesprochen, geschweige denn kompensiert". Nötig sei etwa eine Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke.
Merz sprach sich dagegen aus, die auf Eis liegende Ostsee-Gaspipeline Nord Stream 2 zu öffnen. Nach dem russischen Angriff auf die Ukraine und mit Russlands Präsident Wladimir Putin könne dies nicht geschehen. Der CDU-Chef warb stattdessen dafür, die drei noch im Betrieb befindlichen Atomkraftwerke in Deutschland über das Jahresende hinaus laufen zu lassen. "Wir wollen nicht zurück zur alten Kernenergie." Die drei Meiler sollten aber mit neuen Brennstäben noch drei bis vier Jahre betrieben werden, um ausreichend Strom zu haben.
Merz: Unterstützung für Mittelstand fehlt
Außerdem hätte er sich mehr Unterstützung gewünscht "für die Betriebe, für den Mittelstand, für die Einzelhandelsunternehmen, die wirklich an der Existenzgrenze stehen, die wirklich jetzt mit dem Rücken zur Wand stehen", sagte Merz. Er glaube, "dass die deutsche Wirtschaft sich in den nächsten Tagen massiv beklagen wird darüber, dass an sie nicht gedacht wird." Und die Wirtschaft seien nicht die Großkonzerne, "das sind die vielen Hunderttausend kleinen und mittleren Unternehmen, die dieses Land am Laufen halten."
- Nachrichtenagenturen dpa, AFP und Reuters