Schwere Vorwürfe an die Truppe Beamter soll wegen G36-Mängeln kaltgestellt worden sein
In der G36-Affäre soll ein Beamter, der offenbar schon 2006 vor Mängeln des Sturmgewehrs gewarnt hatte, mit personalrechtlichen Maßnahmen unter Druck gesetzt worden sein. Wie der Mitarbeiter des damaligen Bundesamtes für Wehrtechnik und Beschaffung (BWB) behauptet, hätte er durch ein Gutachten feststellen lassen, dass für die Herstellung des Gewehrs ein ungeeigneter Werkstoff verwendet werde. Das habe unangenehme Folgen für ihn gehabt. Das berichtet die "Bild am Sonntag".
Der Waffen- und Munitionsexperte, der namentlich nicht genannt werden möchte, sei eigenen Aussagen zufolge mehrfach versetzt und mit der Aufarbeitung der Geschichte der deutschen Sturmgewehre betraut worden.
In den Jahren 2008 und 2010 habe das Bundesamt dem "BamS"-Bericht zufolge "psychiatrisch-psychologische Untersuchungen" bei dem Mitarbeiter angeordnet, gegen die er sich aber erfolgreich vor dem Verwaltungsgericht Koblenz gewehrt habe. "Man wollte mich damals einfach für verrückt erklären lassen", zitierte die Zeitung den inzwischen 61-Jährigen.
Von der Leyen will Angelegenheit prüfen lassen
Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen sagte der "BamS", sie lasse jetzt alle Disziplinarmaßnahmen rund um das G36 überprüfen. "Ich habe den Auftrag erteilt, noch einmal exakt zu erfassen, welche Ermittlungen und Disziplinarmaßnahmen es im Ministerium und den nachgeordneten Behörden gegeben hat, die im Zusammenhang mit dem G36 stehen könnten." Wenn es Fälle gebe, werde von Juristen des Ministeriums erneut geprüft, "ob alles korrekt gelaufen ist".
Die Ministerin hatte am Freitag erste personelle Konsequenzen aus der Affäre gezogen und die Entlassung des früheren Abteilungsleiters für Rüstung im Ministerium angekündigt. Der Mann hatte versucht, die offenkundig gewordene mangelnde Treffsicherheit des Gewehrs mit Hilfe des Militärischen Abschirmdienstes (MAD) zu vertuschen.
170.000 Waffen unbrauchbar
Die Bundeswehr verfügt über rund 170.000 Stück der Waffe. Weil die Gewehre bei hohen Außentemperaturen oder vielen Schüssen hintereinander überhitzen und nicht mehr treffen, will von der Leyen sie in ihrer bisherigen Version ausmustern. Erwogen wird bislang aber ausdrücklich auch eine "Produktverbesserung" der bisherigen Waffe - also ein neuer Auftrag an den Hersteller Heckler & Koch.