Marineeinsatz am Golf? Kramp-Karrenbauer lässt Amerikaner warten
Die USA suchen derzeit Partner für eine Marinemission zum Schutz von Handelsschiffen im Persischen Golf. Auch Deutschland soll mitmachen – doch die neue Verteidigungsministerin ist skeptisch.
Die Bundesregierung will eine deutsche Beteiligung an einem Marineeinsatz im Persischen Golf unter US-Führung nicht ausschließen, hält sie aber für wenig wahrscheinlich. Nach Angaben von Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer sei eine Ablehnung einer entsprechenden Bitte der US-Regierung noch nicht endgültig beschlossen. "Wir prüfen zurzeit in enger Absprache mit Großbritannien und mit Frankreich diese Anforderungen", sagte sie am Mittwoch am Rande eines Antrittsbesuch bei Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg in Brüssel.
Zugleich machte Kramp-Karrenbauer den USA wenig Hoffnungen darauf, dass es zu einer positiven Antwort kommen könnte. So verwies sie unter anderem darauf, dass Deutschland und die Europäer im Gegensatz zu den USA am Erhalt des internationalen Atomabkommens mit dem Iran interessiert sind. Dass die Europäer bei diesem Thema eine andere Auffassung hätten als die USA, werde sicherlich in die Entscheidung über die Anfrage miteinzubeziehen sein, sagte die CDU-Politikerin.
Deutschland setze alles daran, dass es zu einer diplomatischen und friedlichen Lösung mit dem Iran komme und dass der Vertrag zur Verhinderung einer iranischen Atombombe eingehalten werden.
USA sucht Verbündete
Nach Angriffen auf Öl-Tanker in der Straße von Hormus, die den Persischen Golf und den Golf von Oman verbindet, haben die USA Verbündete zu einem gemeinsamen Einsatz aufgerufen. Die Regierung in Washington macht den Iran für die Angriffe verantwortlich, der die Vorwürfe zurückweist. Zugleich setzte die iranische Regierung aber einen britischen Öltanker in der Meerenge fest, nachdem britisches Militär vor Gibraltar einen iranischen Supertanker aufbrachte. Mehrere Politiker aus SPD, aber auch CDU haben eine deutsche Beteiligung an einem US-Einsatz bereits abgelehnt.
Vertreter der amerikanischen und britischen Streitkräfte berieten am Mittwoch über den möglichen Einsatz militärischer Mittel zum Schutz von Tankern. "Führende Vertreter von Verbündeten und von Partner-Ländern" hätten sich auf einem US-Stützpunkt in Bahrain getroffen, um über maritime Sicherheit zu beraten, sagte ein Sprecher der 5. Flotte der US-Marine der Deutschen Presse-Agentur.
Nach Ansicht des Transatlantik-Koordinators der Bundesregierung, Peter Beyer (CDU), ist ein europäischer Militäreinsatz zum Schutz der Seerouten im Persischen Golf noch nicht vom Tisch. "Es ist noch nicht aller Tage Abend", sagte er im Sender Welt. Großbritannien, Frankreich und Deutschland seien zurzeit in ganz intensiven Gesprächen.
Röttgen pro Einsatz, Schröder dagegen
Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Bundestags, Norbert Röttgen, sagte im ZDF-"Morgenmagazin": "Die Alternative zur Ablehnung einer Mission mit den Amerikanern ist nicht, erneut nichts tun." Die Alternative sei eine europäische Mission – "notfalls auch ohne die Briten, wenn sie sich für die USA entscheiden", so der CDU-Politiker. Der erste Schritt, auf den man sich verständigen könnte, sei, mit militärischem Einsatz ein Lagebild zu erstellen. "Ich glaube, Frankreich und ein paar andere sind bereit."
Ablehnend äußerte sich hingegen Altkanzler Gerhard Schröder (SPD). Deutschland dürfe sich nicht in den Konflikt zwischen den USA und dem Iran hineinziehen lassen, sagte er der "Rheinischen Post". "Das wäre eine nachträgliche Legitimation des Irak-Kriegs." Als Kanzler hatte er 2003 Nein zu einer deutschen Beteiligung an der US-Invasion im Irak gesagt. Die Amerikaner hatten damals eine "Koalition der Willigen" gebildet, der sich auch einige europäische Bündnispartner anschlossen, darunter Großbritannien und Spanien. Deutschland und Frankreich lehnten die Militärmission ab.
AKK zurückhaltend beim Militärbudget
Kramp-Karrenbauer äußerte sich bei ihrem Besuch in Brüssel auch zu US-Forderungen nach einer Steigerung der deutschen Verteidigungsausgaben. Sie erwarte nicht, dass der Wehretat der Bundesregierung unter ihrer Führung stärker steigen könnten als derzeit geplant, sagte die CDU-Politikerin. Kramp-Karrenbauer bekräftigte lediglich noch einmal die alte Zusage, dass der Anteil der deutschen Verteidigungsausgaben am Bruttoinlandsprodukt (BIP) bis 2024 auf 1,5 Prozent steigen soll. Dies erforderten die nationalen Sicherheitsinteressen, aber auch die Bündnisverpflichtungen, sagte sie. 2019 wird der Anteil voraussichtlich bei 1,36 Prozent liegen.
Die vergleichsweise geringen Verteidigungsausgaben Deutschlands sind in der Nato seit Jahren Anlass für Streit. Die USA verlangen von der Bundesrepublik und anderen Bündnispartnern, die Verteidigungsausgaben bis 2024 auf mindestens zwei Prozent des BIP zu erhöhen und verweisen dabei auf einen Bündnisbeschluss aus dem Jahr 2014. Die Bundesregierung pocht jedoch darauf, dass im Text lediglich davon die Rede ist, sich in Richtung der zwei Prozent zu bewegen.
Iran pocht auf Schutz vor US-Sanktionen
Teheran hat unterdessen mit der Aussetzung weiterer Verpflichtungen aus dem Atomabkommen gedroht, sollten die Europäer das Land nicht wie zugesagt vor US-Sanktionen schützen. "Unter den gegenwärtigen Umständen und wenn nichts geschieht, werden wir den nächsten Schritt tun", bekräftigte Außenminister Mohammed Dschawad Sarif im staatlichen Fernsehen. Die Europäer sollten garantieren, dass der Iran sein Erdöl verkaufen könne. Großbritannien, Frankreich und Deutschland wollen an dem Atomabkommen festhalten und haben die Installierung der Tauschbörse Instex zugesichert, über die Zahlungen abgewickelt und Firmen vor US-Sanktionen geschützt werden sollen.
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Einem Zeitungsbericht zufolge wollen die USA allerdings auf neue Sanktionen als Reaktion auf Iran-Geschäfte vorerst verzichten. Das US-Finanzministerium habe um mehr Zeit gebeten, um die Auswirkungen möglicher Strafen gegen Firmen aus Russland, China und der EU zu prüfen, berichtete die "Washington Post". Die USA hatten vor mehr als einem Jahr das Atomabkommen von 2015 einseitig aufgekündigt und wieder Wirtschaftssanktionen in Kraft gesetzt. Die Strafmaßnahmen betreffen auch Firmen aus Drittländern, wenn sie Geschäfte mit dem Iran machen.
- Nachrichtenagenturen dpa, Reuters